Ein Kind verläuft sich im Wald. Es bekommt Angst. Da erinnert es sich daran, dass es einen Gott gibt, welche bei ihm ist. Es fühlt sich nun wieder stärker und sicherer und geht mutig seinen Weg durch den Wald bis es wieder in bekanntem Gebiet ist.
Es kommt aber nicht auf die (seltsame) Idee, dass Gott ihn prüfen will.
Ergo: Trost ohne Verdammung. Auch so was soll es geben.
Was stimmt jetzt?
Und wenn das Kind im blinden Gottvertrauen immer weiter in die falsche Richtung läuft, bis es unauffindbar ist?
Würdest Du ein Outing von der Meinung der (katholischen) Kirche abhängig machen, solange das geltende Recht ein anderes ist?
Drehen wir es um: die Kirche würde Homosexualität ausdrücklich gut heißen, der Staat es unter Strafe stellen. Würde das ein Outing fördern?
Das Problem ist nicht die Homosexualität -- diese spielt kaum eine Rolle. Auch die Paragrafen spielen kaum eine Rolle (was Outing angeht). Eine Rolle spielt die gesellschaftliche Bewertung. Es geht darum, welches Feedback auf ein Outing zu erwarten ist. Wie wird man von seinen Mitmenschen angesehen?
Darauf hatten die Kirchen einen ganz erheblichen Einfluss. So sehr, dass eine Gegenrede überhaupt nicht möglich war. Die Kirchen haben die Debatte bzw. die Einordnung komplett bestimmt. Erst in den letzten paar Jahren hat sich das geändert. Die Situation hat sich in genau dem Maße geändert, wie die Kirchen die frühere Hoheit zu diesem Thema verloren haben.
Homosexualität ist ein religiöses Hirngespinst. Ansonsten ist es ebenso bedeutungslos wie die Aussage: "Ich steh' auf Blonde".
Zitat:
Zitat von Anja
Ich kenne persönlich keinen Schwulen oder keine Lesbe, die ihr Outing von der Meinung der Kirche abhängig machte.
Das scheint nur so. Denn warum gibt es überhaupt ein Outing? Woher kommt die Hürde, die es beim Outing zu überspringen gilt? Wer hat sie errichtet?
Dass die Schwulen/Lesben, die Du kennst, sich von der Kirche und ihren Anhängern losgelöst haben, ist das Ergebnis einer persönlichen Kraftanstrengung. Man muss die Kraft aufbringen, einen signifikanten Teil seiner Mitmenschen zu ignorieren. Wer weiß? Vielleicht entpuppt sich ausgerechnet Dein Trainingskumpel als jemand, der die Dinge "differenziert sieht"? *hüstel* Dafür gewappnet zu sein, erfordert eine charakterliche Stärke, die man sich erstmal aneignen muss.
Du sagst, wir sollten es mal umdrehen. Einverstanden, drehen wir es um. Warum sind nicht die Kirchen jener Ort, wo es Homosexuellen ganz besonders leicht fällt, mit ihrem ganzen Mensch-Sein angenommen zu werden?
Zitat:
Zitat von Anja
Ich weiß es nicht, versuche nur gerade den Gedanken weiterzudenken wie frei oder unfrei ein Leben ohne religiöse Normen wäre.
Ich schlage vor, dass Normen vernünftig begründet, logisch nachvollziehbar, für alle gleichermaßen fair und jederzeit neu verhandelbar sein müssen. Sie müssen unserem besten Wissen entsprechen, anstatt dieses zu ignorieren.
Der angebliche Trost ist Betrug, eine Luftnummer. Nicht derjenige spendet den meisten Trost, der am besten lügt, sondern derjenige, der sich dem tatsächlichen Geschehen stellt und damit umgeht.
Der, der damit am besten umgeht, spendet den meisten Trost?
"Ihr Mann ist tot, der wird jetzt verfaulen und sie sind allein und werden ihn auch nie wiedersehen. Schauen Sie, meiner ist auch tot, ich leb weiter."
Vielleicht gibt es Menschen, die der Gedanke, daß der Verstorbene jetzt im Himmel ist, tröstet, daß der Gedanke, daß man sich wieder sieht - irgendwann, irgendwo - die Kraft zum weiterlebe gibt oder auch das Gehen irgendwann erleichtert. Mein Opa war nie gläubig, obwohl er natürlich getauft war. Aber irgendwann sagte er "ich will zu Oma" - und da dachte er sicher nicht daran, daß er neben ihrem sicher schon verwesten Körper liegen will.
Magisches Denken mag etwas kindliches sein, aber ob ich in Verona einen Brief an Julia schreibe oder in der Kirche in der Nähe ein Kerze anzünden oder der verstorbenen Oma zu sagen "paß auf mich auf, Du hast jetzt Zeit dafür" hat die gleiche "Garantie" auf Erfolg. Aber warum nicht Dinge tun, die irgendwie was schönes Versprechen auch ohne wissenschaftlichen Erfolg. Eine positive Grundstimmung verändert auch den Körper und hat damit Auswirkungen auf Wirkung, auf Handeln und auf körperliche Prozesse. Und wenn es nicht bewirkt hat, ist es auch nichts schlimmes passiert.
Ich fände es furchtbar, wenn jemand medizinische Hilfe ablehnen würde, weil die Krankheit halt von Gott gewollt wäre und man dann nicht eingreifen darf. Aber warum nicht noch eine Kerze anzünden, wenn es sich grad anbietet? Schaden kann es ja nicht.
Nach dem Tod ist nichts mehr? Sicher? Es ist meines Erachtens genauso wenig bewiesen, daß es kein Leben nach dem Tod in irgendeiner Form gibt oder keine Wiedergeburt wie es bewiesen ist, daß es das alles nicht gibt.
Der meiste Trost dient ja primär dem Tröster, weniger dem, der gerade leidet. - Unabhängig ob den Trost ein Mitarbeiter der Kirche spendet oder ein anderer.
Hilft es einem verunglückten Freund, wenn man ihm sagt, daß wir denken, daß er wohl nicht mehr gesund wird oder hilft es mehr die Hoffnung auf Heilung aufrecht zu erhalten, um damit auch seine Heilungskräfte zu aktivieren?
Ich hab dieses Jahr für den Bund katholischer Frauen gearbeitet - Kirche spielte da keinerlei Rolle, wir beschäftigten uns mit völlig weltlichen, teils politischen Themen. Diese Frauen verbringen einfach gerne Zeit miteinader und die Basis ist wohl, daß sie alles katholisch und Frauen sind. Ich glaub nicht, daß es da eine als Prüfung Gottes ansieht, wenn sie ihre Arbeit verliert, aber sie findet in der Gemeinschaft vielleicht Halt und Unterstützung, wie andere in einem anderen "Verein".
Ich habe ja schon öfter einen amerikanischen Prediger zitiert, der sagt: "If you want to sell them salvation, you first have to sell them damnation." (Deutsch: Bevor man ihnen Rettung einreden kann, muss man ihnen zuerst Verdammung einreden.)
Weil ich vor kurzem live dabei war, nutze ich die Gelegenheit, dies zu bestätigen. Obwohl ich seit vielen Jahren Heide bin, habe ich einen evangelischen Patensohn. Der wurde vor einigen Wochen konfirmiert und ich war natürlich dabei und habe mir sogar das Abendmahl reingehauen.
Das war übrigens in diesem Fall keine Oblate, sondern eher ein "Nugget".
Ich hatte vorher schon lange keinen Gottesdienst besucht, deswegen fand ich es beeindruckend, wie man heutzutage die Jugend multimedial und eventorientiert bearbeitet. Als ich vor 40 Jahren noch ein katholischer Bub war, ging es sehr stier zu. Mittlerweile sehe ich das fast als Vorteil, weil mir dadurch doch die Birne nicht so ganz weichgekocht wurde wie dies vielleicht der Fall gewesen wäre, wenn es immer nur coole Betreuer, Party und geile Erlebnisse gegeben hätte.
Sei's drum. Worauf ich eigentlich hinaus will, ist die Predigt, die sich über zwei Tage verteilt in epischer Breite mit den Verfehlungen des verlorenen Sohnes und dessen der Scholle verbundenen Bruders befasste. Der eine ein Hurenbock und Verschwender, der andere einer, der "in seinem Leben noch nie einen Pornofilm gesehen hat" [sic!].
Nach Gottes Maßstäben sind beide beschissene Typen aber wenn sie denn eines Tages wieder angekrochen kommen, so begegnet ihnen Gott trotzdem mit "Erbarmen und Freude". Ich fand die Geschichte, so wie sie erzählt wurde, nicht erbauend sondern bedrückend. Nur durch die Gnade Gottes erhält der Mensch einen Wert, ohne Gott ist er ein bedeutungsloser Wurm. Und etwas richtig machen kann er sowieso nicht. Für mich war das keine positive Botschaft.
Insgeheim habe ich meinem Patenkind gewünscht - und so clever wie der Bursche ist, habe ich kaum Zweifel daran - dass er als Erwachsener sich gerne an die schönen Erlebnisse erinnert aber sich sein eigenes Wertesystem erarbeitet, dessen Kern nicht aus Sünde und Schuld besteht.
Denn warum gibt es überhaupt ein Outing? Woher kommt die Hürde, die es beim Outing zu überspringen gilt? Wer hat sie errichtet?
Ich kenne psychopathologische Literatur, in der Homosexualität noch aufgeführt ist. Einfluß der Kirche?
Warum ist Homoxexualität ein "Problem" in Ländern, in denen die Kirche keine Rolle spielte? War es in der DDR leichter offen homosexuell zu leben? Ich weiß es nicht.
Warum braucht es ein Outing: in meinen Augen braucht es das nicht. Die Mehrheit der Gesellschaft ist nach aktuellem Erkenntnisstand nicht homosexuell, also ist dieses Bekenntnis zu "ich gehöre zur Minderheit" ein Outing. Letzendlich ist jedes offene Bekenntnis zu einem Partner ein "Outing". Jedes sichtbar mit schwangerem Bauch in die Öffentlichkeit gehen ist das Zeichen "ja ich hatte Sex". Das eine Bekenntnis wird halt vermeintlich als normaler oder selbstverständlicher betrachtet - zumindest von manchen.
Mir ist das üblicherweise so egal, daß es mich einfach nicht interessiert, ob mein Gegenüber eher auf Frauen oder eher auf Männer steht bzw. ob er oder sie lieber mit dem einen oder dem anderen Geschlecht Sex hat. Warum muß das überhaupt Thema sein? Wir haben 2018 und es wird einfach Zeit, daß jeder so leben kann wie er glücklich ist. Meiner Theorie sind eh viel mehr Menschen homesexuell sind als es gelebt wird und noch viel mehr Bi. Aber mit der Theorie verschrecke ich regelmäßig Kollegen. Der öffentliche Dienst ist da noch nicht ganz so weit
Und daß "die Kirche" sich diesem Thema nicht komplett verschließ zeigen eben Personen, die sich genau aus diesem Kontext zu Arbeitsgruppen zusammeschließen. Würden Gläubige das ausschließen oder sich nicht bekennen würde es ja nicht innerhalb der Kirche solche Gruppen gerade unter diesem Titel geben.
"Ihr Mann ist tot, der wird jetzt verfaulen und sie sind allein und werden ihn auch nie wiedersehen. Schauen Sie, meiner ist auch tot, ich leb weiter."
Was hat das mit Trost zu tun? Du müsstest schon ein "atheistisches Beispiel" bringen, das mit Trost zu tun hat. Herzlose Aussagen sind herzlos, aber nicht atheistisch. Da bist Du wohl auf religiöse Propaganda reingefallen.
Trost ist nicht nur dann tröstlich, wenn er aus einem Märchenbuch stammt. Trost und Wahrheit können sich decken. Wenn Trost nicht wahr ist, kommt das Thema nie zur Ruhe. Es bleibt immer ein Zweifel, ein Stachel.
Beispielsweise ist meine Mutter vor einigen Jahren gestorben, und ich war überrascht, wie sehr mich das mitgenommen hat (es ging eine längere Krankheit voraus, war also nicht völlig überraschend). Definitiv brauchte ich Trost, und auch über längere Zeit. Ich fand das alles furchtbar ungerecht.
Kein Atheist hat mich besserwisserisch belehrt, dass die Natur weder gerecht noch ungerecht wäre, denn das ist überhaupt nicht der Punkt. Ich musste einen Weg finden, um ein Einvernehmen mit "dem Schicksal" herzustellen, sodass die Dinge zur Ruhe kommen und abgeschlossen werden können. Die Tatsachen einfach zu leugnen, ist keine Lösung.
Eben das macht doch die Trauerarbeit aus: Dass man sich mit den Tatsachen, so schwer sie auch sein mögen, in Frieden arrangiert. Vielleicht nicht sofort, aber allmählich.
Nach dem Tod ist nichts mehr? Sicher? Es ist meines Erachtens genauso wenig bewiesen, daß es kein Leben nach dem Tod in irgendeiner Form gibt oder keine Wiedergeburt wie es bewiesen ist, daß es das alles nicht gibt.
Das ist so sicher, wie man sich überhaupt sicher sein kann.
Die Kirchen stellen es so dar, als wäre es unbewiesen, womöglich unbeweisbar, und niemand könne die Lehren der Kirchen widerlegen. Aber das ist nicht zutreffend.
Leben ist eine Eigenschaft von Materie. Wir wissen exakt, wie sich irdische Materie verhält, und warum. Wir wissen, welche Voraussetzungen das Leben hat, nämlich Stoffwechsel. Wir wissen, warum eine Entropie (ein Zerfall) niemals rückgängig gemacht werden kann.
Die Idee einer Seele, die von der Materie getrennt ist, stammt aus einer vorwissenschaftlichen Zeit, zu der die Eigenschaften der Materie nicht bekannt waren. Es waren Spekulationen, die von den Kirchen heute als "Wissen" ausgegeben werden, obwohl sich die damaligen griechischen Philosophen heute vermutlich empören würden, dass es so hingedreht wird. Heute wissen wir, dass Leben eine Eigenschaft von Materie ist. Es existiert auf dieser Ebene kein prinzipieller Unterschied zwischen uns und einem Grashalm. So wie der Grashalm vergeht, vergehen auch wir.
Ein Beispiel: Stelle Dir einen Behälter voller Wasser vor. Dieses Wasser hat eine Temperatur. Diese Temperatur ist eine Eigenschaft des Wassers. Wenn das Wasser verschwindet, verschwindet auch die Temperatur. Anzunehmen, dass die Temperatur auch ohne das Wasser existieren könne, ist unlogisch. Ebenso ist das Leben eine Eigenschaft von Materie, bzw. von sehr viel organisierter Materie.
Ein weiteres Beispiel wäre "Verdauung". Wenn unser Magen nicht mehr da ist, ist auch unsere Verdauung nicht mehr da. Wie sicher können wir hier sein? Wer weiß, vielleicht lebt die Verdauung auch ohne den Magen weiter?
Leben ist "emergent", d.h. es ist die Folge einer bestimmten Konstellation. Leben tritt auf, solange diese Konstellation gegeben ist, und vergeht, wenn die Konstellation zerfällt.
Ich kenne psychopathologische Literatur, in der Homosexualität noch aufgeführt ist. Einfluß der Kirche?
Die ist aber schon etwas veraltet. Allerdings ist es noch nicht lange her, seit im ICD 10, dem weltweiten Diagnoseschlüssel, die Homosexualität rausgenommen wurde und von einem Tag auf den anderen Millionen Menschen Gesundheit attestiert wurde.
Zitat:
Zitat von Anja
Warum ist Homoxexualität ein "Problem" in Ländern, in denen die Kirche keine Rolle spielte? War es in der DDR leichter offen homosexuell zu leben? Ich weiß es nicht.
Der § 175 wurde in der DDR 1968, in DE erst 1994 (!) abgeschafft. Die Akzeptanz Homosexueller in der Bevölkerung der DDR hinkte deutlich der Abschaffung hinterher. Grund: In beiden Teilen DE bestimmte leider auch die Nazizeit (Rosa Winkel, KZ) die Einstellung zur Homosexualität in einem grossen Teil der Bevölkerung bis zur 68-Bewegung und der Schwulenbewegung mit Filmen wie z.B. von Rosa von Praunheim wie "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der lebt.").