Mir ist kalt. Mir ist langweilig. Ich bin unzufrieden. Bäh... schlechte Laune!
Hatte ich euch schon mal verraten, dass ich ein launischer Mensch bin?
Schlechte Laune habe ich gerade, weil ich mich gerade nicht aufraffen kann, das Bett zu verlassen, in dem ich liege, obwohl ich hier auch friere. Müsste jetzt aber mit der Vespa zum Liebsten fahren und auf der ist es noch kälter.
Schlechte Laune machte mir schon heute Morgen das Gewicht: Wieder über 62 kg, nämlich 62,2 kg. Eben habe ich tapfer einen Salat statt eines Haufens Käsebrote gegessen, nur um danach die halbe Packung Salzstangen aufzuessen, die da herum standen.
Schlechte Laune machte mir in der Klinik, dass ich ca. eine Stunde Arbeit in den Schuldenkrempel von Herrn N. steckte, weil der kaum Deutsch kann und am Montag in die Therapie verlegt werden sollte, nur um dann festzustellen, dass er gestern Abend die Behandlung abgebrochen hat. Schlau, wer vorher mal im im Computer oder auf der Station nachguckt, wer überhaupt noch da ist, bevor er in co-abhängiger Weise einen Haufen Briefe für verschuldete Drogenabhängige schreibt...
Schlechte Laune hatte ich nach der Arbeit, weil ich endlich mal wieder zum Stall musste, wo ich die ganze Woche noch nicht war und worauf ich auch heute gut hätte verzichten können.
Schlechte Laune machte mir dann Silke am Stall, die mich veräppelte und behauptete, mein Pferd sei doch schon geputzt, mein Reitbeteiligungs-Ponymädchen sei doch gerade erst weg. Die kommt aber freitags nicht, sehr lustig.
Schlechte Laune machte mir dann, dass der Himmel tiefschwarz wurde, kaum dass ich auf'm Pferd saß.
Schlechte Laune machte mir dann der Zossen, weil er jeder Ecke Gespenster sah und hektisch war. Nervig auch die ganzen Drecks-Autos, die uns begegneten. Immerhin bin ich nicht nass geworden.
Oberschlechte Laune machte mir dann die Erkenntnis, dass Silke mich gar nicht veräppelt hatte, weil dann noch mehrere andere Leute sich verwundert zeigten, dass Pandor heute gleich zweimal geritten wurde. Danke, Annika, du kannst reiten, wann immer du willst, aber sag' mir doch bitte Bescheid, damit ich mir den Weg zum Stall sparen kann!
Schlechte Laune macht mir, dass ich noch drei Rechnungen bezahlen muss, obwohl ich eigentlich kein Geld dafür habe. Noch ärgerlicher, weil zwei davon unnötiger Shopping-Scheiß sind, von dem ich zumindest das eine nicht zurück schicken kann.
Endgültig schlechte Laune macht mir, dass ich morgen und übermorgen Frühdienst im Altenheim habe. Das ist doch echt ätzend, oder? Ich will ausschlafen, in Ruhe laufen gehen, frühstücken, auf den Markt gehen, mit dem rumänischen Schuhmacher flirten, baden, saunen, essen, lesen, Mittagsschlaf machen, um nur ein paar Gedanken zu nennen.
Naja. Sonst ist alles gut.
Und dann war ich gestern Abend noch bei einer Infoveranstaltung zum Thema orale MS Therapie. Ich hatte die (zugegebenermaßen nur vage) Hoffnung, ich könne in Zukunft auf die Spritzerei verzichten und statt dessen Tabletten schlucken. Werde ich aber nicht. Wie erwartet raten die Ärzte von einem Wechsel der Medikation ab, wenn die bisherige gut vertragen wird und wirksam ist. Ob sie wirksam ist, werde ich im Herbst bei den Kontroll-MRTs erfahren. Wenn sie nicht wirksam ist, wäre eher ein Wechsel in Richtung einer sogenannten Eskalationstherapie mit stärkeren Medikamenten (und mehr Nebenwirkungen) zu überlegen. Schübe habe ich ja allerdings bisher keine mehr gehabt, so dass man zudem noch überlegen müsste, welche Schlüsse man daraus zöge, wenn sich im MRT neue Entzündungsherde zeigen, die dann aber offenbar (bisher) keine Symptome machten.
Naja, ich bin ja optimistisch, dass alles gut ist.
Jedenfalls habe ich gestern einen Haufen Menschen dort angetroffen, denen es viel schlechter geht als mir. Einige hatten schon sichtbare Einschränkungen und viele berichteten von Problemen in der Therapie.
Ich bin dann auch vorzeitig abgehauen. Ich kam mir irgendwie zu gesund vor. Und freute mich hinterher des Lebens, mit dem Rad durch den lauen Abend zurück zu fahren und auf dem Weg noch Freund Rudi zu treffen.
Auch an FMMT dachte ich natürlich, weil die Ärzte der Neurologie des Essener Uni Klinikums eben so ganz klar und deutlich eine frühest mögliche Basistherapie mit Interferonen, Glatirameracetat (Copaxone) oder eben den neuen oralen Medikamenten empfehlen. Sie haben auch gestern noch mal ganz klar gesagt, dass ihrer Meinung und Erfahrung nach eine Behandlung heute auch schon nach einem ersten Schub angezeigt ist, wenn im MRT multiple Entzündungsherde sichtbar wurden. Bei mir ist es ja ganz genau dieselbe Situation wie bei dir, FMMT: Nur ein Schub bisher, wenn auch einigermaßen hartnäckig, aber eine große Anzahl Entzündungsherde, ältere und damals aktive.
Die Ärzte erklärten gestern, dass die Behandlung auf jeden Fall empfohlen werde, weil die Krankheit eben immer fortschreitet und durch die Basistherapie die Aktivität verringert werden kann, wenn auch nicht muss. Es sei klar erwiesen, dass eine früh begonnene Behandlung hilfreich ist und zu weniger starken Einschränkungen im Verlauf führt und dass sie eine Hirnartrophie verhindern kann.
Ach, Scheiße, ich wollte dich ja nicht mehr belabern. Sorry! Ich höre jetzt schon wieder damit auf. Du siehst: Ich denke an dich. Oft sogar und nicht nur auf MS Veranstaltungen.
So, jetzt mache ich Schluss, immerhin die Langeweile konnte ich mit dem Gequassel hier bekämpfen. Vielleicht ist auch meine Laune ein bisschen besser...
Danke für's Zuhören!
Viele Grüße
J., launisches Miststück.