Dankeschön fürs Mitfiebern!!!
Und hier noch ein frischemotionaler Nachklapp auf die Schinderei und mein Tipp an die Abenteurer hier: MACHEN!!!!
Bericht Ironman Wales 2015
Mein 10. Rennen auf der Ironman-Distanz sollte es werden und wieder nach Wales sollte es gehen. Warum? Weil es eins der Rennen im Ironman-Zirkus ist, in denen es pur und ehrlich zugeht. Mensch gegen die Zeit, gegen Höhenmeter, Wellen, Wind.
Ich habe hier schon alles erlebt und man ist sich mittlerweile einig: Es ist das härteste Rennen unter der Iroman-Flagge. Und traumhaft schön ist es hier.
Eigentlich hab ich erst nach meinem Start in Roth Mut gefasst, dass sich in diesem Jahr nach holprigem Start doch noch Leistung abrufen lässt.
Hoch motiviert stürzte ich mich also ins Training für Wales, einen guten Monat hatte ich dafür.
Immer wieder Training an Rampen und Bergen. Auf dem Rad fühlte ich mich bestens gerüstet.
Hab sogar bewusst bei Regen und Starkwind trainiert auf dem Zeitfahrrad.
Das Schwimmen verdränge ich immer erfolgreich, auch da war ich aber vergleichsweise fleißig.
Lediglich das Laufen - meine Paradediziplin - das kam kurz in dieser Saison. Man kann mit knapp 1000 Lauf-KM einen Marathon im IM finishen, aber zügig, und dann noch in Tenby? Ein Athlet äußerte damals 2011: “Der gleiche Sadist, der die Radstrecke erfunden hat, hat sich wohl auch die Laufstrecke ausgedacht..”.
Seit Donnerstag waren wir also hier, ich wollte schauen, wie Sonntag das Rennen läuft und dann entscheiden, ob ich mich zerschlage oder nur finishe. Podest war das Ziel.
Durch das Training im Vorfeld und dann die ewige Sitzerei im Auto waren meine Hüftbeuger fest und ich hatte keinen Druck auf dem Rad. Also besuchte ich die mir bekannte Physiotherapeutin Rebecca, die die ihre Akupunkturnadeln zückte. Nun waren die Radbeine perfekt.
Sorgen machten uns die Wellen. Es war die Tage vorher sehr windig und das Meer war ein chaotisches Durcheinander. Doch der Wind drehte zum Glück und es wurde ruhiger.
Der Schwimm-Start erfolgt nun auch in Wales rollend, das heißt, die Athleten stellen sich entsprechend ihrer erwarteten Schwimmzeit an und gehen in schmaler Gasse ins Wasser. Das entzerrt das Feld und verhindert Prügeleien.
Das Meer schien recht ruhig. Gegen 7 Uhr begann der Wind in die Bucht zu drehen. Ich ahnte, was passiert. Als langjährige Wind- und Kitesurfer sammelt man da gut Erfahrungen. Ist aber nun eh egal.
Es galt zweimal einen Dreieckskurs zu schwimmen mit einem Landgang. Der Weg zur ersten Boje begann normal, es ging aber schwer voran. Die Profis, die 5 Minuten früher starteten, schienen nicht von Fleck zu kommen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, 200m vor der Boje dann die reinste Waschmaschine. Wasser von allen Seiten.
Gut, dass man zu diesem Zeitpunkt schon eingeschwommen war. Es war grenzwertig für mich. Um die Boje auf neuem Kurs änderte es sich kaum. Ein rasches auf und ab. Der Magen drehte sich um. Salzwasser war auch schon im Bauch. Ich konnte es leider nicht hochwürgen. Nach etwa 300m kam man wieder in den Windschatten der Bucht und es wurde schwimmbar. Erwartungsgemäß verschärfte sich in der zweiten Runde die Situation und die Waschmaschinenbereiche waren schon länger. Aber nun ging es zum ersten Ziel des Tages und ich blieb tapfer. Das Wasser hatte wohl um die 17°C. Ich habe nicht gefroren zum Glück, aber übel war mir und schwindelig.
Endlich am Strand ging es die Serpentinen hoch, um die ca. 20m Steilküste zu überwinden. Dort hatten wir Laufschuhe hinterlegt, um in T1 zu laufen, eine Meile (knapp 2km) durch die Stadt. Die Stimmung war grandios, die Menschen sind sehr sportbegeistert und gehen voll mit.
Sie sind sehr stolz auf “ihr” Rennen und bringen sich sehr ein mir Schildern, Kostümen und originellen Idee.
Ich hatte mich diesmal entschieden, ohne Neo zu laufen, das ging natürlich schneller und man trocknete schon bissel, auch bei 12°C.
Ich hatte in der Tüte meiner Laufschuhe eine kleine Flasche Energiegetränk und eine mit Wasser, um die Füße abzuspülen. Die erste hab ich verloren, die zweite sinnlos mit in T1 geschleppt- typisch.
Das Wechselzelt war überfüllt. Ich fand einen Platz, realisierte zu spät, dass ich direkt im Zugang zur “Herrenkabine” meinen Beutel ausgekippt hatte. (Man darf bei Ironman nicht nackt sein, dafür getrennte Kabinen, Amis halt).
Nach vielem Schubsen und Zurechtweisen steckte ich in meinen Klamotten und flitze zum Rad. 1:33h hatte ich bis hier gebraucht.
Kurzes Kopfrechnen: Schwimmen also etwa um die 1:15h bei diesen räudigen Wellen - ich setzte mein Grinsen auf und behielt es bis km 120 im Gesicht. Ist das eine geile Radstrecke!!
Und das Wetter spielte mit, die Straßen trockneten an vielen Stellen.
Allein der Gegenwind war zusätzlich kraftraubend.
Und mein Training schien perfekt gewesen zu sein. Ich tat mich wesentlich leichter und konnte endlich mal unter 7h auf diesem Kurs bleiben, der sehr kurvig ist und mit rauhem Asphalt schlecht rollt.
Die Rampen muss man sich wegen der Streckenführung oft erkämpfen, nur manchmal kann man Schwung mitnehmen. Ca. 2500 Höhenmeter sind zu bezwingen.
Und einen Heart Break Hill gibt es auch in Tenby, nur halt steiler. Stimmung nach wie vor allererste Sahne, die Leute toben geradezu!!
Immer noch als Folge des geschluckten Salzwassers hatte ich Probleme, meine Nahrung komplett aufzunehmen und zweimal hab ich mich kurz übergeben. Das geht aber schnell und ist mir bekannt, also kein Problem. Nur für die Energieversorgung ist das Mist.
In T2 ging es sehr flott und ab in meinen Zauberschuhen auf die Laufstrecke, was da heißt: die nächsten 4,3 km geht es mehr oder minder bergan.
Die Beine fühlte sich wesentlich besser an als 2011 oder 2013 hier. Da waren sie wie betoniert.
Aber sie sollten dennoch viel viel schlechter laufen….
Ich bin gelassen los, Puls ok, Pace fast zu schnell, aber gut, wenn’s geht. Dennoch spürte ich bald, dass irgendwas nicht stimmte, so hatte ich es noch bei keinem Marathon erlebt. Es schien, als ob die Hinterseite meiner Beine nicht mit der Vorderseite kommunizierten.
Es fühlte sich kraftlos an in einer mir unbekannten Form. Und eigentlich machte das Laufen überhaupt keinen Spaß.
Wie liebe ich es, zu attackieren, mit dem Tempo zu spielen. Es kostete alles soviel Kraft.
Ich versuchte, meine Ernährung gut zu timen, genug zu trinken. Auch in der zweiten dieser vier Runden änderte sich nix..
An den Rampen bin ich hier bereits gegangen. Salz hatte ich, Wasser hatte ich, Krämpfe krieg ich eigentlich nicht.
Aber das sollte sich heute ändern, immer wieder Gehpausen, Sorge, dass die Muskeln dicht machen und nix mehr geht.
Ich glaube mittlerweile an eine vorübergehende Dysbalance durch die Akupunktur. Ich bin doch hier der Läufer.. eigentlich… Ab der dritten Runde war ich im Kopf durch, erkannte kaum noch Startnummern, Gesichter.
Dabei wollte ich doch wieder im Macca-Style das Feld aufmischen.
Bergab war ich nur am Überholen, bergan ging nix. Mir war schlecht, jetzt kam Übelkeit und auch die Hilflosigkeit in diesem Moment und das Wissen, dass das der übelste Marathon auf der Langstrecke werden würde.
Ich fühlte mich meinen Beinen ausgeliefert. Das mag jetzt bescheuert klingen, aber so war das. Ich hatte quasi in jeder Minute des Laufes Schmerzen, die Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Auf Runde 4 nahm ich dann doch plötzlich eine Frau meiner AK wahr, deren Nr. ich auf meiner Liste hatte, fit schien sie, eine Nachmelderin über eine schweineteure Agentur.
Sie wird wissen, warum sie die Kohle ausgibt und in mir gab es jetzt den Kampffrage: Ist das Chance oder Niederlage??
Irgendwie konnte aber diese Situation doch das Kampfschwein in mir wecken und ich lief härter an gegen Schmerzen, setzte den ganzen Körper ein, um die Beine zu unterstützen, Bitte nicht kurz vor dem Ziel eine Niederlage!!!
In Tenby muss man jedes Mal ca. 2km kreuz und quer durch den Ort, Haarnadelkurven, Kinderhände, Kinderwagen, ich war am Ende, alles zuviel. Ich war auf der Flucht. Zum Umschauen hatte ich keine Kraft.
Endlich die Finishline, alles im Nebel, Schulterblick..niemand.. Nix mit Abklatschen, Jubeln. Ich hab mich irgendwie auf dem Zielteppich hingelegt und bin sofort eingeschlafen. Im Medizinzelt bin ich erwacht, hab ich zwei Nierenschalen vollgekotzt und dann ging es aufwärts, nach einer guten Stunde durfte ich gehen.
Es gibt ein Foto, da penn ich im Rollstuhl,... keine Erinnerung..
5 Sekunden Vorsprung hab ich auf die Zweitplatzierte.
Das war aber wiederum eine andere Dame, die ich nicht gesehen hatte.
Durch den rollenden Start verschiebt sich halt der direkte Kontakt, kann also ins Auge gehen.
Ende gut, alles gut.
Ich bin stolz auf das Schwimmen, froh mit dem Rad, hadere mit dem Marathon. Die Altersklasse habe ich um Haaresbreite gewonnen, und fahre das dritte Mal mit einer Hawaii-Quali nach Hause.
Ich hake das ab, freue mich auf einen Laufwinter, will meine Stärke da wieder ausbauen, habe Lust und Ziele.
Danke an alle, die mir die Daumen gedrückt haben!
