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Zitat von schnodo
Ein Bekannter hat mich in der Diskussion auf dem falschen Fuß erwischt: Er meinte, die geplante Gesetzesverschärfung sei eine Schande. Danach befragt, was außer dem offenkundigen Aktionismus daran eine Schande sei, antwortete er, die bestünde schon darin, Ausländer überhaupt abzuschieben wenn das mit Deutschen nicht geschieht.
Er hat dann Artikel 3 des Grundgesetzes zitiert:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Ich zwar zunächst platt, denn aus dieser Richtung hatte ich die Sache noch nie betrachtet. Dann habe ich etwas gegoogelt und bin aber tatsächlich zu keinem vernünftigen Schluss gekommen: Angesichts dieser Verfassungslage, wieso kann es überhaupt zu Gesetzen zur Ausweisung/Abschiebung kommen?
Vielleicht hat der eine oder andere ja weniger Tomaten auf den Augen. Ich suche nicht nach Munition in der Debatte sondern nach echtem Erkenntnisgewinn. 
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Es geht mir da ganz ähnlich. Ich setze mich immer wieder für einen Moment selbst ins Abseits, wenn ich eigentlich nach "sofortiger Abschiebung" rufen möchte und mir dann gleich darauf selbst die Frage stelle, ob eine solche Maßnahme überhaupt angemessen ist, insbesondere im Vergleich zu den Möglichkeiten, die wir mit deutschen Straftätern haben bzw. nicht haben. Läuft das Ganze nicht vielmehr auf eine Ungleichbehandlung hinaus läuft, die so nicht akzeptabel ist?
Ich befürchte Antworten darauf sind reichlich komplex.
Natürlich, Vereinfachung geht auch hier: Schaut Euch das Grundgesetz an!
Und was wiegt schon schwerer als das Grundgesetz!?!
Und damit ist dann alles gesagt.
Mit der Frage nach dem Sinn und Unsinn der Existenz eines Konstruktes, das man gemeinhin "Souveräner Staat" nennt, braucht man sich dann nicht mehr eingehend beschäftigen.
Auch nicht mit der Frage, ob der Schutz von kulturellen Besonderheiten und Werten generell berechtigt ist und falls ja, wie dieser Schutz gewährleistet werden darf. Und falls nein, mit welchen Konsequenzen?
Auch die Frage, was kann, darf und muß einer Gesellschaft an Integrationsleistung zugemutet werden? Und wie weit muss Integration überhaupt gehen?
Auf keine der o.g. Fragen gibt es kurze Antworten, die es einfach auf den Punkt bringen. Ich habe Sie nicht, und noch viel schlimmer: Ich kenne (noch) keinen, der sie für mich befriedigend beantwortet hätte.
Jede einzelne der o.g. Fragen wird zudem reichlich genutzt um mit verkürzten und vermeintlich klaren Antworten Stimmung zu machen. Mal auf intellektuell unterirdische Pegida-Weise (
Grenzen dicht, wir haben es ja gleich gewußt!), mal in pseudointellektueller Besserwisserkritik an der ja so typisch deutschen Doppelmoral (
Sexuelle Übergriffe sind ja schließlich kein "importiertes" Phänomen). Fein differenzierte Auseinandersetzungen, sofern sie überhaupt stattfinden, werden politisch zerredet oder werden wahlweise mal von der einen oder anderen Richtung missbraucht. Es gibt da kaum bessere und offensichtlichere Paradebeispiele wie die Kölner Ereignisse... (die so auch in Hamburg, Berlin, Stockholm etc. stattgefunden haben, ähnliche Situationen, gleiches Täterprofil).
Bin da einigermaßen ratlos ...

Sorry, keine wirklich hilfreiche Antwort auf Deine ungemein wichtige Frage ...
Allerdings: An einem Punkt läuft die Antwort Deines Gesprächspartners in eine völlig falsche Richtung. Wenn hier von Ausweisung oder Abschiebung die Rede ist, dann hat das doch überhaupt nichts mit Artikel 3 zu tun:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Wie kommt man dazu, einen solchen Zusammenhang zu konstruieren? Es geht um
Straftaten! Und nicht primär um Anschauungen, Herkunft oder Glaube!!!
Darf man wegen Straftaten des Landes verwiesen werden, nur weil man nicht die entsprechende Staatsangehörigkeit hat? Das ist die relevante Frage! Stellt man einen Zusammenhang zum Glauben, zur Anschauung her oder undifferenziert zum Begriff "Herkunft" ist man schnell bei der Rassismus-Keule ... Hier völlig unangemessen und irreführend!
Aber nochmal: Gebe zu, daß auch ich keinen wirklich konstruktiven Lösungsvorschlag habe ...
Grüße
Jog