Gibt es Beispiele für biblische Aussagen, ... , die besonders schwer zu interpretieren sind?
Zitat:
Zitat von Zarathustra
Beispielsweise die zahlreichen Geschichten mit Gewaltdarstellungen aus dem Alten Testament, die hier so gerne zitiert werden.
Du sagst, dass die "zahlreichen Geschichten mit Gewaltdarstellungen aus dem Alten Testament" besonders schwer zu interpretieren sind.
Dagegen hätte ich zwei Einwände.
Erstens, die Gewaltdarstellungen im AT sind stets gut begründet und aus dem Kontext der Schilderung völlig plausibel: Es sind entweder Strafen oder Landeroberungen. Hier gibt es keine Interpretationsprobleme. Die Bibel selbst interpretiert und erläutert diese Schilderungen. Es ist klar und einfach zu verstehen.
Anderes sieht es bei den angeblichen Liebestaten aus, etwa der Opferung von Jesus zum Wohle der Menschheit. Es erschließt sich aus keinem der "Bünde", die Jaweh mit dem Volk Israel geschlossen hat. Es ist daher für die Israelis völlig nebulös und deswegen erklärungsbedürftig. Paulus, der diese Erlösung-Idee überhaupt in die Welt brachte, beschwerte sich darüber, dass er von den griechischen Juden (die damals die Mehrheit der Juden bildeten) ausgelacht und verspottet wurde, weil es so absurd war.
Es ist also nicht zutreffend, dass die Liebestaten völlig logisch, die Gewalttaten jedoch nebulös wären. Das Gegenteil ist der Fall.
Zweitens, der ganze Konflikt zwischen Liebestaten und Gewalttaten entspringt einem Fehlschluss. Der Fehlschluss besteht in einer falschen Grundannahme, die darin besteht, es handele sich um einen liebenden (allgütigen) Gott. Nur weil dies stur vorausgesetzt wird, erscheint die Gewalt als unpassend.
Hier wird aber bereits vorausgesetzt, was eigentlich erst bewiesen werden sollte. Die Frage ist, ob wir in der Bibel einen allgütigen Gott finden. Das ist nicht der Fall. Sondern in der Bibel ist Gott (Jahwe) ein bösartiger Dämon. Und dazu passen seine Gewalttaten einwandfrei. Problem gelöst!
Immerhin verstehe ich jetzt, wie Du das Wort Erkenntnis verwendest. Billigst Du jeder anderen Glaubensrichtung der Vergangenheit und Gegenwart die gleiche Methode zur Erkenntnis zu?
Das ist nicht unbedingt eine Methode der Erkenntnis. Wie an anderer Stelle bereits angedeutet, liefern die religiösen Sätze soetwas wie einen Rahmen, in dem die Welt zu betrachten ist, und müssen zusammengenommen werden, nicht einzeln.
Daß andere Religionen der Wahrheit nahe kommen können, halte ich nicht für ausgeschlossen.
Wenn es um Wissen ginge und wir nichts Besseres hätten, müßten wir uns vielleicht mit Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben. In der Religion geht es aber, wie ich schon sagte, um das Glauben und dafür spielen diese keine (entscheidende) Rolle.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
...Wir wissen also nicht sicher, was Jesus sagte und meinte, sondern nur, was er möglicherweise sagte und wollte.
Das gilt noch weit mehr für die Schöpfungsmythen, in denen wir die Behauptung vorfinden, Gott habe die Welt geschaffen. Du kannst nicht sicher wissen, was damit gemeint ist. Sondern nur, was möglicherweise damit gemeint gewesen sein könnte, als das vor mehreren tausend Jahren tradiert wurde. Du kannst noch nicht einmal sicher wissen, ob die Worte "Gott" und "Welt" damals dieselbe Bedeutung hatten wie heute.
Zum Glauben reicht die Sicherheit. Der Text steht ja außerdem nicht allein, sondern wird von einer langen Auslegungstradition begleitet, die über genügend Kontinuität verfügt. Zudem scheinst Du die zweite Quelle der christl. Religion neben der Offenbarung ganz zu vergessen: die Vernunft. Darüber handelt z. B. die philosophische Disziplin mit dem Namen 'Natürliche Theologie'.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Vor diesem Hintergrund darf ich doch auch mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. ...
Klar kannst Du mit subjektiven(!) Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Du willst eben nichts ohne Beweise glauben.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ich will diese Reibungen hier nur andeuten. Gewiss ist es möglich, dass die Welt erschaffen wurde, und wir der Täuschung unterliegen, sie verhalte sich in allen Details exakt so, als habe sie sich ohne einen christlichen Schöpfergott entwickelt. Gewiss kann man das glauben. Aber ist das heute noch glaubwürdig?
Schön, daß Du die Möglichkeit zugestehst! Woran entscheidet sich Deiner Meinung nach die Glaubwürdigkeit? Und was hätte sich Deiner Meinung nach mit einem christl. Schöpfergott anders entwickelt? Wie denn? Und warum so?
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Darf ich noch kurz nachfragen, wie das Wort "für" genau gemeint ist? Wofür genau ist Jesus gestorben?
Dein Zitat bezieht sich auf den Hinweis von Arne, dass man nicht sicher wissen könne, was Jesus gesagt oder gemeint hat. Du schreibst nun, dass die vorhandene Sicherheit ausreichen würde.
Ich würde gerne darlegen, warum die Sicherheit nur bei "Null" angesiedelt werden kann. Es ist prinzipiell nicht möglich, zu wissen oder auch nur zu ahnen, was Jesus sagte oder wollte.
Ein kurzes Beispiel aus der Bibel:
Jesus sagt in einem der vier Evangelien angeblich, dass nur die Armen ins Himmelreich kämen. Jeder kennt den Ausspruch, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr schlüpfe als dass ein Reicher ins Himmelreich gelange. Nur die Armen kommen rein. Alles klar. Doch der Autor eines anderen Evangeliums erzählt die gleiche Geschichte, wandelt jedoch ein Wort ab und macht aus "den Armen" lediglich "Arme im Geiste". Damit sind nicht unbedingt dumme Leute gemeint (wer weiß?), sondern ehrliche Gemüter, jedenfalls keine Winkeladvokaten oder Ausbeuter.
Welche Version trifft zu? Kommen nun Arme, Reiche, Dumme oder Ehrliche ins Himmelreich? Wem wird es verwehrt? Eben noch kamen Reiche nicht in den Himmel, und nun schaffen sie es. Das eine ist das Gegenteil vom anderen. Was gilt?
Was wäre, wenn ich Dir ein Evangelium zeige, in dem diese Passage komplett fehlt, jedoch alle Geschichten vor und nach diesem Zitat enthalten wären, sodass die Lücke offensichtlich ist? Ist diese Version dann die richtige? Und die anderen haben es später eingefügt und wiederum später erneut verändert?
Du hast keine Möglichkeit, herauszufinden, was Jesus wirklich gesagt hat, oder ob Jesus überhaupt etwas zu diesem Thema gesagt hat. Deine behauptete Sicherheit, die angeblich groß genug sein soll, ist bei genauer Betrachtung der Quellen exakt Null.
wird von einer langen Auslegungstradition begleitet, die über genügend Kontinuität verfügt
Das ist nicht zutreffend. Die Auslegungstradition ist völlig widersprüchlich. Von Kontinuität kann keine Rede sein.
Nehmen wir ein ganz besonders einfaches Beispiel: Die Erhöhung von Jesus Christus.
Wie man bereits auf der ersten Seite des Markus-Evangeliums lesen kann, wird Jesus nach der Taufe von "Johannes dem Täufer" vom Heiligen Geist erhöht. Vom Himmel ertönt eine Stimme, die Jesus als den Sohn Gottes anerkennt.
"Und es begab sich zu der Zeit, dass Jesus aus Nazareth in Galiläa kam und ließ sich taufen von Johannes im Jordan. Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihn. Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen."
Jesus ist also nicht von Anfang an göttlich, sondern er wird erhöht. Das war ein bekannter Vorgang in verschiedenen Kulturen und Religionen.
Wann genau wird Jesus erhöht? Die Auslegung der Evangelien favorisiert laufend ein anderes Szenario:
- Erhöhung seit der Auferstehung (also am Ende seines Lebens)
- Erhöhung seit der Taufe (also früher)
- Erhöhung seit der Empfängnis/Geburt (also noch früher)
- Erhöhung seit Ewigkeit (am frühesten)
Auf dem berühmten Konzil von Nizäa wird Jesus schließlich nicht mehr als eigene Person gesehen, sondern als Einheit mit Gott definiert. Gleichzeitig wird festgelegt, er habe von Beginn der Zeit an existiert, also am aller-frühesten. Früher geht's nicht mehr.
Doch, es geht: Die heutige Auslegung ist, dass Gott/Jesus sogar jenseits der Zeit anzusiedeln sei. Erst kam Jesus/Gott, dann die Zeit. Jehova!
Daran kann man sehen, dass die schriftliche als auch die kirchliche Tradition ganz wesentliche Elemente (wer ist Jesus?) immer wieder entscheidend verändert hat: Vom besonderen Prediger zum außerirdischen Mr.-Spock-Superhero.
Dies ist nur eines von vielen, vielen Beispielen. Es ist nicht zutreffend, dass die Auslegungstradition einheitlich und über lange Zeit einig gewesen wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Nenne mir eine wesentliche Eigenschaft von Jesus, und ich zeige Dir ein Hauen und Stechen über genau diesen Sachverhalt.
Wie legen heutige Christen die Frage der Gleichberechtigung Mann/Frau aus? Katholiken lehnen Frauen als Priester ab, Protestanten befürworten es (in anderen Ländern lehnen sie es ab). Wie legen die besten heute verfügbaren Theologen das Verbot der Homosexualität aus? Katholiken in Deutschland: keine Heirat. Protestanten in Deutschland: Heirat in bestimmten Diözesen, in anderen nicht. Ist der heute lebende Papst die höchste Autorität oder nicht? Katholiken bejahen es, Protestanten verneinen es. Gibt es Heilige? Katholiken: Ja. Protestanten: Nein.
Schön, daß Du die Möglichkeit zugestehst! Woran entscheidet sich Deiner Meinung nach die Glaubwürdigkeit? Und was hätte sich Deiner Meinung nach mit einem christl. Schöpfergott anders entwickelt? Wie denn? Und warum so?
Zuerst möchte ich sagen, dass Du da schon eine diskussionswürdige Position beziehst, wenn Du die gesamte für uns empirisch erkennbare Welt nicht als Argument für oder gegen die Schöpfungshypothese gelten lässt. Du stellst das christliche Dogma gegen das naturwissenschaftliche Dogma und siehst eine Patt-Situation. Beide können ihre letzten Grundannahmen nicht philosophisch blitzsauber beweisen.
Ich komme später auf dieses Argument zurück, denn es enthält aus meiner Sicht den Fehler, zwei Hypothesen, die beide nicht beweisbar sind, für gleich wahrscheinlich zu halten. Wenn ich behaupte, unter meinem Haus leben unsichtbare grüne Feen, kann ich das genauso wenig beweisen wie das Gegenteil. Beide Möglichkeiten sind aber dadurch nicht gleich wahrscheinlich.
Lassen wir die gesamte empirisch erkennbare Welt als Argument für oder gegen die Schöpfungshypothese (die Welt sei von einem allmächtigen, allwissenden und allgütigen Wesen erschaffen worden) weg, dann bleiben die biblischen Aussagen über diesen Gott übrig. Diese widersprechen sich jedoch untereinander eklatant. Jörns Darstellung dieser Unstimmigkeiten hat aus meiner Sicht als Argument ein erhebliches Gewicht. Die Bibel trägt sämtliche Merkmale einer erfundenen Geschichte. Da Du nicht nur von Glauben, sondern auch von Glaubwürdigkeit sprichst, müsstest Du Dich in meinen Augen diesem Argument stellen.
Wenn es um Wissen ginge und wir nichts Besseres hätten, müßten wir uns vielleicht mit Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben. In der Religion geht es aber, wie ich schon sagte, um das Glauben und dafür spielen diese keine (entscheidende) Rolle.
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Das sehe ich vollkommen anders, weil die Menschen quasi jeden Tag in der Praxis zwischen Wissen und Glauben entscheiden, wobei bei diesen alltäglichen Entscheidungen die Wahrscheinlichkeiten für die Zuordnung von Ereignissen zu Wissem oder Glauben die alles entscheidende Rolle spielen. Z.B. ob ein erkrankter Mensch sich durch den Arzt, den Gott in Weiss, behandeln lässt oder stattdessen bevorzugt einen imaginierten Herrscher über sein Leben um Gesundung bittet.
(So musste ich mal einen Vater überzeugen, seinen an Epilepsie erkrankten kleinen Sohn mit Medikamenten zu behandeln, weil der Vater meinte, man dürfe den guten Geist in seinem Sohn nicht daran hindern, aus seinem Sohn bei den Anfällen zu den Menschen zu sprechen, und glaubte, so wie der Geist hineinkam würde jener den Sohn auch wieder verlassen, wenn man ihn denn liesse.)
Oder eine andere bekanntere Erzählung zum Thema Glaube/Wissen: Die Menschen wissen aus Erfahrung, dass sie auf Wasser nicht laufen können und ohne zu schwimmen, ertrinken. Also muss eine Person, die auf Wasser läuft, über mehr als menschliche Fähigkeiten / Kräfte verfügen. Für den Glauben an übermenschliche Fähigkeiten braucht es das Wissen um die Fähigkeiten der Menschen.
Das fällt dir jetzt nach über 1.700 Seiten ein?? Finde das ehrlich mehr als kindisch. Immer wenn’s darum geht, das bessere Argument zu liefern, wird sich schnell weggeduckt. Merkst du das eigentlich nicht?
Hi anlot!!! Wenn du kurz nachdenkst, wird dir einfallen, dass dein Vorwurf seit Monaten kommt. Entsprechend ducke ich mich seit Monaten weg und bin kindisch ;-)
Ich würde mich verheben, wollte ich versuchen, den offiziellen Glauben der Institution Kirche darzustellen. Ganz zu schweigen von den Milliarden, die mehr oder weniger stark in anderen Glaubensrichtungen verankert sind.
Ich wünsche dir einen friedlichen Tag ;-)