Dann will ich mal meinen Niedergang schildern
Erstmal noch herzliche Grüsse an alle, die ich vor Ort getroffen habe!
Am Abend vor dem Rennen war ich noch optimistisch, das Ziel hiess PB von 9:26:xx knacken.
Schwimmen: 7:05 Gruppe, guten Start erwischt mit mässiger Prügelei, bei der die Stoppur gestoppt wurde. Beim ersten Wendepunkt startete ich dann die Zeitmessung. Anhand der Zeit bis zum Wendepunkt schätzte ich dann meine Schwimmzeit auf 1:03:xx, was sich später als sehr genau herausstellte.
Nach einem 5minütigen Wechsel, der in der offiziellen Zeitmessung nur 3min beträgt (gab's da ein problem mit einer Matte?) ging ich voller Elan auf die Radstrecke.
Die ersten 70km gingen super, ich flog an allen vorbei (vielleicht hätte ich hier mit einem etwas vorsichtigeren Antritt über die Hügel die sich anbahnende Katastrophe noch abwenden können). Bis km 120 ging es so weiter, wenn auch die bei mir durchaus normale Mid-Race-Müdigkeit sich nach Ende der ersten Runde kurzzeitig bemerkbar machte. Aber dann kam ja wieder der Rückenwind und ich knallte weiterhin ohne Vernunft die Hügel hoch. Bei Einfahrt Gredinger Berg war ich mir sicher, dass ich trotz Gegenwind eine Radzeit ins Ziel bringen könnte, mit der ich Chancen auf die PB haben würde.
Was der Konjunktiv nicht alles möglich macht!
Dann kam der Krampf.
An der ungünstigsten Stelle, gegen Ende des steileren Stückes machten beide Oberschenkel zu. Da ein bisschen rollen und lockern über die folgenden fünf Hügel nicht möglich ist, fuhr ich etwas langsamer weiter. Die Krämpfe kamen immer wieder und bald gesellten sich auch die Rückseiten der Oberschenkel noch dazu.
Innerhalb von 2-3 Kilometern hatte sich mein Selbstbild von einer rasenden Kanonenkugel in ein Häufchen Elend verwandelt. Den Rest der Radstrecke fuhr ich dann äusserst vorsichtig, zwar objektiv nicht langsam, aber eben schon deutlich langsamer als geplant. Die Krämpfe konnte ich fast bis zum Schluss immer "übertreten", erst auf dem Abzweiger nach Roth musste ich ein paar mal zu treten aufhören.
Ob der langen Krampfepisode hatte ich natürlich Zweifel, was den Lauf anging. Früher hatte ich aber nach (wesentlich leichteren) Krämpfen auf dem Rad noch ganz gute Marathons hingelegt, ohne dass die Probleme zurückkamen.
T2 ging irgendwie automatisch. Loslaufen etwas schwammig, aber schon im ersten Bergabstück gingen die Oberschenkel zu. Mit steifen Beinen joggte ich zur Lände. Erstmals dachte ich ernsthaft daran, aufzugeben. Im flachen angekommen wurde es aber besser. Die Quadrizepse (Latein ist lange her) gingen wieder auf und ich konnte zumindest im 5:10 er Tempo nach Schwand laufen. Die sub10 schien noch möglich, wenn ich nicht zu schnell abbauen würde. Leider zeigte sich bald die erste Folge der Krämpfe auf dem Rad - Muskuläre Ermüdung wie nach 25km und das schon zwischen km 5 und 10. Auch eine zunehmende Verhärtung der gebeutelten Muskulatur machte mir zu schaffen. Diese konnte ich zwar mit Gehpausen in den Verpflegungsstellen in Schach halten, aber die Splits wurden dadurch immer lahmer. Bis zum Halbmarathon hatte ich dann schon einen kleinen Rückstand auf die 5:30-er (Not-) Marschtabelle, welche ich mit einem anderen Leidenden (an der Stelle hallo Daniel!

) am Kanal ausgerechnet hatte. Eine Sub 10 wäre nur noch mit einer schnelleren 2. Hälfte möglich gewesen. Dies war der Punkt, von dem an ich mir nicht mehr übermässig weh tun wollte. Zeit war mir von da an Egal und ich begann die Atmosphäre so gut es ging zu geniessen. (Natürlich habe ich genau so gelitten wie sonst immer und wie alle anderen auch, aber zwischen leiden und sich quälen gibt es doch noch feine Unterschiede).
Eine schon lange gehegte Vermutung wurde aber auch unter den diesmal schwierigen Umständen bestätigt:
Die grösste Motivation in einem Langdistanzrennen in der Endphase schneller zu laufen ist der Wille, dass es möglichst bald aufhört - Völlig unabhängig davon, ob man auf Kurs für eine PB ist oder ob man schon total abgekackt hat.
Nachdem ich mit einer gewissen Genugtuung die Abzweigung zur Strafrunde passiert hatte (die ich niemals laufen will!), musste ich erstmal wegen der als Verkehrshütchen verkleideten Damen am Wendepunkt schmunzeln. An dieser Stelle Im Rennen sind solche Scherze einfach Gold wert.
Der Rest der Strecke am Kanal und zurück nach Roth ging dann erstaunlich schnell vorbei - vermutlich weil nur leidend, aber nicht gequält gelaufen.... Verlieren konnte ich nichts mehr, dafür gewann ich:
-einen Wahnsinns-Empfang vom Publikum in Roth
-eine Erfahrung, die in die Renn- und Trainingsgestaltung der Zukunft einfliessen wird
-das Gefühl, jetzt ein Triathlet zu sein, vorher hatte ich einfach nur Glück
-Die Gewissheit, dass es nicht so wichtig ist, in jedem Rennen einen Rekord aufzustellen.
-Die Erkenntnis, dass ich noch lange nicht geheilt bin. Am Montag stand ich auf, setzte mich ohne zu Frühstücken ins Auto und fuhr nach Roth, um mich in die Schlange zu stellen....
ach ja, Zeiten: S1:03, R 5:05, L 4:15 Gesamt 10:28, 2. Langsamste Zeit und langsamster Marathon in meinem Leben. C'est la vie....