Nicht böse gemeint, aber ich denke die meisten Gläubigen können auf deinen Respekt getrost verzichten.
Das ist zweifellos richtig, aber gelegentlich wurde zumindest in diesem Thread um den Respekt gegenüber dem Glauben geworben. Ich meine, auch von Dir.
Zitat:
Zitat von Rälph
Was mich betrifft: Selbstverständlich suche ich nach Wahrheit und Wissen oder nennen wir es Erkenntnis, aber ich werde den Teufel tun hier über meine spirituellen Erlebnisse zu berichten.
Kann ich verstehen. Zumal man Dich zwangsläufig fragen wird, was Deine spirituellen Erlebnisse mit objektivem Wissen zu tun haben (genauso viel wie meine).
Die Anmerkungen, eine solche Diskussion führe zu nichts und sei bestenfalls erheiternd, empfinde ich als etwas von oben herab kommend; das Ziel muss ja nicht sein, dass jemand sagt "jetzt hast Du mich überzueugt, ab jetzt bin ich Deiner Meinung". Es reicht doch vielleicht aus, seine Meinung zur Dispostition zu stellen, Anstöße für das Denken zu erhalten - und möglichst zu geben. Ich finde gerade die Ansichten der Teilnehmer spannend, mit denen ich überhaupt nicht übereinstimme - weil ich versuchen will, die Standpunkte nachzuvollziehen.
Was ich noch immer nicht verstehe: wenn ich mir als Gläubiger aus der eigenen Religion nur mir passend erscheinende Teile aneigne, tue ich das doch nach einem Wertesystem, das ich über die Urtexte meiner Religion stelle. Welches Wertesystem ist das? Wenn man nun noch aus anderen Religionen Teile zu seinem Individualglauben hinzufügt, liegt doch auch dieser Auswahl wieder ein Wertesystem zugrunde, dass der Einzelne höher gewichtet als Religion. Kann man sich dann nicht gleich über diese zugrundeliegenen Werte unterhalten, darüber diskutieren, ohne zusätzlich die Institution einer Religion zu benutzen?
Ich sähe als möglichen Gewinn, dass sich Menschen vordringlich auf das Verbindende und nicht das Trennende konzentrieren könnten.
Das sehe ich auch so, waden! Wenn wir mit unseren Moralbegriffen entscheiden können, welche Texte aus der Bibel wir gutheißen und welche nicht, dann kann die Bibel nicht die Quelle unserer Moral sein.
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Daraus ergeben sich die Parallelen zu den religiösen Glaubenssystemen, die ebenfalls aus rein fiktiven Konzepten bestehen, wie zum Beispiel Sünde, Sündenvergebung, Paradies, Hölle, Jungfrauengeburt, Prüfung und Läuterung, und so weiter. Eine bekannte Parallele ist ferner die Vorstellung, ein Werkzeug der Vorsehung zu sein.
Fiktive Systeme sind aber nicht per se schlecht, sondern zunächst wertfrei. Moral ist eine fiktive Sache, Geld ebenso, außerdem Anstand etc. You know what I mean.
Natürlich handelt es sich beim Glaube an den Nationalismus, an völkische Ideen, an Rassentheorie, beim Glaube an Mehrheitsdemokratie usf. um ideologische Systeme oder um fiktive wie Du sie nennst und es ergeben sich Parallelen bzw. Analogien zu Religionen. Soweit ich mich erinnere, hast Du jedoch selbst Religionen von anderen Ideologien durch den Jenseits-Bezug abgegrenzt.
Zu der Beurteilung, dass "auch der zweite Weltkrieg ein von einem Glauben getriebener Krieg war, also religiöse Wurzeln hat", wendete ich ein, dass man bei Historikern dafür keine Belege findet, im Unterschied zum dreissigjährigen Krieg, wo die Frontlinien entlang der Religionsgrenzen katholisch / protestantisch verliefen. Im 2. Weltkrieg verbündeten sich hingegen auch ideologisch feindlich gesinnte Systeme gegen andere (Russland-Deutsches Reich, dann USA-Russland). Dabei spielten Ideologien natürlich eine Rolle, welche u.a. ein diesseitiges Reichs-/Paradiesversprechen beeinhalten, die aber z.B. jeder Papst aus religiöser Sicht regelmässig kritisiert.
Da alle Gesellschaften ihre Produktionsweise und gesellschaftlichen Verhältnisse in jeweils diesen materiellen Verhältnissen entsprechenden Ideologien mehr oder weniger verschlüsselt abbilden, ist es deswegen in meinen Augen sinnvoll und notwendig, die ideologischen Systeme auch differenziert ideologie- und herrschaftskritisch zu betrachten, was sie für den jeweiligen Fortschritt / Rückschritt zu einer bestimmten Zeit bringen statt alles abstrakt-idealistisch in den einen Topf zu werfen. So liessen sich auch die philosophischen Ideen der Aufklärung, des Sozialismus, des Neoliberalismus usf. mit religiösen Systemen abstrakt-idealistisch gleichsetzen, was aber weder zum konkreten Verständnis der Rolle der Aufklärung noch der der Religionen beitrüge.
Was ich noch immer nicht verstehe: wenn ich mir als Gläubiger aus der eigenen Religion nur mir passend erscheinende Teile aneigne, tue ich das doch nach einem Wertesystem, das ich über die Urtexte meiner Religion stelle. Welches Wertesystem ist das?
Ich maße mir gar nicht an, als Gläubiger alle Texte zu kennen. Aber selbstverständlich sprechen einen jeden Menschen unterschiedliche Texte, Bilder, Gleichnisse unterschiedlich an. Das Wertesystem steht nicht über oder unter den Texten sondern resultiert aus deren Inhalten und ist immanent.
Das mag sein, keko#, aber wie unterscheidest Du Deine Überzeugungen von einem Hirngespinst? Es kann Dir doch selbst nicht genug sein, zuzugeben, dass Dich diese Frage nicht juckt.
Edit: Nur damit ich Dich nicht falsch verstehe: Könntest Du mir ein Beispiel nennen für eine erwähnenswerte Erkenntnis, die jemand mit dieser (Deiner) Methode gewonnen hat? Die mir bekannten Personen, die wirklich etwas wissen, sind ganz normale Wissenschaftler.
An eine Religion gehe ich nicht wissenschaftlich ran und suche nach Wahrheit, das ist in meinen Augen nicht nötig. Allein dass ich an die Religion glaube, genügt ihr schon. Ich glaube an sie, verspühre dadurch Auswirkungen und fertig! Es ist für mich nicht mal entscheidend, ob Jesus wirklich gelebt hat oder nicht. Wahrheit i.S.v. wahr oder nicht wahr suche ich bestenfalls in der Mathematik, bekanntlich die Königin der Wissenschaften. Dort baue ich mir von ganz unten eine Konstrukt auf und kann z.B. entscheiden, ob 4<5 wahr ist oder der Kreis rund ist, dy/dx = dy/du * du/dx ist, wenn ich das vorher alles sauber definiert habe. Ausserhalb dessen (streng genommen nur innerhalb der Zahlentheorie) tu ich mir mit Wahrheit sehr schwer. Das ist in meinen Augen meistens Klimbim.