Freiheit ist ein allgemeines Konzept, das sich auf die Fähigkeit eines Individuums bezieht, ohne äußere Einschränkungen zu handeln. Grundrechte sind weniger allgemein, sondern spezielle Rechte, die im Grundgesetz festgelegt sind.
Sehe ich auch so, allerdings würde ich das Wort "Fähigkeit" durch "Möglichkeit" ersetzen; es ist ja nicht eine inherente Fähigkeit des Individuums, sondern eine durch das Gemeinwesen/Staat gewährleistete Möglichkeit innerhalb gewisser Grenzen.
Der in Artikel 2 GG definierte Freiheitsbegriff ist für mich erst mal eher unpolitisch, also hat es nicht primär mit Deinem Beispiel mit Wahlen zu tun, sondern mit der Gestaltung des persönlichen Lebensbereiches. Diese Freiheit kann es sogar in einer autokratischen Diktatur geben (in der man alles machen kann, solange man politisch nicht aneckt) - im Gegensatz zu einem totalitären System, das sich meist eben durch den tiefen Eingriff in die private Entscheidungsfreiheit auszeichnet.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Tritt nun ein äußerer Zwang hinzu, wie beispielsweise der Klimawandel, werden die politischen Spielräume wesentlich verkleinert. Das berührt auch das Grundrecht auf freie Wahlen, denn diese Wahlen werden zunehmend sinnlos. Das Grundrecht auf freie Wahlen mag nach wie vor im Gesetz stehen, doch es lässt sich aufgrund der verkleinerten politischen Handlungsspielräume (politischen Freiheiten) nicht mehr sinnvoll wahrnehmen.
diese Logik halte ich nicht für zwangsläufig, sondern nur durch entsprechende Entscheidung der jeweiligen Regierung begründet. Warum sollen freie Wahlen sinnlos werden, nur weil der Handlungsspielraum enger ist? Objektiv nur eine Option gibt es nie, nicht mal in der angegriffenen Ukraine. Natürlich kann die Regierung entscheiden, Wahlen auszusetzen, aber ebenso könnten bei den nächsten Wahlen verhandlungsbereite statt verteidigungsbereite Parteien and die Macht kommen. Welche Kriterien definieren, ob das eine sinnvolle Wahrnehmung des Wahlrechts ist, oder nicht?
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ich verstehe das Bundesverfassungsgericht so, dass es auf die Freiheit zur Wahrnehmung der Grundrechte abzielt.
Und das ist der Punkt, wo ich aus o.g. Gründen die Logik des BVerfG nicht nachvollziehen kann. Für mich ist die Wahrnehmung der Grundrechte grundsätzlich nicht in Frage zu stellen, höchstens sind Grundrechte gegeneinander im Einzelfall zu priorisieren.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Jetzt hast Du tatsächlich einen Think Tank ausgegraben, der noch nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag hat.
ist es wirklich nicht möglich, sich mal zuerst auf den Inhalt zu konzentrieren? Warum soll ein Wikipedia-Eintrag ein Qualitätsmerkmal sein; auch in Wikipedia geführte Zeitschriften veröffentlichen jede Menge Umfragen, die anzweifelbar sind - aber Zweifel sind immer zuerst im Inhalt begründet, nicht in der Quelle.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Du missverstehst jedoch offenbar deren Aussage. Es wurde nicht danach gefragt, ob Deutschland im Jahr 2045 klimaneutral sei oder nicht. Du präsentierst stattdessen die Zahlen zu einer ganz anderen Frage, nämlich, was die Befragten von der aktuellen Klimabewegung halten. Dabei besteht ein deutlicher Bezug zu den Straßenblockaden, die weit überwiegend abgelehnt werden.
Fakt ist: Die Notwendigkeit zum Klimaschutz hat in Deutschland nach wie vor eine große Mehrheit. Es besteht ein wissenschaftlicher Konsens zu der Frage, dass die aktuelle Regierung sich nicht an die Vereinbarungen des Pariser Klimaschutzabkommens hält.
Die Aussagen z.B. zur ersten Frage sind für mich eindeutig: "Die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland ...hat grundsätzlich meine Unterstützung" hat sehr viel Zustimmung verloren. Wenn damit nur die Klimakleber verstanden werden, dann haben die Grünen ihre Mission völlig verfehlt, da sie dann nicht als Teil der Klima- und Umweltbewegung wahrgenommen werden. Ansonsten ist es aber ein Zeichen, daß sie und damit ihr Anliegen und ihre Politik stark an Zustimmung verloren haben. Daher deutet diese Umfrage schon an, daß die Notwendigkeit zum Klimaschutz auch an Zustimmung verloren haben muß. Auch die Autoren sehen noch die Notwendigkeit, "Klimaschutz zu einem gesamtgesellschaftlichen Gewinnerthema werden soll, das Menschen in der Breite überzeugt" - das hat es offenbar noch nicht, und verliert gerade sogar. Die "große Mehrheit", die Du meinst zu sehen, dürfte nach dieser Umfrage eher schwinden, als wachsen.
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Sehe ich auch so, allerdings würde ich das Wort "Fähigkeit" durch "Möglichkeit" ersetzen; es ist ja nicht eine inherente Fähigkeit des Individuums, sondern eine durch das Gemeinwesen/Staat gewährleistete Möglichkeit innerhalb gewisser Grenzen.
Freiheit hat erstmal nichts mit dem Staat zu tun. Auch ohne Staat sind Menschen mehr oder eben weniger frei. Dabei kommt es auf die Befähigung an, mögliche Freiheiten wahrzunehmen. Ein Mensch, der auf einer einsamen Insel festsitzt, ist nur dann frei, die Insel zu verlassen, wenn er schwimmen kann. Die bloße Möglichkeit des Schwimmens, ohne die konkrete Fähigkeit dazu zu besitzen, macht ihn nicht frei.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Warum sollen freie Wahlen sinnlos werden, nur weil der Handlungsspielraum enger ist?
Freie Wahlen sind bei verkleinertem politischen Handlungsspielraum nicht sofort sinnlos. Sie verlieren aber zunehmend an Sinn, und zwar in dem Maße, wie die politischen Handlungsspielräume sich verengen. Komplett sinnlos wären Wahlen erst dann, wenn der politische Handlungsspielraum null ist und politisches Handeln komplett durch äußere Sachzwänge festgelegt ist.
Der Klimawandel verkleinert die politischen Handlungsspielräume kommender Generationen. Die Hälfte der Landfläche der Niederlande liegt heute bereits unter dem Meeresspiegel. Rotterdam würde ohne ständig laufende Pumpen einfach volllaufen. Es ist leicht zu verstehen, dass der steigende Meeresspiegel die Spielräume für viele politischen Entscheidungen Hollands verkleinert. Das Geld, welches für die (langfristig wohl aussichtslose) Sicherung der Küsten ausgegeben werden muss, fehlt an anderer Stelle. Volkswille hin oder her. Insofern spielt die Freiheit, also die Abwesenheit äußeren Zwangs, eine wichtige Rolle bei der Ausübung demokratischer Grundrechte.
ist es wirklich nicht möglich, sich mal zuerst auf den Inhalt zu konzentrieren? Warum soll ein Wikipedia-Eintrag ein Qualitätsmerkmal sein; auch in Wikipedia geführte Zeitschriften veröffentlichen jede Menge Umfragen, die anzweifelbar sind - aber Zweifel sind immer zuerst im Inhalt begründet, nicht in der Quelle.
Ein Wikipedia-Eintrag ist noch kein hinreichendes Kriterium für journalistische Qualität. Er ist aber ein Einstiegspunkt, um diesen völlig unbekannten "Think Tank" einzuordnen. Du selbst scheinst keinerlei Einordnung vorzunehmen, sondern kolportierst einfach irgendwelche Zahlen aus dem Netz.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
... dann haben die Grünen ihre Mission völlig verfehlt, da sie dann nicht als Teil der Klima- und Umweltbewegung wahrgenommen werden.
Das ist möglicherweise Deine persönliche Meinung, aber nicht die Aussage dieser Erhebung.
Freiheit hat erstmal nichts mit dem Staat zu tun. Auch ohne Staat sind Menschen mehr oder eben weniger frei. Dabei kommt es auf die Befähigung an, mögliche Freiheiten wahrzunehmen.
OT:
Das ist nur der Teilaspekt, "Freiheit zu etwas", (das von Fähigkeiten, aber auch von vorhandenen Institutionen, als Möglichkeiten abhängt). Ebenso wesentlich ist die "Freiheit von etwas", also von äußeren, besonders staatlichen Zwängen. (s. Details dazu z.B. hier). Also sind die Möglichkeiten, etwas frei zu entscheiden und tun immer auch an die Möglichkeit gebunden.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ein Mensch, der auf einer einsamen Insel festsitzt, ist nur dann frei, die Insel zu verlassen, wenn er schwimmen kann. Die bloße Möglichkeit des Schwimmens, ohne die konkrete Fähigkeit dazu zu besitzen, macht ihn nicht frei.
Doch, das ist eine Freiheit, die er nutzen kann, wenn er auch die Freiheit hat, Schwimmen zu lernen. Frei war man in Rumänien z.B. nicht, weil man keinen Reisepass besitzen durfte, der lag bei der Polizei. Sobald ich den Paß (nach 89) zu Hause haben durfte, war ich frei, auch wenn mir ggf. das Geld fürs Reisen fehlte. Entscheidend war, die Möglichkeit nicht durch externe Kräfte verbaut zu haben.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Freie Wahlen sind bei verkleinertem politischen Handlungsspielraum nicht sofort sinnlos. Sie verlieren aber zunehmend an Sinn, und zwar in dem Maße, wie die politischen Handlungsspielräume sich verengen. Komplett sinnlos wären Wahlen erst dann, wenn der politische Handlungsspielraum null ist und politisches Handeln komplett durch äußere Sachzwänge festgelegt ist.
In dieser Frage kommen wir wohl nicht zusammen. Handlungsspielraum null ist reine Theorie, das gibt es praktisch nie. Und sobald es auch nur eine alternative Option gibt, sind Wahlen und freie Entscheidungsmöglichkeit m.M.n. genauso wichtig und sinnvoll, wie bei 100 Optionen (wenn nicht noch wichtiger). Deine Argumentation birgt in meinen Augen eine Gefahr des Mißbrauchs, weil sie ein Tor Richtung einer (wenn auch gutgemeinter) Diktatur öffnen kann.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Es ist leicht zu verstehen, dass der steigende Meeresspiegel die Spielräume für viele politischen Entscheidungen Hollands verkleinert. Das Geld, welches für die (langfristig wohl aussichtslose) Sicherung der Küsten ausgegeben werden muss, fehlt an anderer Stelle. Volkswille hin oder her. Insofern spielt die Freiheit, also die Abwesenheit äußeren Zwangs, eine wichtige Rolle bei der Ausübung demokratischer Grundrechte.
Nein, gerade wenn Geld nicht für alles reicht, steht die Priorisierung der Ressourcen dem eigentlichen Souverän zu, nicht Experten oder Wissenschaftlern oder Parteien; diese sollen nur informieren, beraten, umsetzen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Tritt nun ein äußerer Zwang hinzu, wie beispielsweise der Klimawandel, werden die politischen Spielräume wesentlich verkleinert. Das berührt auch das Grundrecht auf freie Wahlen, denn diese Wahlen werden zunehmend sinnlos. Das Grundrecht auf freie Wahlen mag nach wie vor im Gesetz stehen, doch es lässt sich aufgrund der verkleinerten politischen Handlungsspielräume (politischen Freiheiten) nicht mehr sinnvoll wahrnehmen. ....
Ist im Prinzip nachvollziehbar und ich finde es auch i.O., wenn Politiker mal etwas "durchdrücken" und nicht warten, bis es der Letzte verstanden hat und der Vorletzte zustimmt.
Beim Thema Klimawandel ist es allerdings so, dass man fast alles darauf zurückführen kann. Denn wir sind umgeben vom Klima, es ist allgegenwärtig und spielt irgendwo immer rein.
Um das Klima zu retten, kann man das Stück Fleisch, das ich gelegentlich esse, ebenso beanstanden wie Energieverschwendungen, die bei der Ausrichtung eines großen Triathlons stattfinden.
Hinzu kommt, dass wir technisch in wenigen Jahren in der Lage sind, mein Stück Fleich, das ich gelegentlich kaufe, an der Kasse individuell zu berechnen, ebenso das Gaspedal meines eAutos zu steuern.
„Freiheit stirbt immer zentimeterweise.“
Dass wir in noch schlechtere Zustände kommen, wenn wir nicht jetzt handeln, ist mir zu apokalyptisch. Es fehlt mir das Vertrauen in die Schaffenskraft der Jugend, ebenso das Vertrauen in technischen Fortschritt.
DE wird das Klima nicht retten. Die Aufgabe unserer führenden Politiker ist es, andere für diese Ideen zu gewinnen und Vereinbarungen zu schmieden. Ich wählte Jahrzehnte aus Überzeugung grün wg. Umweltschutzgründen, war als Jugendlicher viele Jahre im Bund Naturschutz. Warum tut sich so wenig? Warum ist die Welt in so einem schlechten Zustand? Ist das denn deine oder meine Schuld? Ich weigere mich, mir diesen Schuh noch länger anzuziehen. Es ist eine Veschiebung der Verantwortung.
[...]ebenso das Vertrauen in technischen Fortschritt.
Der "technische Fortschritt" hat uns die Misere ja erst eingebrockt - unbestritten seiner Segnungen. Jetzt könnte man argumentieren, es gäbe ja die Technikfolgenabschätzung. Der Erfolg Letzterer ist jedoch ungefähr so, wie der Erfolg von Gustav Iden bei der Supersprint WM in Hamburg
Der "technische Fortschritt" hat uns die Misere ja erst eingebrockt - unbestritten seiner Segnungen. Jetzt könnte man argumentieren, es gäbe ja die Technikfolgenabschätzung. Der Erfolg Letzterer ist jedoch ungefähr so, wie der Erfolg von Gustav Iden bei der Supersprint WM in Hamburg
Hättest du vor 150 Jahren jemandem erzählt, dass wir im Jahre 2023 die gesamte Weltbevölkerung ernähren könnten, die sich vervielfacht hätte, wärst wohl als irre bezeichnet worden.
Es ist die Ungleichverteilung, die die Probleme schafft.