Auf Deinen Vorschlag, wie so ein erster Versuch mit einen schon theoretisch herausfordernden und praktisch vollkommen neuen Ansatz aussehen soll, bin ich gespannt.
Ein erster Schritt wäre doch schon statt "zufällig ausgewählten Arbeitslosen" einfach wirklich zufällige Feldversuchs Teilnehmer zu wählen. Bei einer Arbeitslosenquote von 4.2% wären unter den zufällig ausgewählten sicher auch einige Arbeitslose aber halt auch entsprechend viele nicht Arbeitslose auf deren Leben das BGE ja ebenso einen Einfluss hat.
Wie du ja selbst sagst ist das BGE ein vollkomme neuer und herausfordernder Ansatz der einen Einfluss auf unsere gesamte Gesellschaft haben wird. Warum dann ein Feldversuch nur an Arbeitslosen, die nur einen kleinen Teil eben jener Gesellschaft ausmachen? Der Aufwand für den Versuch wäre bei zufällig ausgewählten Teilnehmern aus allen Gesellschaftsschichten nicht deutlich größer. Die Ergebnisse dafür aber nicht nur auf eine kleine Gruppe innerhalb der Gesellschaft beschränkt.
Was würden denn Leute wie du und ich aus dem oberen Gehaltssegment machen, wenn wir zufällig als Teilnehmer ausgewählt werden? Unser Arbeitgeber würde keine individuelle Gehaltsanpassung nach unten und der Staat keine Steueranpassung nach oben zwecks Gegenfinanzierung machen (bei flächendeckendem BGE aber unverzichtbar, weil die Kohle irgendwo her kommen müsste). Wir wüssten, dass es nur für ein Jahr ist. Entweder würden wir das Geld einfach nur einstecken oder mit 12*560 = 6720 € zusätzlichem Gehalt mal 1-2 Monate Sabbatical zum Verreisen nehmen. Erkenntnis? Ebenfalls nahezu null ...
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Die meisten Radwegbeschilderungen wurden von Aliens erschaffen.
Sie wollen erforschen, wie Menschen in absurden Situationen reagieren.
Was wäre denn die Alternative zu einem begrenzten Feldversuch, der selbstverständlich nur erste und begrenzte Erfahrungen generieren wird?
Zitat:
Zitat von Voldi
Sorry aber das ist doch jetzt nicht ernsthaft der Test von dem wir hier die ganze Zeit reden, oder? Waren wir nicht endlich soweit, dass bindungsloses Grundeinkommen voraussetzt es gilt für jeden? Sollte ein Feldversuch dann nicht auch zumindest versuchen die Gesamtbevölkerung halbwegs repräsentativ darzustellen? Wenn für den Feldversuch nur Arbeitslose ausgewählt werden wie bitte soll dann der Gesamteffekt eines solchen Grundeinkommens auch nur annähernd untersucht werden? Was ist mit den Effekten auf nicht Arbeitslose (Studenten / Geringverdiener / Familien / ...)?
Zitat:
Zitat von captainbeefheart
Auf Deinen Vorschlag, wie so ein erster Versuch mit einen schon theoretisch herausfordernden und praktisch vollkommen neuen Ansatz aussehen soll, bin ich gespannt.
Zitat:
Zitat von Voldi
Ein erster Schritt wäre doch schon statt "zufällig ausgewählten Arbeitslosen" einfach wirklich zufällige Feldversuchs Teilnehmer zu wählen. Bei einer Arbeitslosenquote von 4.2% wären unter den zufällig ausgewählten sicher auch einige Arbeitslose aber halt auch entsprechend viele nicht Arbeitslose auf deren Leben das BGE ja ebenso einen Einfluss hat.
Wie du ja selbst sagst ist das BGE ein vollkomme neuer und herausfordernder Ansatz der einen Einfluss auf unsere gesamte Gesellschaft haben wird. Warum dann ein Feldversuch nur an Arbeitslosen, die nur einen kleinen Teil eben jener Gesellschaft ausmachen? Der Aufwand für den Versuch wäre bei zufällig ausgewählten Teilnehmern aus allen Gesellschaftsschichten nicht deutlich größer. Die Ergebnisse dafür aber nicht nur auf eine kleine Gruppe innerhalb der Gesellschaft beschränkt.
Zitat:
Zitat von Thorsten
Was würden denn Leute wie du und ich aus dem oberen Gehaltssegment machen, wenn wir zufällig als Teilnehmer ausgewählt werden? Unser Arbeitgeber würde keine individuelle Gehaltsanpassung nach unten und der Staat keine Steueranpassung nach oben zwecks Gegenfinanzierung machen (bei flächendeckendem BGE aber unverzichtbar, weil die Kohle irgendwo her kommen müsste). Wir wüssten, dass es nur für ein Jahr ist. Entweder würden wir das Geld einfach nur einstecken oder mit 12*560 = 6720 € zusätzlichem Gehalt mal 1-2 Monate Sabbatical zum Verreisen nehmen. Erkenntnis? Ebenfalls nahezu null ...
Als Sympathisant der Grundidee bedingungsloses Grundeinkommen kann man nur hoffen, dass sich aus dem Versuch in Finnland mehrheitlich positive Effekte ableiten lassen und es auch die Bereitschaft gibt diese zu erkennen.
Ehrlich gesagt befürchte ich, dass aufgrund der gewählten Randbedingungen es schwer werden wird solche positiven Effekte zu finden .
Auf der anderen Seite wird sich wohl kaum ein Staat finden, der bereit ist sich auf einen deutlich risikoreicheren Versuch überhaupt erst einzulassen.
So gesehen verstehe ich auch die Einwände von captainbeefheart.
Was würden denn Leute wie du und ich aus dem oberen Gehaltssegment machen, wenn wir zufällig als Teilnehmer ausgewählt werden? Unser Arbeitgeber würde keine individuelle Gehaltsanpassung nach unten und der Staat keine Steueranpassung nach oben zwecks Gegenfinanzierung machen (bei flächendeckendem BGE aber unverzichtbar, weil die Kohle irgendwo her kommen müsste). Wir wüssten, dass es nur für ein Jahr ist. Entweder würden wir das Geld einfach nur einstecken oder mit 12*560 = 6720 € zusätzlichem Gehalt mal 1-2 Monate Sabbatical zum Verreisen nehmen. Erkenntnis? Ebenfalls nahezu null ...
Du hast absolut recht: das obere Gehaltssegment wäre sicher nicht repräsentativ, genauso wenig wie es nur die Arbeitslosen sind. Im oberen Gehaltssegment würde ich aber auch langfristig die wenigsten Änderungen erwarten. Ein Großteil würde sicher durch Steuererhöhungen aufgefressen werden und der Rest (so es einen Rest gibt) eher 'nice to have' als das er wirklich einen Unterschied machen würde.
Aber es gibt ja noch einige Gesellschaftsgruppen neben den Arbeitslosen (nochmal --> aktuell 4.2% der Bevölkerung) auf die das BGE sehr wohl einen großen Einfluss hätte:
Selbst wenn man bei einem repräsentativen Teilnehmerfeld also in Kauf nimmt, dass bei einigen 'Gutverdienern' kein Erkenntnisgewinn heraus springt wären meiner Meinung nach dennoch Erkenntnisse weit über die relativ kleine Gruppe der Arbeitslosen hinaus erreichbar.
Bräuchten wir vielleicht langfristig weniger Krippenplätze wenn das BGE dazu beiträgt das Mütter länger zuhause bleiben können und nicht aufgrund finanzieller Verpflichtungen die Kinder mit einem Jahr in den Kindi stecken?
Würden sich Studienzeiten verkürzen oder bessere Studienleistungen erreichen lassen, wenn Studenten statt zu jobben mehr Zeit fürs Studium aufwenden können (oder würde durch die zusätzliche Kohle vielleicht nur der Umsatz der Studentenkneipen angekurbelt )
......
Bräuchten wir vielleicht langfristig weniger Krippenplätze wenn das BGE dazu beiträgt das Mütter länger zuhause bleiben können und nicht aufgrund finanzieller Verpflichtungen die Kinder mit einem Jahr in den Kindi stecken?
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Grundsätzlich Zustimmung zu Deinen Einwänden bezüglich Finnland´s Feldversuch.
Wie ich aus Erfahrung aus dem Jugendamt weiss, brauchen gerade Kinder aus Familien mit niedrigem Bildungsniveau und wenig Verdienst die Krippen für eine kompensatorische Erziehung und für die tägliche Kontrolle, dass die Kinder gerade in den ersten Lebensjahren nicht unter Verwahrlosung und Entwicklungsdefiziten leiden. Manchen Familien muss der Krippenbesuch auch als Verpflichtung auferlegt werden. Eine Vernküpfung des BGE mit möglichen fest eingeplanten Einsparungen im Krippen-/Kitabereich sehe ich deswegen als problematisch an. Ausserdem zahlt der Staat als Ausgleich für das Jobeinkommen während der ersten 12-14 Lebensmonate schon ein Elterngeld.
Du hast absolut recht: das obere Gehaltssegment wäre sicher nicht repräsentativ, genauso wenig wie es nur die Arbeitslosen sind. Im oberen Gehaltssegment würde ich aber auch langfristig die wenigsten Änderungen erwarten. Ein Großteil würde sicher durch Steuererhöhungen aufgefressen werden und der Rest (so es einen Rest gibt) eher 'nice to have' als das er wirklich einen Unterschied machen würde.
Aber es gibt ja noch einige Gesellschaftsgruppen neben den Arbeitslosen (nochmal --> aktuell 4.2% der Bevölkerung) auf die das BGE sehr wohl einen großen Einfluss hätte:
Selbst wenn man bei einem repräsentativen Teilnehmerfeld also in Kauf nimmt, dass bei einigen 'Gutverdienern' kein Erkenntnisgewinn heraus springt wären meiner Meinung nach dennoch Erkenntnisse weit über die relativ kleine Gruppe der Arbeitslosen hinaus erreichbar.
Bräuchten wir vielleicht langfristig weniger Krippenplätze wenn das BGE dazu beiträgt das Mütter länger zuhause bleiben können und nicht aufgrund finanzieller Verpflichtungen die Kinder mit einem Jahr in den Kindi stecken?
Würden sich Studienzeiten verkürzen oder bessere Studienleistungen erreichen lassen, wenn Studenten statt zu jobben mehr Zeit fürs Studium aufwenden können (oder würde durch die zusätzliche Kohle vielleicht nur der Umsatz der Studentenkneipen angekurbelt )
... to be continued
Gefällt mir sehr, was Du da geschrieben hast.
560 € dürften auch in Finnland wohl auf jeden Fall viel zu gering sein, als dass sich dadurch das Kräfteungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich vermindern könnte.
Damit könnte man zwar auch hier über die Runden kommen, wenn die Kosten für die Wohnung irgendwie anders gedeckt sind, aber selbst dann wird es schnell sehr eng, wenn mal die Waschmaschine kaputt geht o.ä..
Gab es für Kommunismus, freie Marktwirtschaft, Feudalismus und Demokratie Feldversuche?
Ich kann mich nicht erinnern das die Franzosen beim Sturm auf die Bastille mit dem Gottkönig diskutiert haben und der dann meinte: 'Wertes Volk wir machen nun einen Feldversuch, 5000 von euch dürfen einen Abgeordneten wählen wir schauen dann, was der so macht und in zwei Jahren entscheiden wir ob das vernünftig ist!'
Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass auch solchen versuchen Erkenntnisse kommen und dann ein Politiker aufsteht und sagt: Wahnsinn leute das machen wir!
Und die Opposition auch sagt klar super.
Parteien die das BGE derzeit fördern und fordern sind doch ungefähr so bekannt wie die Partei die in Österreich die Monarchie wieder einführen will!
So ein System braucht doch einen kompletten Reset und das mehr oder weniger von heute auf morgen.
Der Versuch in Finnland ist etwas eigenartig vor allem da er eben nur arbeitslose betrifft, wobei es natürlich ein tolles Ergebnis wäre wenn 60% von denen eine Anstellung annehmen würden, aber da ist natürlich wieder die Frage wie ist die Qualifikation von denen, sind sie arbeitslos aus Überzeugung fehlender Bildung usw.
Gab es für Kommunismus, freie Marktwirtschaft, Feudalismus und Demokratie Feldversuche?
Ich kann mich nicht erinnern das die Franzosen beim Sturm auf die Bastille mit dem Gottkönig diskutiert haben und der dann meinte: 'Wertes Volk wir machen nun einen Feldversuch, 5000 von euch dürfen einen Abgeordneten wählen wir schauen dann, was der so macht und in zwei Jahren entscheiden wir ob das vernünftig ist!'
Das ist der von Dir schon beschriebene "es-muss-erst-krachen"-Ansatz. Ich hoffe, wir sind gesellschaftlich ein bisschen weiter als zu Zeiten des Sturms auf die Bastille ...