Zitat:
Zitat von Ravistellus
...Ich war bei ca. 10 Ärzten (ergab sich durch die Umstände im Laufe der Jahre so). Über eine lange Zeit hat jeder etwas anderes gesagt (ich war u.a. auch bei der orthopädischen Diagnostik der Uni Potsdam). Etwa die Hälfte sagte, es sei Arthrose (Cox-Arthrose um genau zu sein), die anderen schworen Stein und Bein, dass es keine Arthrose ist. Letztlich war es wohl eine. Selbst ich konnte das - zumindest am Ende - auf dem Röntgenbild erkennen.
Vor 1,5 Jahren dann eine Hüfte-TEP bekommen. Die Beweglichkeit hat enorm zugenommen, der Rücken hat sich erholt, ...
Als größtes Problem habe ich lange Zeit empfunden, dass mir als Patient die Verantwortung zugeschoben wurde. Ich hatte ein Dutzend Meinungen und jede/r sagte, das müsse ich jetzt selbst entscheiden. Kriterien, anhand derer ich eine Entscheidung treffen könnte, wurden mir aber kaum genannt. Ich habe es letztlich aus dem Bauch heraus und anhand der zu erwartenden Lebensqualität entschieden. Obwohl mir Physios entschieden abgeraten und Ärzte entschieden gedrängt haben (bei einer Beratung zur Hüft-TEP kam ich mir vor wie beim Gebrauchtwagenhändler; der Arzt wollte mich sofort operieren und das war 6 oder 7 Jahre vor meiner dann durchgeführten OP, da war ich Anfang 40!), ich aber eigentlich Physios mehr traue als Ärzten, habe ich mich dann für die OP entschieden. ...:
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Ein sehr typischer Verlauf, den du da beschreibst und aufgrund der Infos, die du lieferst, hast du mit der Entscheidung zur OP wohl richtig gelegen.
Eine unbehandelte Coxarthrose (Hüftgelenksverschleiß) führt im Verlauf sehr häufig durch die sich entwickelnde Gelenkfehlstellung zu ernst zu nehmenden LWS-Problemen und oft auch zu einer sekundären Gonarthrose (Kniegelenksverschleiß). Das muss man immer als Patient im Hinterkopf haben. Es geht bei einer künstlichen Hüfte nicht nur darum, das Hüftgelenk zu behandeln, sondern mehr noch darum, die benachbarten Gelenke vor Fehlbelastung zu schützen.
Die Entscheidung
wann der passende Zeitpunkt für die Implantation einer Endoprothese ist, sollte aber in der Tat der Patient treffen und nicht der Physio (der über Jahre an einer v.a. konservativen Therapie verdient) und auch nicht der Arzt, der (sofern Operateur) an einer Operation verdient.
Welches Ausmaß an Arthrose für jemanden noch hinsichtlich der Lebensqualität akzeptabel ist, hängt halt stark vom jeweiligen Lebensstil ab. Sowohl Leute mit wenig Bewegung, die jede Besorgung mit dem Auto erledigen und in der Freizeit eher lesen/ fernsehen und auch im Beruf eine sitzende Tätigkeit haben, als auch aktive Menschen, die täglich schwimmen, radfahren und spazieren gehen kommen oft mit einer im Röntgenbild weit fortgeschrittenen Arthrose noch sehr gut zurecht, haben nur wenig Leidensdruck und können sich dementsprechend sehr spät (oder gar nicht) operieren lassen.
Die Leute
zwischen diesen beiden Extrempolen, also Menschen die nicht täglich aber relativ häufig Sport treiben und dann auch oft gelenkbelastendere Sportarten als die oben genannten bevorzugen (z.B. Joggen, Bergsteigen, Tennis, Golf, Skifahren) haben meiner Erfahrung nach schon bei geringeren Arthrosestadien größeren Leidensdruck und lassen sich demzufolge auch schneller von einer H-TEP-Operation überzeugen.
Wir können uns in Deutschland sehr glücklich schätzen, dass bei uns die Patienten selbst diese nicht einfache Entscheidung treffen dürfen zumal die Gesamtkosten eines künstlichen Hüftgelenkes (inklusive Nachbehandlung und Verdienstausfall) bei mindestens 20 000 Euro (meist eher 30 000) liegen weshalb in vielen anderen Gesundheitssystemen z.B. Skandinavien, Großbritannien, Frankreich u.v.m. tatsächlich im wesentlichen allein von Ärzten entschieden wird, wer so eine Operation finanziert bekommt, wobei dann auch ohne dass es der Patient weiß, Faktoren wie Alter, Restlebenserwartung, vorhandene Operationskapazitäten in die Entscheidung (Op ja oder nein und wenn ja, welches Prothesenmodell) mit hineinspielen.