Hier werden Einschränkungen zwischen den Generationen ausbalanciert, Generationengerechtigkeit hergestellt und Freiheitsrechte sichergestellt.
Das ist IMHO nicht mehr möglich, die immensen Umweltschäden die wir in den letzten 100 Jahren verursacht haben muss wohl oder übel durch die kommenden Generationen ausgebadet werden. Wir können weder den Klimawandel zurückdrehen, Mikroplastik und Ewigkeitschemikalien aus der Natur herausholen, den Atommüll unauffällig verschwinden lassen noch sonstwas.
Wir könnten aber mal anfangen z.B. beim CO2 nicht weiterhin doppelt so schlecht wie der globale Durchschnitt zu sein. Von Vorreiter sind wir meilenweit entfernt.
Das ist IMHO nicht mehr möglich, die immensen Umweltschäden die wir in den letzten 100 Jahren verursacht haben muss wohl oder übel durch die kommenden Generationen ausgebadet werden.
Das ist dem BVerfG egal. Es prüft die Verfassungskomformität von Gesetzen. Es ging in dem Urteil darum, dass es gesetzlich festgelegte Reduktionsziele gibt. Das KSG, welches sicherstellen soll, war für die Zeit an 2031 diesbezüglich nach Meinung des Gerichtes nicht ausreichend formuliert. Die Konsequenz dieser mangelnden Formulierung ist, dass die Freiheitsrechte der kommenden Generationen überproportional (zur jetzigen Generation) eingeschränkt werden. Das ist alles. Es ist im Kren ein juristisches Thema, mit einer juristischen Entscheidung und einer juristischen Begründung. Es ging um die Verfassungskonformität des KSG. Das stand in Frage. Es ging nicht um Fragen des Umweltschutzes sondern der Verfassungskonformität.
Gut, dass der Planet auch nach der kurzen Episode Homo sapiens weiter existieren wird.
Den letzten Menschen werden die Ameisen oder Kakerlaken fressen...
Danach regeneriert die Natur, wie sie es auch vor den aufrecht gehenden schon getan hat.
NmpM
T.
__________________
„Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.„
Mit einer operativen Abwägung von Staatszielen bei konkreten Entscheidungen hat das nichts zu tun. Das bleibt selbstverständlich dem Verordnungsgeber überlassen. Es ist also nichts passiert, außer dem Grundgesetz weiterhin (auch nach 2030) Geltung zu geben.
Hier noch eine Ergänzung zum grundsätzlichen Gewicht des Klimaschutzes gegenüber anderen Staatszielen und Freiheitsrechten.
Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner Urteilsbegründung gleich zu Beginn klar:
Art. 20a GG genießt keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Dabei nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu.
Hier geht es also darum, welches Gewicht der Klimaschutz im Vergleich zu anderen Rechtsgütern hat. Das wird auf Seite 185 weiter präszisiert:
Das Grundgesetz schützt sämtliche menschlichen Freiheitsbetätigungen durch spezielle Freiheitsgrundrechte […]
Allerdings unterliegt jede solche Freiheitsausübung den vom Gesetzgeber zum Schutz des Klimas nach Art. 20a GG […] zu ziehenden Grenzen. Die Möglichkeiten, von grundrechtlich geschützter Freiheit in einer Weise Gebrauch zu machen, die direkt oder indirekt mit CO2-Emissionen verbunden ist, stoßen an verfassungsrechtliche Grenzen, weil CO2-Emissionen nach derzeitigem Stand im Wesentlichen unumkehrbar zur Erwärmung der Erde beitragen, der Gesetzgeber einen ad infinitum fortschreitenden Klimawandel aber von Verfassungs wegen nicht tatenlos hinnehmen darf.
Verfassungsrechtlich maßgeblich ist […], die Erwärmung der Erde auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Geht das dieser Temperaturschwelle entsprechende CO2-Budget zur Neige, dürfen Verhaltensweisen, die direkt oder indirekt mit CO2-Emissionen verbunden sind, nur noch zugelassen werden, soweit sich die entsprechenden Grundrechte in der Abwägung mit dem Klimaschutz durchsetzen können. Dabei nimmt das relative Gewicht der Freiheitsbetätigung bei fortschreitendem Klimawandel aufgrund der immer intensiveren Umweltbelastungen immer weiter ab.
Ja, voll. Oder in anderen Worten: Je mehr bestimmte Staatsziele (im Beispiel: Klimaschutz) unter Druck geraten, umso mehr werden Grundrechte (im Beispiel: Freiheitsrechte), die eben dieses Staatsziel unter Druck setzen, im Zuge einer Abwägung eingeschränkt werden müssen.
Es is mir völlig unklar, wie man deshalb an der Stelle (nach BVerfG Urteil) überhaupt noch über Abwägung, Priorisierung, Disbalance etc. debattieren möchte. Der Dops ist doch bei den gegebenen Voraussetzungen gelutscht.
Wenn man anderer Meinung ist, was Klimaschutz anbelangt, dann sollte man m.E. eben diese Voraussetzungen kritisieren. Z.B. das es überhaupt ein KSG in der Form gibt oder warum man den Klimaschutz als Staatsziel überhaupt ins GG aufgenommen hat oder warum man das Pariser Abkommen unterzeichnet hat? Alternativlos scheint das alles auf den ersten Blick ja nicht.
Man kommt halt m.b.M.n. irrsinnig schnell auf die Frage, ob wir denn überhaupt „verpflichtet“ sind (z.B. in Hinblick auf künftige Generationen, andere Länder, sozial Schwache) Klimaschutz zu betreiben und wenn ja, wem gegenüber dann tatsächlich und in welcher Form? Oder ob das hier und jetzt schlicht Evolution ist und wir den Laden halt abfucken können wie wir wollen und bis wir aussterben? Siehe Post von DocTom oben.
Das is tatsächlich eine ungemein komplexe Frage finde ich, denn sie beinhaltet viele Dimensionen von Verantwortung und Gerechtigkeit. Ich möchte aus einer Stellungnahme zur Klimagerechtigkeit (hier Kurzfassung) des deutschen Ethikrates zitieren:
Zitat:
Die Bewältigung des Klimawandels wirft schwerwiegende Fragen nach Gerechtigkeit und Verantwortung auf. Im Mittelpunkt stehen drei miteinander verwobene Dimensionen der Klimagerechtigkeit: die innergesellschaftliche, internationale und intergenerationelle Dimension. Belastungen und Verantwortlichkeiten müssen in diesen Dimensionen gerecht verteilt werden.
Alleine, wenn man etwas über diese Fragestellung nachdenkt, was sie denn eigentlich meint und welche „Szenarien/Bilder“ sie im Kopf hat, kriegt man doch schon das Gefühl dafür, dass hier ein richtig dickes Brett zu bohren ist und man sicher nicht mit individueller Freiheit oder Eigenverantwortung (schon gar nicht in der falschen Interpretation eines egozentrischen Weltbildes) allein Argumentieren kann, sondern das hier viele andere Aspekte von großem Gewicht mit einfließen.
Darüber hinaus gibt es viele Publikationen zur Umweltethik von stockg’scheiten Personen, die viel über dieses Thema nachgedacht haben, weil das ihr Beruf ist und sie sich darüber auch mit anderen g’scheite Menschen aus anderen Disziplinen ausgetauscht haben. Man kann gerne danach googeln, diese lesen und man wird am Ende feststellen: Ja, wir haben eine ethische Verpflichtung zum Umweltschutz. Die Meinung herrscht unisono.
Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses, wird also die Kritik an faktisch existenten Voraussetzungen des BVerfG Urteils wie das KSG oder Art 20a GG wohl ebenso ins Leere laufen.
Über die Umsetzung konkreter Regierungen zu diskutieren is was anderes. Aber zu behaupten, das BVerfG Urteil hätte da was aus dem Lot gebracht ist, bei allem Respekt und Höflichkeit, völlig abseitig. Das Gegenteil ist der Fall.
Gut, dass der Planet auch nach der kurzen Episode Homo sapiens weiter existieren wird.
Den letzten Menschen werden die Ameisen oder Kakerlaken fressen...
Danach regeneriert die Natur, wie sie es auch vor den aufrecht gehenden schon getan hat.
NmpM
T.
Wieso sollte die Natur von irgendwas regenieren? Nicht mal das würde sie tun. Das würde ja implizieren, dass sie ein Ziel oder Sinn verfolgt. Sie macht einfach das, was sie will und wir sind Teil ihres Spiels.
Wieso sollte die Natur von irgendwas regenieren? Nicht mal das würde sie tun.
Regenerieren ist vielleicht das falsche Wort, sie wird sich ziemlich schnell die ganzen Gebiete zurückerobern die wir zerstört und/oder ihr weggenommen haben. Wenn man sich mal leerstehende Gebäude/Gelände anguckt um die sich keiner kümmert sieht man wie schnell das geht wenn keiner mehr Gift spritzt, Grün entfernt und alles zupflastert.
So wirklich sehe ich beim Umweltschutz eigentlich keine Abwägung. Ist es Freiheit unsere Lebensgrundlage zu zerstören? Ist es nicht vielmehr Lebensqualität und Freiheit eine halbwegs intakte Umwelt, gesunde Luft usw.. zu haben?
Da ist die Wahrnehmung oftmals völlig verzerrt, den 2t-SUV als Freiheit zu sehen und sich dann in den Stau zu stellen und/oder keinen Parkplatz zu finden. Aber die Sichtweise ist so eingeschränkt dass gar keine andere Lösung gesehen werden will. Der mit dem dicken Auto im Stau ist kein Opfer des Staus sondern selber Teil des Problems. Um nur ein Beispiel zu nennen. Das ist im Bereich Mikroklima in Städten aber selber den Garten zuschottern, vollgelaufene Keller bei Starkregen aber selber nur versiegelte Flächen auf dem eigenen Grundstück, ... in so vielen Bereichen nichts anderes.
Je mehr bestimmte Staatsziele (im Beispiel: Klimaschutz) unter Druck geraten, umso mehr werden Grundrechte (im Beispiel: Freiheitsrechte), die eben dieses Staatsziel unter Druck setzen, im Zuge einer Abwägung eingeschränkt werden müssen.
Und im Gegenzug, je mehr die Grundrechte unter Druck geraten oder gar eingeschränkt werden (s. Corona-Zeit), müssen Staatsziele immer wieder aufs Neue überprüft und repriorisiert werden, finde ich.
Zitat:
Zitat von Helmut S
Der Dops ist doch bei den gegebenen Voraussetzungen gelutscht.
Wenn man anderer Meinung ist, was Klimaschutz anbelangt, dann sollte man m.E. eben diese Voraussetzungen kritisieren. Z.B. das es überhaupt ein KSG in der Form gibt oder warum man den Klimaschutz als Staatsziel überhaupt ins GG aufgenommen hat oder warum man das Pariser Abkommen unterzeichnet hat? Alternativlos scheint das alles auf den ersten Blick ja nicht.
Richtige Fragen, wenn auch ihre Alternativlosigkeit hier im Forum von den meisten aktiven Schreibern kaum je in Frage gestellt wird, glaube ich.
Zitat:
Zitat von Helmut S
Man kommt halt m.b.M.n. irrsinnig schnell auf die Frage, ob wir denn überhaupt „verpflichtet“ sind (z.B. in Hinblick auf künftige Generationen, andere Länder, sozial Schwache) Klimaschutz zu betreiben und wenn ja, wem gegenüber dann tatsächlich und in welcher Form?
...
Das is tatsächlich eine ungemein komplexe Frage finde ich, denn sie beinhaltet viele Dimensionen von Verantwortung und Gerechtigkeit.
Alleine, wenn man etwas über diese Fragestellung nachdenkt, was sie denn eigentlich meint und welche „Szenarien/Bilder“ sie im Kopf hat, kriegt man doch schon das Gefühl dafür, dass hier ein richtig dickes Brett zu bohren ist und man sicher nicht mit individueller Freiheit oder Eigenverantwortung ... allein Argumentieren kann, sondern das hier viele andere Aspekte von großem Gewicht mit einfließen.
Richtig, nicht allein; es sind viele Aspekte von großem Gewicht, und die individuelle Freiheit ist nur eines davon, aber auch mit hohem, allem anderen gleichzustellenden Gewicht, finde ich.
Zitat:
Zitat von Helmut S
Ja, wir haben eine ethische Verpflichtung zum Umweltschutz. Die Meinung herrscht unisono.
Ich glaube auch nicht, daß diesem Satz viele widersprechen (ich auch nicht), allerdings sehen es die Menschen sehr unterschiedlich, was genau das bedeutet (Schutz wovor, mit welchem Aufwand, wie weitgehend, ...) und wie man diese Verpflichtung anderen Themen gegenüber priorisiert (Wohlstand, Energiesicherheit, Selbstbestimmung, ...).
Zitat:
Zitat von Helmut S
Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses, wird also die Kritik an faktisch existenten Voraussetzungen des BVerfG Urteils wie das KSG oder Art 20a GG wohl ebenso ins Leere laufen.
...
zu behaupten, das BVerfG Urteil hätte da was aus dem Lot gebracht ist, bei allem Respekt und Höflichkeit, völlig abseitig. Das Gegenteil ist der Fall.
Finde ich nicht ganz, da schließlich z.B. das BVerfG Urteil eben eine Priorisierung vornimmt, die viele Menschen wohl nicht so teilen (Interessen zukünftiger Generationen als leitendes Maß für viele Entscheidungen vor den Interessen der aktuell lebenden Menschen) - für alle, die diese Priorisierung als falsch ansehen, ist die bisherige Priorisierung "aus dem Lot". Das ist m.M.n. ein Kern des Konfliktes um dieses Thema.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)