Die eigentliche Frage ist aber doch, ist das Gutsein was du dort erlebt hast auf die Religion zurück zu führen oder wären diese Menschen auch gut wenn sie nicht religiös wären?
Das ist genau die Aussage, die ich schon vor einigen Seiten bezweifelt hatte und Jörn um eine Begründung (bzw seine gewohnte Beweiskette) dafür gebeten hatte.
Er hat sich mit einer langen Antwort zwar Mühe gemacht (nachträglich noch Danke dafür), aber überzeugt hat er mich damit nicht.
Es war (für mich) nicht ganz einfach seiner Erklärung zu folgen, aber wenn ich es richtig verstanden habe, hat er die Frage wieder umgedreht/auf den Kopf gestellt und ist der Meinung, dass die Christen (wenn überhaupt) nur aus Angst vor dem Höllenfeuer Gutes tun:
Zitat:
Zitat von Jörn
Du beziehst Dich auf meine Behauptung, dass die barmherzigen Christen auch ohne den weisen Ratschluss der Bibel barmherzig gewesen wären. Du fragst nach einem Beweis.
Machen wir den Test. Wenn meine Behauptung (dass alle Menschen gut sein können) falsch wäre, dann wären also die barmherzigen Christen eigentlich unbarmherzig, aber die Angst vor dem Höllenfeuer lässt sie gute Dinge tun. Anstelle der Höllenangst könnte es auch die Begeisterung für einen Bibelvers sein.
Entscheidend ist jedenfalls, dass sie ihr ursprüngliches, schlechtes Verhalten ändern und barmherzig werden. Das wäre dann die christliche Argumentation: Der Mensch ist schlecht (Erbsünde) und die Worte der Bibel machen ihn gut. Manche sagen auch, er bleibt schlecht, aber Gott verzeiht es. (Dafür starb Jesus am Kreuz: Er machte die Menschen nicht besser, sondern tilgte ihre Sünden. Andersrum wär's vielleicht besser gewesen...)
Für heutige Christen ist das wenig schmeichelhaft. Aber es ist die offizielle Position der christlichen Kirchen: Der Mensch ist schlecht.
Ich hingegen sage, dass der Mensch nicht automatisch schlecht ist. Für gutes Verhalten gibt es gute Gründe. Diese guten Gründe sind jedermann einsichtig, egal ob er gläubig ist oder nicht. Daher geht es um begründete Einsicht, und nicht um Glauben. Was uns gut macht, ist Einsicht und Verstehen. Verständnis kommt von Verstehen, nicht von Glauben.
Unser Grundgesetz schafft nicht deswegen Frieden, weil es durch einen totalitären Staat mit Gewalt durchgesetzt wird. Sondern weil diese Grundsätze von jedem nachvollzogen und verstanden werden können. Deswegen ist Gewalt nicht nötig. (Wie viele Polizei-Einsätze beziehen sich auf das Grundgesetz?)
Die Kirchen brechen diesen Grundsatz, indem sie völlig aus der Luft gegriffen (bzw. auf lächerliche Weise "begründet") bestimmte Bevölkerungsgruppen anders behandeln, als andere; sich selbst schanzen sie dabei die meisten Privilegien zu.
Das ganze rundet er dann in gewohnt charmanter Weise mit einem netten Spruch ab:
Zitat:
Zitat von Jörn
Es gibt den Spruch: "Gute Menschen tun gute Dinge. Aber damit gute Menschen böse Dinge tun, dafür braucht es Religion."
Ich hingegen bin der Meinung, daß es durchaus Menschen gab und auch noch gibt, die (insbesondere) aus religiösen Gründen Gutes tun und genau daraus auch ihre Motivation dafür ziehen.
Gut, dann kommen wir uns näher. Das Christentum fußt für Dich demnach auf Erfindungen. Diese Erfindungen sind teils mehr wahr, teils weniger wahr. Doch es sind Erfindungen.
Zur Feier dieses Augenblicks lasse ich die Frage weg, was eine wahre Erfindung sein soll, was sie von einer unwahren Erfindung unterscheidet, oder wie man unwahre Erfindungen von Lügen trennen kann. Und auf Basis welchen Wissens Du diese Unterscheidung treffen willst.
Peace: Arne
Ich wollte nur sagen, dass es nicht ausschlaggebend sein muss, ob es wahr ist (also tatsächlich passiert ist), was in der Bibel steht. Wenn ich meinen Nutzen draus ziehe (die "Message"), dann genügt das doch. Das sehe ich als einen modernen, gewachsenen Glauben an.
Ich hatte das mit dem fiktiven Kind erklärt, dass dir deine fiktive Frau vor 20 Jahren untergeschoben hat und die Lüge nun auffliegt. Dinge können sich mit der Zeit verselbständigen und ihre eigene Wahrheit entwickeln und daraus ihr Dasein rechtfertigen.
Höchst problematisch wird es natürlich, wenn du aufgrund einer Lüge zu Schaden kommst. ("Es steht in der Bibel, dass ...."). Aber darüber sind wir in DE im Jahr 2018 (Gott sei Dank ) im allgemeinen längst hinweg.
Ich hingegen bin der Meinung, daß es durchaus Menschen gab und auch noch gibt, die (insbesondere) aus religiösen Gründen Gutes tun und genau daraus auch ihre Motivation dafür ziehen.
Das hat niemand bestritten, auch Jörn nicht.
Um die Debatte konkret zu halten, wäre es aus meiner Sicht hilfreich, kurz zu skizzieren, was ein "religiöser Grund" des Handelns ist.
Natürlich wurde das bestritten. Es wurde hier schon mehrfach behauptet dass die Menschen nicht wegen sondern trotz des Glaubens Gutes tun und es ihnen sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Bin gerade am Handy sonst würde ich ja zitieren.
Höchst problematisch wird es natürlich, wenn du aufgrund einer Lüge zu Schaden kommst. ("Es steht in der Bibel, dass ...."). Aber darüber sind wir in DE im Jahr 2018 (Gott sei Dank ) im allgemeinen längst hinweg.
Sind wir das? Erst gestern war hier von eingeschränkten Rechten der Arbeitnehmer unter kirchlicher Trägerschaft die Rede. Du selbst sprachst wiederholt vom für Dich problematischen Weltbild muslimisch gläubiger Menschen, etwa im Bezug auf Frauenrechte, Meinungsfreiheit und Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Begründet wird beides mit heiligen Schriften.
In Deutschland geschehen Ehrenmorde aufgrund religiöser Überzeugungen. So gut wie kein Priester in Deutschland bekennt sich zu seiner Homosexualität – warum eigentlich, in einer ach so toleranten Kirche? Weil es als faktische Wahrheit angesehen wird, dem Schöpfer des Weltalls sei das ein "Greuel".
Die Einbildung, man wisse tatsächlich etwas über Gott, ist kein längst überkommener Irrtum, sondern auch heute noch konstituierendes und wesentliches Merkmal des christlichen Glaubens und seiner Kirchen. Falls Du das anders siehst (was Dein gutes Recht ist) stehst Du außerhalb des christlichen Konsenses.
Von Verurteilung, von fehlender Moral, von Barmherzigkeit nur als Machtdemonstration liest man im Neuen Testament nix.
Dann lies es erneut. Jesus tritt dort auf als mürrischer, patziger Prediger. Zwar heilt er ein paar Kranke. Aber er schärft den Leuten ebenfalls ein, nichts davon zu erzählen, damit nicht noch mehr Leute zu ihm kämen. Die Bibel spricht sogar davon, dass Jesus seine Jünger bedrohte, damit sie nichts über ihn sagen würden.
"Und er bedrohte sie, dass sie niemandem von ihm sagen sollten." - Markus 8,30. Diese Phrase kommt praktisch in jedem Kapitel vor. "Und er gebot ihnen streng, dass es niemand wissen sollte". (Markus 5,43)
Jesus hat zwar die Macht, mit einem Fingerschnipp alle Krankheiten auf der Welt zu beseitigen. Aber er tut es nicht. Sondern er setzt diese Fähigkeit sehr sparsam ein, und nur zu dem Zweck, seine Gefolgschaft zu sichern. Es ist wie in vielen anderen religiösen Schriften einfach ein Zeichen von Göttlichkeit -- und nur um dessen Demonstration geht es hier. Es ist eine Erzählweise. Gemeint sind nicht die Krankheiten, sondern seine göttliche Abstammung. Die damaligen Leser lasen diese Geschichten nicht wie einen Krankenhausbericht, sondern sie verstanden die religiöse Aussage.
Hat Jesus die Kindersterblichkeit verringert? Hat er den Leuten die Funktion von Bakterien erklärt? Hat er Blindheit per se abgeschafft? Nein, das hat er alles unterlassen. Er hat ein paar Zauberkunststücke vorgeführt. Das ist unmoralisch und unbarmherzig, weil er Allmacht hatte und alle Menschen auf ewig heilen konnte. Zudem stellt er klar, dass er nur zu seinen "Schafen" geschickt worden wäre, und die anderen bezeichnet er als "Hunde".
"Jesus aber sprach zu ihr: Lass zuvor die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, dass man den Kindern das Brot nehme und werfe es vor die Hunde." - Markus 7,27. Mit "Kindern" meint er seine Anhänger; er sagt, er würde logischerweise seine Kräfte auf diese konzentrieren, anstatt diese an den Ungläubigen zu verschwenden. (Später heilt er die Tochter der Frau trotzdem, die er als "Hund" bezeichnet hatte.)
Du schreibst, man liest dort nichts von Verurteilung. Dann lies die großartige Bergpredigt. Dort werden die Ungläubige gleich mehrfach in den "Feuerofen" geworfen. Die Bibel wiederholt das ausdrücklich, damit es "sitzt". Matthäus 13,42 und 13,50.
Die größte aller möglichen Verurteilungen ist die ewige Hölle. Das Alte Testament kennt keine Hölle. Erst Jesus spricht davon (Markus 9,48: "wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht verlöscht.").
Du schreibst, im Neuen Testament stünde nichts von Verurteilung, und hier geht es um eine Verurteilung auf ewig.
Natürlich wurde das bestritten. Es wurde hier schon mehrfach behauptet dass die Menschen nicht wegen sondern trotz des Glaubens Gutes tun und es ihnen sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Bin gerade am Handy sonst würde ich ja zitieren.
Dass den Menschen kooperative Verhaltensweisen ("Nächstenliebe") in die Wiege gelegt und kulturell anerzogen wurden, dieses Argument stammt von mir. Es sollte ausdrücken, dass es keiner Religion bedarf, um moralische Normen zu entwickeln. Sie entwickeln sich von selbst.
Was Du außerdem noch sagst – da hätte ich gerne ein konkretes Zitat, um darauf eingehen zu können.