Bike:
In der Wechselzone dann der Blick zu den deutschen Stühlen: ok, die Deutschen können scheinbar alle schwimmen. Da hing kein Bike mehr. Kein Problem, mein Rennen beginnt jetzt. Jetzt seid ihr alle fällig....
Dieses Baby wird Euch alle machen:

Erst einmal musste ich aber in das Trikot kommen. Gar nicht so einfach nach dem Schwimmen. Mit etwas Gewürge ging das aber, dann Socken, Schuhe, Helm und Brille. Brille beschlagen, also wieder runter, drüber gewischt, und wieder Brille auf. Rad aus dem Ständer und ab: Einmal die ganze Wechselzone mit Rad durchlaufen, bis zu dem Aufsteigebalken und endlich ging es los: eine kurve auf Teppich, dann ca. 100m flach und dann: BERGE!! Hier ist nix mit Einfahren, direkt nach dem Wechsel geht es für die kommenden ca. 10km bergauf und das nicht zu knapp. Jetzt konnte der Spaß beginnen. Mir haben vorher alle gesagt, dass das Rennen erst am Izoard anfängt. Das mag ja sein, aber das bedeutet ja nicht, dass ich bis dahin bummeln muss, als Randale von Anfang an. Bei jedem Fahrer oder jeder Gruppe sagte ich mir: bis da und dahin habe ich dich. Das klappte auch ganz gut und schon am ersten Gipfel wurde es leerer auf der Strecke. Auf der ersten Abfahrt überholte mich dann ein Fahrer, der wie ein geisteskranker bergab fuhr. Ne ne, da wollte ich nicht mitfahren, Montag muss ich ja wieder im Büro sitzen.
Die Abfahrt zum See war dann der Hammer: die Sonne ging grad über den Bergen auf, spiegelte sich in dem See, dazu der leichte Nebel und die Sonnenstrahlen, die sich in dem Nebel abzeichneten. Unbeschreiblich. Leider ist die Abfahrt so technisch, dass ich die GoPro nicht aktivieren konnte. Sorry Leute, müsst Ihr wohl selbst mal hinfahren, um das zu sehen. So sah es im Training da aus:

Auf dem Flachstück holte ich mir den Kamikaze Abfahrer wieder und danach ward er nicht mehr gesehen. Nach der Brücke über den See stehen noch zwei Wellen an, bevor man zurück nach Embrun kommt. Auch hier überholte ich einen um den anderen Fahrer. Einer wurde jedoch frech. Ich fahre auf ihn auf, überhole – da schaltet der hoch und hält gegen. Spinnt der??? Ok, hier in Frankreich wird Blocking wohl nicht so geahndet, aber hat der eine Ahnung, mit wem der sich hier anlegt??? Unerhört... Aber auch er ward danach nie wieder gesehen.
Zurück in Embrun dann der Hammer: man fährt unten in einen Kreisel und dann ca. 2km bis Baratier leicht bergauf. Was hier los war hat mich fast vom Rad geworfen. Hier standen tausende von Menschen, die einen den Berg raufbrüllten. Wo die alle herkamen, hab ich keine Ahnung. Embrun hat ja nur 6500 Einwohner. Einfach genial. Gibt noch einen Pluspunkt für Frankreich!
Am nächsten Anstieg stand das Mädchen und rief mir zu: Platz 38! Geil, dachte ich mir, läuft ja klasse. Jetzt kann ich ja selbst zählen.

2km später steht einer pinkelnd am Rand: Platz 37 – das ging ja einfach.
Kurz danach eine Dreiergruppe: Platz 34!
So geht es weiter und weiter. Zwischenzeitlich überhole ich zwei Pro Damen. Das sollten die ersten beiden gewesen sein, so bin ich schon mal erste Frau – dachte ich.
Auf dem Stück nach Guillestre zum Izoard überhole ich eine 4er Gruppe mit dem ersten Männerpro – mach Platz 18.... Bis oben auf dem Izoard will ich mindestens 15ter sein. Also weiter.
Beim Anstieg zum Izoard wird es voller, da viele Hobby Fahrer unterwegs sind. So erkennt man nicht immer wen man da vor sich hat. Ist aber auch nicht schlimm. Im Gegenteil: ich fand es eher motivierend, einen um den anderen einzufangen. Ausnahmslos alle feuerten uns an, auch wenn die schon auf dem letzten Loch pfiffen. Noch ein Punkt für Frankreich. Kurz vor dem Gipfel hat es eine kurze Abfahrt. Hier stauten sich einige Autos hinter einigen Rädern, die ich recht haarsträubend überholen musste, aber auch die machten sofort Platz, wenn sie konnten. Zwischenzeitlich überholte ich mal wieder eine Frau. Das musste aber nun die erste gewesen sein und ich war endlich die erste Frau!
Überhaupt waren de Autofahrer dort unten extrem rücksichtsvoll und entspannt, auch schon in der Woche vor dem Rennen. Ich bin nur einmal geschnitten worden – von einem Deutschen. Ansonsten kein Gehupe, kein Gedränge, kein Gepöbel, nichts. Das ist eine ganz andere Mentalität als hier. Aber zurück zum Rennen.
Oben auf dem Gipfel gab es dann die Eigenverpflegung. Bis hierher hatte ich eine Flasche meines Iso getrunken einen Riegel und drei Gelflaschen „gegessen“. So schnappte ich mir drei neue Gelflaschen, eine Isoflasche und einen Riegel. Dazu noch ein Stück Pape unters Trikot und der Spaß ging los: 30km Anfahrt ohne Gegenverkehr und auch ohne Mitfahrer. Kein Rad vor mir, keins hinter mir – ganz alleine durch die Kurven und die langen Abfahrten. Hier merkte ich aber deutlich, dass die Titanschnellspanner eine dämliche Idee gewesen waren. Durch die wurden die Laufräder, die ansonsten steif wie hulle sind, doch recht wabbelig, so dass ich nicht mehr als 80 fahren wollte. Wie gesagt, ich muss am Montag ja wieder schaffen können und mag nicht im Krankenhaus liegen. Ansonsten kann man zu der Abfahrt nur sagen, geil, geil, geil. Ich muss mal schauen, ob die noch mit auf der GoPro ist, zumindest im Training habe ich sie einmal drauf. Das Problem bei der Abfahrt ist: nach 30km sind die Beine komplett eingeschlafen und wollen erst mal gar nix mehr tun. Entsprechen schwerfällig kam ich in Briancon wieder in meinen Tritt.
Kurz nach Brinancon ging es dann durch ein kleines Dörfchen und da war es vorbei mit dem Schlagloch-Umkurven. Hier bestand die Straße einfach nur noch aus Löchern und jetzt nicht so entspannte Hubbel wie bei uns. Das war schon Offenbach Niveau. Zack, das war eine treue Gelflasche.... Zwei hatte ich ja noch.
Weiter geht es dann wellig bis zu dem berüchtigten Anstieg nach Pallon. Hier war ich auch froh, ihn im Training gefahren zu sein. Man kommt eine Abfahrt runter um eine leichte Kurve in einer Senke und steht vor einer Wand: ca. 2,5 km kerzengrade bergauf mit 10-14% in praller Sonne. Halleluja! Glücklicherweise auch hier: Zuschauer ohne Ende, die einen den Berg raufschrieben. Immer wieder sagten sie mir meine Platzierung und Abstände, leider habe ich davon nix verstanden. Aber auch dafür gibt es einen Punkt für Frankreich.
Danach hat man wieder eine Abfahrt, nicht so lange wie vom Izoard – wie auch – aber schöne Serpentienen (mit Schotter und Sand drin) und genialer Aussicht ins Tal. Herrlich, aber wir sind ja nicht wegen der Aussicht hier.
Unten im Tal kann man dann ausnahmsweise den Auflieger gebrauchen, den man bis hierher fast nur spazieren gefahren hat. Hier windet es - wie immer auf der Strecke von vorne und der Asphalt ist ausnahmsweise mal so gut, dass einem nicht die Kronen rausfallen, wenn man auf dem Auflieger liegt. Also: runter und Druck!
Auf dem Rückweg nach Embrun wollte ich dann doch eine der Verpflegungen testen, vor allem das Iso Zeug. Also versuchte ich es auf Englisch: Iso, Iso, Iso.... Am Ende bekam ich eine Flasche Wasser – ok, das klappte schon mal nicht so gut. Nun konnte ich auch langsam anfangen zu rechnen. Mein Ziel, eine 6:10 zu fahren war nicht so unrealistisch. Also weiter. Das Stück kannte ich ja nun auch schon und ich wusste, wie lange die letzte Abfahrt dauert, und ich wusste was danach noch kam.
Auf der Abfahrt nach Embrun:
VOR MIR EINE FRAU!!! – WAS IST DENN DAS?? Dieses Mal aber mit Kamerabegleitung, das war also nun wirklich die erste Frau und ich auf Platz 11. Jawoll. Top10 in Reichweite.
Nach der Abfahrt könnte man nun eigentlich fast flach bis in die Wechselzone fahren, dann käme man wohl auch mit 180km aus, aber nein, Mister Iacono hat sich noch eine weitere Schweinerei ausgedacht: Es geht über den Fluss noch einmal rauf in die Stadt. Soweit so gut, auch hier könnte man nun Richtung Wechselzone fahren, aber wer darauf hofft hat seine Rechnung ohne die Franzosen gemacht. Es geht durch die Stadt durch und weiter rauf. Und noch einmal richtig übel. Pralle Sonne und ich schätze 300hm am Stück. Da vor mir: eine einstellige Nummer: der Jung steht am Berg. Jawoll, Du bist fällig! Und zack: Platz 10 – Ohje, denke ich noch, ich war noch nie Top10 bei einer Langdistanz. Ohje, jetzt darf ich mich auf keinen Fall beim Laufen blamieren, sonst gibt es hier im Forum Prügel!
Die letzte – nun wirklich – Abfahrt fordert noch einmal volle Konzentration. Wieder reiht sich Schlagloch an Schlagloch, dazu ein lustiges Spiel aus Sonne und Schatten und reichlich Sand und Schotter – bevorzugt in den Kurven. Extra vorsichtig geht es hier hinab – bloß nicht noch das Rennen durch einen Sturz versauen. Kurz vor dem Wechsel ein Blick auf die Uhr: 6:09 – ok, 6:10 werden es nicht, aber egal. Allerdings ist mir auch klar: daheim hocken alle vor dem Rechner und warten nur, dass ich für die Fahrt nun leiden muss, aber die Genugtuung wollte ich Euch nicht geben.
Als ich in die Wechselzone laufe höre ich noch wie Corki losläuft. Cool denke ich, zumindest auf dem Rad war ich schneller.