Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen.
Ein Computer kann grafisch ein Gesicht erzeugen, das in jedem Model-Contest ganz weit nach vorne kommt. Fast alle Parameter sind frei bestimmbar, also Haarfarbe, Rasse, Alter etc. und der Computer sorgt dafür, dass ein für unseren Geschmack schönes Gesicht entsteht.
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag. Die besten davon kamen in einem Musikfestival in Santa Cruz zur Aufführung, das Publikum zeigte sich erschüttert ob der emotionalen Tiefe. Als man sie über die wahre Urheberschaft aufklärte, reagierten sie erbost. Der Computer lernte zudem die Stile von Rachmaninov, Stravinsky, Chopin, Beethoven, Vivaldi und Mahler. Der leitende Forscher, Prof. David Cope, verschaffte dem Computer einen Plattenvertrag. Das erste Album namens Classical Music Composed By Computer verkaufte sich gut (Amazon).
Menschen sind Algorithmen: Input -> Output. Es sind hochkomplexe Algorithmen, aber keine Wunder. Wir begegnen in der Ästhetik nur wieder unserem alten Mittelpunktswahn.
Können wir mit unserem Verstand alles erfassen? Eindeutig nein. Die Wirklichkeit der Welt endet nicht an der Grenzlinie unserer Erkenntnisfähigkeit.
Vermutlich stimmt das. Und ich weiß auch, was Du damit meinst. Aber die gleichen Worte, würden sie von einem TV-Pfarrer ausgesprochen, führen auch schnell auf eine falsche Fährte.
Das Besondere am Menschen ist nämlich, dass er Methoden gefunden hat, weit über das hinaus zu gehen, was er "einfach so" verstehen kann. Etwa dadurch, dass wir über Generationen hinweg auf die gleichen Formeln oder Phänomene starren, und das Puzzle über Jahrhunderte neu zusammensetzen, bis es endlich einen Sinn ergibt. Es reicht aus, wenn wir langsam verstehen, und Methoden haben, die Dinge in Zeitlupe zu betrachten, so dass unser Verstand eben doch ausreicht.
So dauerte es mehrere hundert Jahre, bis wir von Newton zu Einstein kamen; und die meisten von uns verstehen weder das eine noch das andere. Aber jeder von uns kapiert deren Theorien, wenn wir sie ganz langsam und mit anschaulichen Beispielen erklärt bekommen.
Wir können unsere Intelligenz bündeln, indem wir zusammenarbeiten. Wir können mit der Mathematik Dinge formulieren, die uns nicht anschaulich sind, oder die vor 13 Milliarden Jahren geschahen. Wir können Hypothesen testen und verwerfen.
Wo ist hier die Grenze? Niemand weiß das. Vielleicht gibt es eine Grenze. Aber wir haben bisher alle Grenzen eingerissen, die vor 200 Jahren noch als unumstößlich galten. Wir sind dabei auf neue Grenzen gestoßen, und die verlauste Wissenschaft arbeitet gerade daran, auch diese einzureißen.
Vielleicht ist unser Verstand, kombiniert mit klugen Methoden und viel Zeit, bereits ausreichend, um die Welt zu verstehen. Ich würde das jedenfalls nicht ausschließen.
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren. Als das System nach 7 Jahren fertig trainiert war, komponierte es 5000 Choräle an einem Nachmittag.
Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen.
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs ...
Menschen sind Algorithmen: Input -> Output. Es sind hochkomplexe Algorithmen, aber keine Wunder. Wir begegnen in der Ästhetik nur wieder unserem alten Mittelpunktswahn.
Beschreibe doch mal, wie Beethoven die wissenschaftliche Methode beim Komponieren seiner Musik angewendet haben soll!
Einen Stil technisch nachahmen können und einen Stil erfinden bzw. erweitern sind sehr verschiedene Dinge.
„Menschen sind Algorithmen“ ist genauso wissenschaftlich wie „Hinter der Wolke verbirgt sich Zeus“. Im Übrigen kommen die Algorithmen immer zu spät. Ihnen entgeht das (qualitativ) Neue, zu dem die Menschen gelegentlich fähig sind.
Natürlich können in der Wissenschaft neue Begriffe eingeführt werden. Diese müssen aber klar und deutlich sein. Man könnte etwa eine neue Naturkraft definieren und diese mit dem Wort Gott bezeichnen oder nach irgendwelchen sogenannten Gottesteilchen suchen. Nur wäre damit nichts gewonnen, denn der Nachweis, daß dieser neu eingeführte Begriff mit dem Gottesbegriff der Religionen identisch sei, bleibt aus und kann auch nicht gelingen, weil etwas Dunkles und Verworrenes nicht als identisch mit etwas Klarem und Deutlichem bestimmt werden kann.
Du schreibst, dass die beiden Systeme (Religion und Wissenschaft) niemals kompatibel sein werden, weil man nicht beweisen könne, dass beide Systeme das gleiche meinen, wenn sie das Wort "Gott" benutzen. Weiterhin, dass der Gottesbegriff in den Religionen undeutlich und unbestimmt wäre.
Aber ich könnte doch sofort eine Religion erfinden, die beide Unklarheiten ausräumt. Beispielsweise so:
1. Und Gott sprach zu Mose: "Siehe, alle Begriffe sind so gemeint wie in der Wissenschaft." Jehova!
2. Moses sagte: "Wer bist Du?" Und Gott antwortete: "Ich bin der, der ich bin". Jehova!
Hier haben wir also eine Religion, deren Begriffsbedeutung geklärt wurde, und in der auch Gott scharf definiert ist. (Er ist beispielsweise nicht das, was er nicht ist.)
Nummer 2 steht so in der Bibel. "Jahwe" bedeutet soviel wie "Ich bin der, der ich bin" oder "Ich bin der, als der ich mich erweisen werde".
Nummer 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass Gott nicht selbst zu den Menschen spricht, sondern sich Moses als Sprachrohr erwählt. Warum? Damit Moses in eben jenen Worten sprechen kann, die kompatibel sind zu den Worten der Menschen. Alle Gottesworte in der Bibel sind also so zu verstehen, wie wir Menschen auch alles andere verstehen.
Tatsächlich beruft Gott den Bruder des Mose, Aaron, damit dieser das Sprachrohr sei, denn Mose fühlt sich rhetorisch nicht begabt. Gott legt also ausdrücklich Wert darauf, dass er in verständlicher, menschlicher Sprache verkündet wird. Hier die entsprechende Passage der Bibel:
Mose aber sprach zu dem HERRN: Ach, mein Herr, ich bin von jeher nicht beredt gewesen, (...) denn ich hab eine schwere Sprache und eine schwere Zunge. (...)
14 Da wurde der HERR sehr zornig über Mose und sprach: Gibt es da nicht deinen Bruder Aaron, den Leviten? Ich weiß, dass er beredt ist. (...)
15 Du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen. Und ich will mit deinem und seinem Munde sein und euch lehren, was ihr tun sollt. 16 Und er soll für dich zum Volk reden; er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn Gott sein.
Daraus folgt, dass Gott in der christlichen Religion durchaus definiert ist; und dass die Worte so zu verstehen sind, wie wir auch alle anderen Worte verstehen.
Gott sagt ja ausdrücklich nicht: "Gehe hin und rede irgendein nebulöses Kauderwelsch, und gebe allen Worten eine unerfindliche Bedeutung, auf das alle Welt verwirrt sei. Jehova!".
Dieser Punkt müsste also geklärt sein, oder sehe ich das falsch?
Im Übrigen kommen die Algorithmen immer zu spät. Ihnen entgeht das (qualitativ) Neue, zu dem die Menschen gelegentlich fähig sind.
Schönheit entsteht z.B. aus Sympathie, Liebe, Mut, Kreativität, Zufriedenheit, Hoffnung, Enthusiasmus usw.. Bin gespannt wie der Algorithmus dazu aussieht.
Goldener Schnitt, Harmonielehre, Proportionen kleiner ganzer Zahlen in Musik und Architektur und so weiter dürften jedem als Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Ästhetik einfallen ...
Ein Computer kann grafisch ein Gesicht erzeugen ....
Man hat Computern beigebracht, Musik im Stile Johann Sebastian Bachs zu komponieren ...
Durch die Konstruktion von Robotern, welche Messen lesen, Predigten halten, Beichten abnehmen, Absolution erteilen, also die Anwendung wissenschaftlicher Methoden, würden doch die göttlichen Inhalte selbst keinen Jota mehr Gesetzmässigkeiten materieller Wirklichkeit enthalten wie vorher.
Beschreibe doch mal, wie Beethoven die wissenschaftliche Methode beim Komponieren seiner Musik angewendet haben soll!
Ich fürchte, das führt uns jetzt etwas sehr weit vom Thema weg. Beethoven bediente sich ganz bestimmter Mittel, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. So konstruierte er seine Werke, Note für Note, mit unzähligen Verbesserungen und Korrekturen.
Er begann wie jeder andere Komponist damit, sich auf eine bestimmte Grundtonart festzulegen, etwa c-moll, wegen des düsteren, schicksalhaften Klangs. Für einen hellen, sonnigen Klang hätte er vielleicht F-Dur gewählt. Hier hast Du bereit das Prinzip von Ursache und Wirkung, bevor auch nur eine einzige Note auf dem Papier steht. Durch die Wahl der Grundtonart wird bewusst eine ganz bestimmte Wirkung erzielt.
Danach skizziert er mit Feder und Tusche die wichtigsten melodischen Motive. Auch dieser Schritt ist nicht frei von Ursachen. Er lebte zur Zeit der Klassik und komponierte daher im klassischen Stil. Anschließend setzte er die Basslinie darunter, wobei er stets die Wirkung im Blick hatte. Geholfen hat ihm dabei die Harmonielehre; er verwendete eine temperierte Tonleiter, wie das damals üblich war. So konstruierte er seine Werke mühevoll zusammen, bis er fertig war.
"Wissenschaftlich" im Sinne von Ursache und Wirkung ist dabei die Lehre von den Harmonien. Auch dort, wo er sich in voller Absicht von ihr löste, um einen schönen Effekt zu erzielen. Beethoven hat ja nicht mit zurückgeworfenem Kopf und verdrehten Augen ein paar Noten auf das Notenpapier gekrizelt, und heraus kam ein Meisterwerk. Seine Werke sind Konstruktionen.
Du kennst ja wahrscheinlich die unsterbliche Filmszene, wie Mozart auf dem Sterbebett sein letztes Werk komponierte.
Zitat:
Zitat von Zarathustra
„Menschen sind Algorithmen“ ist genauso wissenschaftlich wie „Hinter der Wolke verbirgt sich Zeus“.
Menschen sind Algorithmen, na klar, wenn auch hochkomplexe! Beispielsweise kannst Du keinen Gedanken denken, für den Du keine Gehirnstruktur hast. Du bist nicht in der Lage, dich außerhalb des Reiz <-> Reaktionsmusters Deines Gehirns zu bewegen.