Ich finde das Thema einer „Zukunftsreligion“ ebenfalls interessant und würde gerne mehr dazu lesen. Drei Fragen stellen sich mir spontan:
1. Was ist, wenn es zwei dieser Zukunfts-Religionen gibt, die sich widersprechen? Wie würde dieser Konflikt gelöst? Mit welchen Kriterien?
2. Wäre es zu erwarten, dass sich bestimmte Kern-Elemente mit der Zeit genau so entwickeln, wie in den antiken Religionen? (Blinder Glaube, Dogmatismus, Hierarchien, Streit um Auslegung, Ketzerei, Überhöhung bestimmter Personen zu Lasten anderer, usw.)
3. Auch eine Zukunfts-Religion wird irgendwann eine alte Religion sein. Für wahr gehaltene Inhalte werden widerlegt sein. Wäre die Religion davon abgekoppelt? Oder wäre sie nur ein kleines Schlauchboot an der Leine des Wissenschafts-Dampfers?
Du lieferst hier erneut keine Belege, sondern nur Deine persönliche Einschätzung. Dazu der Hinweis, über den Wahrheitsanspruch der Kirchen könnten wir bei Augustinus nachlesen.
Aus den zahlreichen Texten des Augustinus, von denen ich zwei nannte, kann wer sich dafür interessiert dessen Auffassungen darüber, was Religion, Glaube, Wahrheit, Wirklichkeit usw. seien, entnehmen. Was daran soll denn meine persönliche Einschätzung sein?
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Die meisten von uns werden wohl die Auffassung vertreten, die Kirchen beziehen sich auf das Leben und Wirken von Jesus als historische Tatsache.
Ich dachte, es solle um die Auffassung der Kirche selbst gehen, nicht um persönliche Auffassungen.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
... handelt, nicht um einen Mythos.
Das habe ich jedenfalls nicht behauptet.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ein alternativer Wahrheitsbegriff ist ja kein Pappenstiel, den man einfach so hin nimmt.
Das stimmt. In diesem Zusammenhang beklagte auch Ratzinger ständig die neuzeitliche Verkürzung des Vernunftbegriffs als Wurzel der Krise der gegenwärtigen Kultur und fordert eine Erweiterung desselben durch eine Anknüpfung an den der antiken und mittelalterlichen Philosophie. Man sollte das Ausmaß dieser Forderung auf keinen Fall zu gering einschätzen.
In diesem Zusammenhang beklagte auch Ratzinger ständig die neuzeitliche Verkürzung des Vernunftbegriffs als Wurzel der Krise der gegenwärtigen Kultur und fordert eine Erweiterung desselben durch eine Anknüpfung an den der antiken und mittelalterlichen Philosophie. Man sollte das Ausmaß dieser Forderung auf keinen Fall zu gering einschätzen.
Jetzt sind wird aber im 21. Jahrhundert, also Karten auf dem Tisch: Wieviele Wahrheiten und ihre "je unterschiedlichen" Quellen gibt es?
Wie weit reicht der entgrenzte Vernunftbegriff?
Müssen wir hinter Kant zurück ?
m.
P.S.: Vielleicht sieht man dann auch die "Krise der gegenwärtigen Kultur", ich bin da irgendwie verblendet, wenn ich uns mit MA und Antike vergleiche.
Aus den zahlreichen Texten des Augustinus, von denen ich zwei nannte, kann wer sich dafür interessiert dessen Auffassungen darüber, was Religion, Glaube, Wahrheit, Wirklichkeit usw. seien, entnehmen. Was daran soll denn meine persönliche Einschätzung sein?
Es ist insofern Deine persönliche Einschätzung, als dass Du Dich auf die Ansichten von Augustinus berufst. Unter den zahlreichen Meinungen über den Wahrheitsbegriff wählst Du die von Augustinus als maßgeblich aus. Die Meinungen anderer Denker haben für Dich weniger Gewicht.
Diese Gewichtung zugunsten von Augustinus ist Deine ganz persönliche Präferenz. Sie wird in der historisch-kritischen Bibelforschung nicht geteilt.
Augustinus sagte, dem Glauben gehe die rationale Prüfung der Glaubwürdigkeit voraus. Er war explizit der Meinung, dass niemand an etwas glauben werde, wenn er nicht zuvor eingesehen habe, dass es glaubwürdig ist (De praedestinatione sanctorum 2, 5).
Der Glaubensbegriff des Augustinus ist damit an die sinnlich erfahrbare Welt geknüpft, die einer rationalen Überprüfung zugänglich ist. Er verwendet keinen alternativen Wahrheitsbegriff, der es erlauben wurde, Fakten zu ignorieren.
(Freilich ignoriert er selbst fortwährend die Fakten. Denn er setzt die Existenz des christlichen Gottes und die Wahrheit der biblischen Texte stets einfach voraus. Sie sind nicht das Ergebnis seiner Überlegungen, sondern ihr Startpunkt. Die Fakten biegt er sich entsprechend zurecht.
Beispiel: In der Bibel werden zahlreiche Geschichten mehrfach erzählt. Seltsamerweise mit einander widersprechenden Fakten. Wie kann das sein, wenn Gott der Urheber dieser Texte sei? Augustinus zimmerte sich das zurecht, indem er Fakten verbog.)
Wieviele Wahrheiten und ihre "je unterschiedlichen" Quellen gibt es?
Das läßt sich, fürchte ich, auch im 21. Jahrhundert nicht mit wenigen Worten beantworten. Es ging ja aber nicht um meine persönlichen, sondern um die Ansichten der Kirche.
Zitat:
Zitat von merz
Wie weit reicht der entgrenzte Vernunftbegriff?
Müssen wir hinter Kant zurück ?
Er ist nicht entgrenzt, sondern erweitert und reicht nach Ratzingers Auffassung soweit, daß er den Glauben an den christl. Gott miteinschließt, wozu wir natürlich weit hinter Kant zurück müßten.
Unter den zahlreichen Meinungen über den Wahrheitsbegriff wählst Du die von Augustinus als maßgeblich aus. Die Meinungen anderer Denker haben für Dich weniger Gewicht.
Diese Gewichtung zugunsten von Augustinus ist Deine ganz persönliche Präferenz.
Ich wurde nach einem maßgeblichen Vertreter der Kirche gefragt. Der letzte Papst berief sich ausdrücklich auf Augustinus und dessen Ansichten. Mit meinen Präferenzen hat das nichts zu tun.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Augustinus sagte, dem Glauben gehe die rationale Prüfung der Glaubwürdigkeit voraus. Er war explizit der Meinung, dass niemand an etwas glauben werde, wenn er nicht zuvor eingesehen habe, dass es glaubwürdig ist (De praedestinatione sanctorum 2, 5).
Der Glaubensbegriff des Augustinus ist damit an die sinnlich erfahrbare Welt geknüpft, die einer rationalen Überprüfung zugänglich ist.
Erstens folgt aus der Forderung nach einer rationalen Prüfung keine Verknüpfung mit dem sinnlich Erfahrbaren. Zweitens ist selbst wenn eine solche Verknüpfung zugestanden wird noch nicht geklärt, welche Wichtigkeit im Vergleich zu Anderem es für den Glauben haben soll. (Ich fürchte, mit solch grob fahrlässigen Interpretationsversuchen kommen wir bei Augustinus nicht weit.)
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Er verwendet keinen alternativen Wahrheitsbegriff, der es erlauben wurde, Fakten zu ignorieren.
Ich wurde nach einem maßgeblichen Vertreter der Kirche gefragt.
Du wurdest gefragt, ob die Kirche offiziell den Standpunkt vertritt, dass man die Bibel und ihre Lehren nicht nach empirischen Maßstäben beurteilen könnte, und dass die dort gemachten Schilderungen nicht empirisch/weltlich zu verstehen wären. Ferner, dass der Versuch nicht statthaft wäre, die Schilderungen der Bibel empirisch zu untersuchen.
Dazu hast Du keinen Beleg gebracht. Dein vage gehaltener Verweis auf Augustinus gibt das nicht her, und obendrein ist es für die Frage nicht relevant, was irgendwer im Jahre 400 geschrieben hat. Entscheidend ist die aktuelle Lehrmeinung.
Das vage Zitat von Papst Benedikt steht dazu in keinem Zusammenhang; er meinte genau das Gegenteil von dem, was Du suggerierst. Er meint, dass die Lehre der Kirche wieder verbindlich sein müsste für das Hier und Jetzt, und dass man diese Lehren nicht abschwächen oder auf eine rein philosophische Ebene abschieben dürfe. Er besteht auf der wörtlichen und konkret gelebten Folgsamkeit im Alltag, also auf die Wirksamkeit des Glaubens im alltäglichen Leben.