Zumal auch Jörg ein Meister darin ist, konkrete persönliche Fragen zu umschiffen.
Hallo keko, Du hast mich mehrfach gefragt, an was ich persönlich glauben würde, und ich habe es mehrfach beantwortet. Deine Idee war vermutlich, dass sich bestimmte Alltags-Erwartungen umdeuten lassen in „Glaube“. Das hat aber nicht funktioniert.
Du kannst mich gerne konkreter/präziser fragen, und ich werde antworten.
Mein Punkt ist nicht, ob jemand irgendwas glaubt. Sondern mein Punkt ist, ob sich der Glaubensinhalt als wahr herausstellt, in den Punkten, die der Überprüfung zugänglich sind; und ob sich Anzeichen von Scharlatanerie finden lassen. Das ist nämlich mein Spezialgebiet.
Religion ist kritikwürdig, weil sie eine Moral definiert. Moral regelt, wie wir miteinander umgehen. Moral beschreibt, wie Einzelfälle aufgrund von allgemeinen Regeln entschieden werden. Das impliziert auch, dass die Entscheidung durchgesetzt wird. Moral wirkt sich also auf alle aus.
Beispiel: Soll man jemanden verurteilen, der die Soldaten der SS angelogen hat, um zu verhindern, dass seine jüdische Ehefrau abgeholt wird? Das ist die Einzelfall-Entscheidung, und die allgemeine Regel lautet: „Du sollst nicht lügen“. Dass die Entscheidung (wie sie auch ausfallen mag) notfalls gegen den Willen des „Täters“ durchgesetzt wird, ist offensichtlich. (Bitte beachtet, dass dies nur ein Beispiel ist und auch nur so weit trägt.)
Moral ist deswegen keine Privatsache, sondern ist zwangsläufig ausgerichtet auf andere, auch wenn sie das nicht wollen. Aus diesem Grund kann man verlangen, dass die Moral vernünftig begründet, nachvollziehbar, prüfbar und kritisierbar ist. Es kann nicht einfach ein Priester ein paar Tage fasten und danach sein Urteil verkünden; ebensowenig kann er einen Text verfassen und diesen unangreifbar machen mit der läppischen Überschrift: „Dies sind die Worte Gottes“.
Die christlichen Religionen sind ein besonderer Fall, weil sie jede Auseinandersetzung mit der Wissenschaft verloren haben. Auch die Auseinandersetzungen mit modernen Moralsystemen haben sie verloren (etwa die Menschenrechte und ihre Begründungen). Dadurch ist Kritik nicht nur erlaubt, sondern geboten.
Die Frauenrechte in Saudi-Arabien sind ein ähnlicher Fall. Religiöse Menschen würden sagen: „Wer bist Du, dass Du es Dir anmaßt, dieser alten Kultur zu widersprechen? Lass sie doch!“ — Ich jedoch sage: „Wer sind wir, dass wir es uns anmaßen, nicht zu widersprechen?“ Denn dass hier moralisches Unrecht geschieht, welches auf prüfbaren Unwahrheiten basiert, ist völlig offensichtlich.
Die Frage ist zuerst, ob Aristoteles überhaupt recht hatte. Dabei stellt sich heraus, dass er von empirischer Wissenschaft keine Ahnung hatte und mit seinen Thesen über Materie schlicht falsch lag. Warum der Grashalm wächst: Davon hatte er keinen Schimmer.
Einer der peinlichsten Aspekte der christlichen Apologetik ist das verzweifelte Festklammern an Aristoteles. Das klingt sehr gelehrt, und das ist auch der einzige Zweck der Übung. Auf einer wissenschaftlichen Konferenz mit lauter Biologen würde man jeden auslachen, der mit Aristoteles argumentiert. („Warum jedoch wächst der Grashalm? Blicken wir dazu auf Aristoteles! Er schreibt nämlich....“)
Willst Du allen Ernstes behaupten, wir wüssten nicht, warum ein Grashalm wächst? Und dass dies rein natürliche Ursachen (also Wirkungsketten) hat?
Erstens, woher weißt Du das? Deine Versicherung reicht nicht aus. Wie genau hat Dich diese Erkenntnis ereilt? Hat Dir jemand einen Brief geschrieben? Ist Dir ein Engel erschienen? Wie sah Deine Methode aus, die Dich zu dieser Erkenntnis brachte?
Zweitens, warum solltest Du recht haben, und nicht ich? Warum Jahwe und nicht Krishna?
Drittens, warum kann man Gott nicht definieren? Ich halte Deine großzügig dargebotenen Erkenntnisse über seine angeblichen Eigenschaften für eine gewisse Anmaßung, die man bei Gläubigen oft vorfindet. Das Problem ist eben, dass sie sich alle widersprechen. Übrigens, die Bibel schildert seine charakterlichen Eigenschaften durchaus, denn er teilt sie persönlich mit (in wörtlicher Rede). („Denn ich bin ein eifersüchtiger Gott...“ — Zehn Gebote)
Jörn, ich kann dich so langsam nicht mehr ernst nehmen. Aristoteles war der Erste der empirische Wissenschaft betrieben hat. Er gilt in Gelehrtenkreisen, zu denen du offensichtlich nicht gehörst, als Vater der empirischen Naturwissenschaft überhaupt.
Peinlich sind nicht die christlichen Aspekte, sondern vielmehr ist peinlich, wie du dich selbst entblößt, insbesondere Deine Projektionen in die Bibel und in andere Religionen, und wie die dadurch bedingten und daraus folgenden Zitate eine Spiegelung deines eigenen Charakters darzustellen scheinen.
Ich toleriere den Glauben des Einzelnen als dessen Privatsache. Ich toleriere jedoch nicht den absoluten Wahrheitsanspruch des Christentums oder verwandter Religionen.
Analog dazu: Ich toleriere, wenn jemand an Horoskope glaubt, denn es ist seine Privatsache. Ich erkenne aber den Wahrheitsanspruch der Sterndeutung nicht an.
Ich toleriere, wenn Margot Käßmann an Gott glaubt, denn das ist ihre Sache. Ich toleriere aber nicht die Aussage, sie habe privilegiertes Wissen über den Schöpfer des Weltalls, denn das ist nicht wahr.
Ist es jetzt klarer geworden?
Das ist vollkommen ok! Das ist deine Einstellung.
Ich meinte aber, ob es Konsequenzen für dich hat. Soweit ich mich erinnere, hast du erwähnt, dass du gegen Religionsunterricht an Schulen bist. Selbsredend dann auch gegen Unterricht für Muslime. Wie würde es aussehen, wenn man an der Schule deines Sohnes für Muslime verpflichtend Religionsunterricht einführen würde? (zB. aus Gründen der Integration der Zuwanderer)
Wie würde es aussehen, wenn der Physiklehrer deines Sohnes Kirchenmitglied ist und deinen Sohn zum Ministrantenunterricht einladen würde. (das Leben schreibt ja die unglaublichsten Geschichten).
Nehmen wir an (das Leben schreibt ja die unglaublichsten Geschichten), die Schüler würden ihren Religionslehrer auffordern, seine Autorität in diesen Fragen zu beweisen.
Nehmen wir weiter an, die Schüler würden darauf bestehen, dass man so lange bei dieser Frage verweilt, bis sie plausibel geklärt wurde.
Liest Du Dir eine 13seitige Abhandlung eines kreationistischen Professors durch, der an einer Hochschule für Kreationismus das Fachgebiet "Biologischer Kreationismus und Fossilien" bekleidet – liest Du Dir eine solche Abhandlung durch, in der bewiesen wird, die Erde sei 6000 Jahre alt? Das ist doch lächerlich.
Was haben wir demnächst hier für Kronzeugen? Madame Tessier?
Zitat:
Zitat von Jörn
Ich habe das PDF gelesen. ....
Ich würde Arne Recht geben, dass es nicht lohnt, die Texte eines Autors zu lesen, der mit der Genesis als historische Tatsache seine Thesen begründet.
Okay, ihr bestimmt also, welche Argumente sich lohnen, teilweise ohne sie zu kennen, und ihr seid nicht einmal bereit, einem anders Denkenden "zuzuhören". Dann störe ich Eure Vorurteile nicht länger und lasse Euch weiter seitenlang Eure vorgefasste Meinung wiederkäuen.
Und bevor hier ein Missverständnis aufkommt: es geht mir nicht darum, ob der Autor Recht hat oder nicht. Darüber ließe sich ja trefflich streiten. Aber von vornherein das Zuhören zu verweigern, halte ich für unangemessen, wenn man die ganze Zeit so tut, als würde man eine Diskussion führen wollen.