Die Schrott-Futter-Woche neigt sich dem Ende zu. Heute Morgen bin ich mit einer Packung Keksen eingestiegen und aß danach noch ein paar Toasts. Ich werde immer runder, was mir gestern beim Shoppen im Outletcenter in den Niederlanden nicht so gut gefallen hat. Trotzdem war ich natürlich erfolgreich und habe ein Kleid und ein hübsches, langärmeliges Laufshirt erstanden. Und natürlich jede Menge holländische Süßigkeiten.
Ab morgen versuche ich wieder gesünder zu essen. Schade, mir hat das durchaus gefallen, den ganzen Mist, auf den ich Lust habe zu essen. Aber wie gesagt, die Gewichtskurve zeigt dann steil nach oben und so wie ich jetzt bin, mag ich es schon nicht mehr, bin halt lieber dünner.
Hier mein Bericht vom Hamburg Marathon. Und weil ihr ja eigentlich immer Bilder wollt, ich aber wie immer keine habe, müsst ihr mal wieder mit den Bildern in meinem Kopf vorlieb nehmen und mit den Beschreibungen davon.
Bild 1:
Die Freundin meines Bruders wohnt wirklich super! Eine traumhafte Wohnung mit Blick auf die Außenalster. Das Bild zeigt Rudi um mich, wie wir am Freitag Abend auf dem Balkon in der Sonne sitzen und die Läuferinnen und Läufer kommentieren, die unten vorbei laufen. Eine Menge von ihnen sehen so aus, als liefen sie am Sonntag auch beim Marathon mit. Viele sehen sehr schnell aus. Ich fühle mich nicht so, als würde ich in etwas mehr als einem Tag 42 km laufen können oder wollen.
Bild 2:
Das bin ich mit Junus auf dem Arm, am Tag vor dem Marathon, beim Schülerlauf "Das Zehntel". Ich wollte meinen Neffen anfeuern, als mir ein kleiner, dunkelhäutiger Junge von 1-2 Jahren auffiel. Irgendwie hatte ich gleich das Gefühl, dass er alleine ist. Er lief dann kurz umher und guckte alle Leute an, da ging ich schnell zu ihm, bevor er in der Menge verschwand und fragte ihn, wo denn die Mama sei. Schnell war klar, dass keine Mama da ist und auch sonst niemand, der zu ihm gehört. Andere Zuschauer sagten, dass er zusammen mit einem anderen dunkelhäutigen Jungen, der älter war als er, ihren Hund gestreichelt habe. Ich nahm den Kleinen auf den Arm und wartete erst mal, ob die Eltern zurück kommen, wenn ihnen auffällt, dass er fehlt. Nach ca. 10 Minuten entschloss ich mich, zu den Sprechern zu gehen, damit sie eine Durchsage machen. Der Kleine war ganz zahm und gar nicht ängstlich. Mittlerweile quasselte er munter mit mir, alles konnte man nicht verstehen. Seinen Namen verriet er mir nicht, d.h., einmal schon, aber ich konnte ihn nicht verstehen. Auf dem Sprecherturm fanden wir es beide spannend. Er bekam Weingummis, Wasser und staunte über alles und ich fand es aufregend neben Mike, dem bekannten Sprecher zu stehen und ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Später dachte ich, dass ich mich hätte beschweren können, dass er damals, bei meinem letzten langen Triathlon in Klagenfurt, als ich mich nach vielen, vielen Stunden im Dunkeln über die Ziellinie schleppte, nicht mit den Worten "Judith, you are an Ironman!" begrüßte, nachdem ich nach der Hälfte des Marathons beschlossen hatte, mich durchzukämpfen, um diese Worte zu hören...
Er machte jedenfalls Durchsage um Durchsage, aber niemand kam, um den Kleinen abzuholen. Der Lauf war dann vorüber, der Kleine war schon 45 Minuten auf meinem Arm, war immer noch fröhlich und guter Dinge. Es wurde die Polizei informiert und dann erst fest gestellt, dass die Durchsagen oben an der Messe, da wo die Kindersammelstelle für verloren gegangene Kinder ist, nicht zu hören waren. Per Funk wurden die Leute dort informiert und wenig später kam Junus Vater heran geeilt und war froh, den Süßen wieder zu haben. Ich hätt' ihn sonst auch gerne mitgenommen.
Bild 3:
Ja! Das ist wirklich "Mocki" neben mir auf dem Bild. Sabrina Mockenhaupt ist winzig klein und genauso nett und fröhlich wie ich sie mir vorgestellt habe. Sie macht da Werbung für irgendwas, habe nicht darauf geachtet, für was und man kann sich mit ihr fotografieren lassen. Sie wünscht mir viel Glück und ich freue mich. Den Rudi quatscht sie an, dass sie sich doch auch irgendwoher kennen würden. Der ist fast sprachlos und stammelt nur ein bisschen herum, statt schlagfertig zu antworten, dass sie das ja nachher bei einem Kaffee besprechen können oder so. Ich nehme noch am Gewinnspiel teil und habe jetzt noch die Chance, einen Wettkampftag mit ihr zu gewinnen, inkl. einem Training.
Bild 3:
Essen mit allen beim Italiener auf'm Kiez. Außer mir laufen noch zwei Jungs, die Inga kennt. Ihre Freundinnen sind uninteressierte (und uninteressante) Zicken, ich sitze zum Glück am Nebentisch. Wir haben einen super Abend, Jens aus meinem Schwimmverein ist auch da, er wohnt ja jetzt wieder in Hamburg.
Nach dem Essen laufen der Liebste, Rudi und ich nach Hause zu meinem Bruder und um ca. 23 Uhr bin ich im Bett und gar nicht aufgeregt.
Bild 4:
Da seht ihr mich in meinem Startblock mit dem Buchstaben "G". Seht ihr die beiden Typen, die vor mir stehen? Sie tragen Trikots, auf denen steht:
"Jede Oma zählt". Ich fragte sie, was das bedeutet und sie erklärten mir, dass es eine Hilfsorganisation ist, die Großmutter unterstützt, die sich um ihre Enkel kümmern, die Aids-Waisen sind. Tolle Sache!
Die Stimmung im Startblock ist gut und die Organisation in HH gewohnt professionell. Ca. 6 oder 7 Minuten nach der Elite überquere ich die Startlinie. Ich fühle mich super und freue mich auf den Lauf!
Bild 5:
Das ist mein Bruder, der wie versprochen bei km 1 nach mir Ausschau hält. Ich freue mich, ihn zu sehen und er freut sich auch. Das nächste Mal werde ich ihn bei km 10 oder 12 sehen.
Bild 6:
Wie schön der Hamburger Hafen da in der Sonne liegt, während ich oberhalb entlang laufe in Richtung Landungsbrücken. Ich fühle mich super und freue mich dort, alle meine Freunde und Bekannten zu treffen.
Bild 7:
Guckt euch diese Menschenmassen an den Landungsbrücken an! Wahnsinn! Und alle, alle feuern die Läufer wunderbar an. Ich höre x -mal meinen Namen und lache vor Freude. Dann sehe ich meinen Bruder, dann Maike, die mir sagt, wo Inga steht. Als ich sie sehe, ist sie ganz aufgeregt, reicht mir ein Energy-Gel und ein Getränk, ich kann sie beruhigen, alles ist gut, es läuft!
Bild 8:
Der Tunnel in der Nähe des Bahnhofes. Einige Läufer fangen an, darin Stimmung zu machen, herunter zu zählen und dann sich selbst anzufeuern, weil es so schön hallt und weil hier zum ersten Mal keine Zuschauer sind, die dort nicht herein dürfen. Alle machen mit, die Stimmung ist ausgelassen.
Bild 9:
Kurz nach dem Tunnel. Wir kommen zum Jungfernstieg. Dort ist es brechend voll und super Stimmung! Ich sehe Matthias und Stefan, sie fotografieren und feuern mich an.
Bild 11:
Auf der Kennedybrücke: Seht ihr den Typen links auf dem Gehweg? Er geht mit nacktem Oberkörper, zeigt seine hübschen Bauchmuskeln, trägt eine Kette und eine Sonnenbrille, voll der Gangsta, ey! Der schöne Kerl beschimpft die Läufer und pöbelt herum: "Scheiß auf Altona! Wilhelmsburg ist das wahre Leben!" Ich denke: "Wenn du so schlau wie schön wärst, hättest du keine Sorgen."
Bild 12:
Entlang der Außenalster geht's mit etwas weniger Zuschauern. Mir geht es gut und ich freue mich, dass mein Bruder gleich einsteigen wird, um mich ein paar Kilometer zu begleiten, bevor der Liebste die zweite Hälfte mit mir läuft. Da! Da ist er schon, hurra!
Bild 13:
Da ist Björn, der jetzt bei km 18 oder so mit einsteigt. Ich bin froh, denn ich merke, dass es - obwohl es jetzt noch super läuft - nachher schwer werden könnte. Ganz ungewohnt fühlt sich meine Oberschenkelmuskulatur ziemlich verhärtet an. Hoffentlich gibt das kein Problem. Ich verkünde Björn, dass ich beschlossen habe, dass bis km 30 alles cool sein wird und halte mein Tempo weiter problemlos.
Bild 14:
Halbmarathon. Ich bin fast sekundengenau im Plan, super!
Bild 15:
km 23, mein Bruder steigt aus und wird kurz vor'm Ziel auf mich warten. Die Muskeln machen mir weiter Sorgen, das Tempo kann ich weiter halten.
Bild 16:
Ich überhole den zweiten von den beiden Typen, die für die Omas in Afrika laufen. Ich überhole jetzt, ca. bei km 26, immer noch so einige. Meine Beine fühlen sich aber mittlerweile echt nicht mehr so gut an. Scheiße! Gut, dass Björn da ist und mich motiviert.
Bild 17:
km 30. Noch 12. So viel wie drei Stadtwaldrunden zu Hause. Noch zwei, dann wird's einstellig. Ich nehme noch ein Gel, das dritte. Das Tempo habe ich bis hierher gehalten. Meine Beine schmerzen jetzt bei jedem Schritt, die Oberschenkelmuskulatur fühlt sich an wie kurz vor einem Krampf. Auch die Wadenmuskulatur beginnt nun Probleme zu machen. Ich reiße mich aber zusammen und halte das Tempo einigermaßen.
Bild 18:
Da bin ich etwa bei km 35. Es geht mir echt nicht gut. Mehrfach hat die Muskulatur zu krampfen begonnen, ich konnte aber immer weiterlaufen. Schneller geht im Moment nicht, obwohl ich echt versuche, das Tempo zu halten. Es gelingt mir nicht mehr ganz. Seht ihr, wie mich das frustriert? Ich hoffe aber noch, dass es mir gegen Ende gelingt, die Zeit wieder herauszuholen.
Bild 19:
Bei km 40 treffe ich noch mal Inga, meinen Bruder und die anderen. Es geht mir schlecht, ich kann mich kaum freuen, obwohl ich die ganzen Kilometer immer dachte: "Wann kommt Inga endlich?" Ich muss mich beeilen, ich will doch unbedingt unter 3:50 h bleiben!
Bild 20:
Ach du Scheiße, jetzt noch den Gorch-Fock-Wall hinauf. Jetzt ist es nur noch etwas mehr als ein Kilometer. Die Muskeln sind weiter ein Alptraum, ich kann die verlorene Zeit nicht heraus laufen und bin jetzt schon traurig, die Zeit so knapp zu verfehlen.
Bild 21:
Einbiegen auf die Zielgerade. Björn steigt aus und ich laufe über den roten Teppich zum Ziel. Ich bin heilfroh, als ich da bin und nicht mehr laufen muss. Richtig viel habe ich vom Zieleinlauf nicht mitbekommen, weil ich extrem im Arsch bin.
Bild 22:
Da hocke ich neben einem Mädel auf der Bank und ziehe mich um. Sie hat die 3:50 h knapp unterboten. Die Beine tun uns beiden weh. Den Italienern neben mir auch.
Bild 23:
Da humpele ich zufrieden neben meinem Bruder, Rudi und Björn zurück nach Hause zu meinem Bruder, der gleich um die Ecke im Schanzenviertel wohnt. Die Sonne scheint, Hamburg hat sich mal wieder von seiner schönsten Seite gezeigt, ich hatte einen sehr schönen Tag und bin nur ein wenig unzufrieden, die Zeit nicht erreicht zu haben, die ich mir vorgenommen hatte. Zufrieden bin ich, weil ich für meine Verhältnisse sehr, sehr gleichmäßig gelaufen bin (die zweite Hälfte ca. 3 Minuten langsamer als die erste) und weil ich wirklich nicht das Gefühl habe, dass es an meiner Motivation lag oder dass ich die 1:42 min habe "liegen lassen". Mehr haben die Beine heute nicht hergegeben. Ich kenne das eher nicht so, dass ich zu Krämpfen neige, aber ich denke, dass ich das beste draus gemacht habe.
Bild 24:
Hier seht ihr mich auf der Rückfahrt, hinten im Kastenwagen des Liebsten ausgestreckt und schlafend. Ein Liegendtransport hat was, nach einem Marathon...
So, und für die, die's interessiert hier noch die von mir gestoppten Zwischenzeiten:
km 1 - 5:31
km 2 - 5:16
km 3 - 5:34
km 4 - 5:16
km 5 - 5.30
km 6 - 5:18
km 7 - 5:24
km 8 - 5:25
km 9 - 5:21
km 10 - 5:21
km 11 - 5:15
km 12 - 5:33
km 13 - 5:28
km 14 - 5:29
km 15 - 5:31
km 16 - 5:21
km 17 - 5:20
km 18 - 5:29
km 19 - 5:25
km 20 - 5:27
km 21 - 5:24
km 22 - 5:32
km 23 - 5:22
km 24 - 5:20
km 25 - 5:28
km 26 - 5:26
km 27 - 5:15
km 28 - 5:30
km 29 - 5:19
km 30 - 5:34
km 31 - 5:32
km 32 - 5:28
km 33 - 5:30
km 34 - 5:26
km 35 - 5:36
km 36 - 5:30
km 37 und 38 - 11:23
km 39 - 5:48
km 40 - 5:53
km 41 - 5:48
km 42 - 5:45
der Rest: 1:13
Herausgekommen ist so eine 3:51,42 h. So schlecht ist das für mich nicht, ich bin ja keine Marathon-Leute. Es müsste meine drittschnellste, vielleicht sogar die zweitschnellste Zeit sein. Meine Bestzeit liegt ja auch nur bei 3:45 h. Die würde ich in diesem Herbst oder nächstem Frühjahr gerne unterbieten.