Ausserdem war ich der Meinung - aus meiner ganz eigenen persönlicher Erfahrung heraus - dass die Akzeptanz anderer Wirklichkeiten nicht schaden kann.
Die Akzeptanz anderer Wirklichkeiten kann durchaus schaden. Das zeigt unsere Geschichte. Wir haben den Menschen viel zu verdanken, die solchen Wirklichkeiten entschieden entgegen traten.
Ausserdem war ich der Meinung - aus meiner ganz eigenen persönlicher Erfahrung heraus - dass die Akzeptanz anderer Wirklichkeiten nicht schaden kann.
Das suggeriert, als würde ich anderer Leute „Wirklichkeiten“ nicht akzeptieren. Ich akzeptiere sie. Lediglich wenn diese angeblichen Wirklichkeiten als faktisch wahr ausgegeben werden, ist eine Überprüfung geboten. Zumal, wenn es in einem Forum über Religionskritik stattfindet.
Die abrahamitischen Religionen werden als faktisch wahr ausgegeben, und nur aus diesem Grund stehen sie auf dem Prüfstand. Ob es die „Wirklichkeit“ von irgendwem tangiert, ist überhaupt kein Kriterium.
War das Grab von Jesus leer? Ja oder Nein? Darum geht es.
Es gibt in dieser Frage zwei Parteien, und eine wird verlieren. Das habe ich für mich akzeptiert. Das macht die Debatte in gewisser Hinsicht hart, dennoch kann man höflich bleiben. Es geht jedoch nicht darum, einen bequemen Mittelweg zu erfinden. Am Ende muss ein „Ja“ oder „Nein“ stehen, und dieses „Ja“ oder „Nein“ nimmt keine Rücksicht. Das ist nicht meine Schuld.
Leute, die in einer Holzhütte schwitzen, werden zu dieser Frage nichts beitragen. Ich akzeptiere es, wenn es für sie eine spirituelle Erfahrung ist. Hoffentlich akzeptieren sie es, wenn ich es hochgradig lächerlich finde.
Die Akzeptanz anderer Wirklichkeiten kann durchaus schaden. Das zeigt unsere Geschichte. Wir haben den Menschen viel zu verdanken, die solchen Wirklichkeiten entschieden entgegen traten.
Ich denke, das sind wir einer Meinung.
Jap - eindeutig, vor allem wenn Wirklichkeiten nicht auf dem Boden eines Rechtsstaats stattfinden. Weil du möglicherweise (nicht ausschließlich aber ggf. insbesondere auf das 3. Reich anspielst): Genau kenne ich die Rechtslage nach z.B. 1933 nicht - ich weiß nur, dass a) die Weimarer Republik einige Konstruktionsfehler hatte, die man im Grundgesetz von 1949 und der Staatskonstruktion der BRD vermied und b) in den Nürnberger Prozessen die Greueltaten (und die Verbrecher die sie begangen haben) als Kriegsverbrechen verurteilt wurden.
Insofern wäre es wohl besser zu formulieren "... andere Wirklichkeiten zunächst zu akzeptieren ...". Freilich müssten Sie dann gegen ein moralisches Normativ geprüft werden und dann je nach Situation mit ihnen umgegangen werden. Wohl wissend um die Schwierigkeit der Festlegung des moralischen Normativs und der Gefahr sich ideologischem Imperialismus auszusetzen. Aber das ist ja kein neues Problem ...
Insofern wäre es wohl besser zu formulieren "... andere Wirklichkeiten zunächst zu akzeptieren ...". Freilich müssten Sie dann gegen ein moralisches Normativ geprüft werden und dann je nach Situation mit ihnen umgegangen werden. Wohl wissend um die Schwierigkeit der Festlegung des moralischen Normativs und der Gefahr sich ideologischem Imperialismus auszusetzen.
Ach so? Denn ist die anschließende Überprüfung also doch statthaft?
Deine Äußerung mit der moralischen Prüfung finde ich interessant und stimme ihr zu. Jedoch verstellt sie meiner Ansicht nach die Sicht auf eine viel einfachere Lösung.
Nehmen wir irgendeine biblische Frage, z.B. Du sollst am Sabbat kein Holz sammeln — und tun wir mit äußerster geistiger Anstrengung so, als handele es sich tatsächlich um eine moralische Frage. Dann kann man natürlich lange darüber verhandeln, wie diese Moral gegenüber einer anderen Moral bewertet werden kann. Vermutlich wird es nie ein Ergebnis geben.
Viel einfacher und produktiver wird es, wenn man die zuvor aufgestellte Behauptung prüft, dieses Gebot wäre Moses von Gott mitgeteilt worden, oder das Missachten des Gebotes würde zu einer Dürre führen. Hier wird man viel eher zu prüfbaren Ergebnissen kommen. Es sei denn, jemand verweigert sich generell allen Fakten, aber dann ist auch die obige Moraldebatte aussichtslos.
Wenn jemand spirituelle Einsichten beim Schwitzen oder bei der Anwendung von Klistierzäpfchen bekommt, dann braucht man gar nicht über den Akt als solches reden, sondern über die Einsichten, die gewonnen wurden.
Falls jemand z.B. Botschaften aus dem All empfing, kann man ihm vorrechnen, dass Informationen nur mit einer bestimmten Geschwindigkeit durchs All reisen können, und dass er für einen vernünftigen Dialog mindestens ein paar Tage hätte einplanen müssen. Das wird er entweder einsehen oder nicht, aber über diese Fakten kann man nicht streiten.
Das suggeriert, als würde ich anderer Leute „Wirklichkeiten“ nicht akzeptieren.
Das sollte lediglich klar stellen (und nicht nur suggerieren), dass dies bei mir so ankommt. Wenn das nicht so ist, auch gut. Falsch bei mir angekommen.
Zitat:
Zitat von Jörn
Lediglich wenn diese angeblichen Wirklichkeiten als faktisch wahr ausgegeben werden, ist eine Überprüfung geboten. Zumal, wenn es in einem Forum über Religionskritik stattfindet.
Hier wäre ich sogar noch allgemeiner, und würde vor dem Hintergrund des "Forums Religionskritik" auch den Fall zulassen, wenn sie als "falsch" ausgegeben werden.
Zitat:
Zitat von Jörn
Ob es die „Wirklichkeit“ von irgendwem tangiert, ist überhaupt kein Kriterium.
Oh doch Jörn, das ist die entscheidende Frage überhaupt. Denn die Wirklichkeit entscheidet über das Kalkül mit dem Sätze als "wahr" oder "falsch" entschieden werden. Die Wirklichkeit entscheidet weiterhin darüber wie ein Kalkül aussieht, was die Axiome sind und was die Schlussfolgerungsregeln.
Zitat:
Zitat von Jörn
War das Grab von Jesus leer? Ja oder Nein? Darum geht es.
Es gibt in dieser Frage zwei Parteien, und eine wird verlieren.
Das sehe ich genauso wie du. Nur: Die das Ergebnis der Entscheidung über den Wahrheitsgehalt eines Satzes sind abhängig vom Kalkül und das wiederum von der Wirklichkeit aus dem es entsprungen ist. Ein wirklich einfaches(!) - deshalb vielleicht nicht umfassend zutreffendes - Beispiel:
2+2 = 4 ... viele werden mir zustimmen, ... das kann man sogar (unter bestimmten Umständen) beweisen. A bisserl Axiome a bisserl ganze Zahlen und a bisserl algebraische Strukturen und gut is. Ich kann freilich aber auch einen algebraischen Restklassenring definieren. Zum Beispiel den Restklassenring modulo 3. Plötzlich gilt halt 2+2=1 (auch das kann ich beweisen). Die "Wahrheit" des Satzes 2+2=4 hängt also wesentlich davon ab in welcher Wirklichkeit ich mich bewege. Bewege ich mich in den natürlichen Zahlen oder in einem Restklassenring über Z? Wie gesagt ein sehr, sehr einfaches Beispiel - also lege es bitte nicht auf die Goldwaage. Ich hoffe ich komme aber an, mit dem was ich meine. Es ist halt eine Definitionsfrage. Im Endeffekt ist es aber mit deduktiven Schlüssen das selbe. Die Religionen haben halt mal ein völlig anderes Axiomen- bzw. Kalkülsystem als z.B. die Mathematik. Gott ist in den Religionen Axiom und nicht Conclusio oder sowas.
Zitat:
Zitat von Jörn
[...]. Das macht die Debatte in gewisser Hinsicht hart, dennoch kann man höflich bleiben.
Die Schlussfolgerung sehe ich auch so, deshalb eröffne ich u.a. meine Postings mit einem "Servus" und schließe sie mit einem Gruß ab.
Ich hätte noch eine Frage an dich Jörn: Was ist für dich ganz persönlich der Zweck und das Ziel der Debatte in diesem Thread? Also Dein Zweck und Dein Ziel?
Ach so? Denn ist die anschließende Überprüfung also doch statthaft?
Ja, die große Frage ist nur wie? Sicher nicht basierend auf den Wirklichkeiten (und dem Kalkül) der Physik oder Mathematik. Moral mathematisch oder physikalisch überprüfen zu wollen ... und das war die Kritik, denn du wolltest hinterher nach der Akzeptanz der anderen Wirklichkeit wieder in die wissenschaftliche Prüfung auf Basis deiner Wirklichkeit gehen. Aber erstens meinte ich das nicht - habe ich dann auch geantwortet und zweitens - kann man sich m.E. dann lieber gleich ganz sparen die Wirklichkeit von z.B. Martin oder wem auch immer zu akzeptieren.
Das riesige Dilemma der Philosophie des allgemeinen moralischen Normativ ist die festlegende Instanz dieses allgemeinen Normativs. Das haut einfach nicht hin. Auch deswegen ist man auf gewisse Weise im Subjektivismus angekommen. Nur wo der hindenkt, da wächst halt kein Gras mehr. Das ist das blöde eigentlich ...
Ich hätte noch eine Frage an dich Jörn: Was ist für dich ganz persönlich der Zweck und das Ziel der Debatte in diesem Thread? Also Dein Zweck und Dein Ziel?
Für mich persönlich ist der Zweck des Threads dreierlei:
Erstens fordert es mich heraus, und das ist unterhaltsam und lehrreich. Meine Argumente und die der anderen kommen auf dem Prüfstand.
Zweitens entstehen durch alle Beiträge (von allen Teilnehmern) gute Argumentationshilfen, die man auch bei Google findet. Wie entkräftet man die üblichen theologischen Argumente? Wie erkennt man Fehlschlüsse? Warum ist das eigene Argument nicht stichhaltig und womöglich ein Eigentor? Diese Informationen waren bis vor kurzem kaum zu finden (weil in Deutschland eine öffentliche Debatte darüber bisher kaum stattfand).
Drittens: Der unbegründete Glaube, in welcher Form auch immer (ganz besonders aber in den vorhandenen abrahamitischen Religionen) steht dem Wohl der Menschheit entgegen, folglich muss er verschwinden. An seine Stelle treten Menschlichkeit, Vernunft und Einsicht, Wahrheit, Güte, Bescheidenheit angesichts der Größe des Kosmos und unserer Vergänglichkeit, intellektuelle Redlichkeit, sowie die Zuversicht in unsere Fähigkeiten und unseren guten Willen.
Für mich liegt der Zweck ebenfalls in der Unterhaltung und mein Ziel ist es für für Dialog mit anderen Wirklichkeiten* zu werben ohne "ideologischen Imperialismus". Ausserdem bin ich froh, dass ich mir über "alte Themen" der Philosophie wieder Gedanken machen musste und dass ich auf'm Dachboden die Kiste mit den Philosophiebüchern wieder mal durchforstet habe - Schöne Erinnerungen
Zitat:
Zitat von Jörn
Wie entkräftet man die üblichen theologischen Argumente?
Freude schöner Götterfunken Und das kann man tatsächlich so machen wie du das getan hast und da müssen die Theologen auch durch, dem müssen sie sich auch stellen. An der Stelle bin ich froh, dass du so bewandert bist, ich habe von der Bibelk wenig bis keine Ahnung - obwohl ich in Hotels der Erde viel darain gelesen habe. Wenn es aber um Religion geht - Martin war ein schönes Beispiel - dann funktioniert das halt nicht mehr. Nicht nur in der Praxis nicht - das hat man ja schön gesehen, sondern es ist Geisteswissenschaftlich auch ein anderer Film. An der Stelle kommt dann mein Thema mit den Wirklichkeiten. Möglicherweise liegt hier ein/das Mißverständnis (überaupt oder zwischen uns) begraben.
Zitat:
Zitat von Jörn
Drittens: Der unbegründete Glaube, in welcher Form auch immer (ganz besonders aber in den vorhandenen abrahamitischen Religionen) steht dem Wohl der Menschheit entgegen, folglich muss er verschwinden. An seine Stelle treten Menschlichkeit, Vernunft und Einsicht, Wahrheit, Güte, Bescheidenheit
Verstehe. Allerdings habe ich was "Vernunft und Einsicht" der Menschen angeht so meine Zweifel, wenn ich aus dem Fenster auf die Welt schaue.
Liebe Grüße
Helmut
*an der Stelle ist meine Philosophie übrigens auch praktisch: Z.B. plädiere ich dafür mit der Türkei weiter in Dialog zu bleiben.