Ich rolle mal die Ereignisse von hinten auf und beginne mit diesem schönen Tag, der mich motiviert hat, noch mal zu rekapitulieren, wie meine Entwicklung als "Schwimmer" so vor sich gegangen ist.
Ich bin heute zu meinem zweiten See-Training für diese Saison aufgebrochen, genaugenommen zu meinem zweiten See-Training überhaupt. Habe mir keine Strecke oder so vorgenommen, sondern "nur" Wassergewöhnung. Genau wie beim ersten Training vor zwei Tagen.
Kurz zur Erläuterung wie mein Schwimmverhalten im See bisher aussah: Sobald ich den Kopf ins Wasser getaucht und in dieses trübe Grün geschaut habe, musste ich panisch den Kopf heben und nach Luft schnappen. Unter Wasser ausatmen ging so gut wie gar nicht. Und sobald ich ein paar Minuten geschwommen war, habe ich angefangen leichtes Asthma zu bekommen und war oft froh, wenn ich das Ufer heil wieder erreicht habe. Soviel in Kürze.
Jetzt zu heute: Nachdem ich eine Stunde am Strand rumgelümmelt und sowas ähnliches wie "guter See, braver See" vor mich hingemurmelt habe, bin ich dann doch mal ins Wasser und habe mich auf dem Rücken ungefähr 10-12 Minuten warmgeschwommen. Brust und Kraul habe ich erst mal vermieden. Der Himmel über Berlin ist ja auch ganz schön. Wichtig war es auch, einen Punkt zu haben, den ich anschwimme. Ich war an der Krummen Lanke, ein schmaler, langgezogener See in Süden Berlins. Geschätzte 300 Meter vom Strand entfernt ist eine Boje im See und wieder ein kleiner Strand. Den habe ich anvisiert. Ich wusste also - ähnlich wie im Schwimmbad - das ich in absehbarer Zeit wieder festen Boden unter den Füßen habe.
Ok, nachdem ich also einigermaßen warm war - für mich immer die schwierigste Phase, auch im Schwimmbad - habe ich mir vorgenommen, den See einige Mal zu queren. Und zwar ohne Unterbrechung! Und der See ist an dieser Stelle über 100 (hundert!) Meter breit
(Um Missverständnissen vorzubeugen: Im Training in der Schwimmhalle bewältige ich durchaus mal 3-3,5 km, nicht sehr schnell, aber ganz ok, ich habe diesbezüglich also kein Ausdauerproblem).
Ok, nachdem ich beim ersten Training vor zwei Tagen die Strecke schon mal geschafft hatte, wollte ich heute natürlich mehr. Ich wollte nicht irgendwie drüben ankommen, sondern locker und ohne atemlos zu sein. Und siehe da: Mit jeder Querung wurde ich lockerer, bin zügig aber ruhig geschwommen, und nach und nach kamen mir Gedanken wie: Ist ja eigentlich ganz schön im See zu schwimmen! Ok, wenn es auf das schattige Ufer zuging und es im Wasser dunkler wurde, war es wieder etwas schwieriger, aber ich wurde immer entspannter. Eine kleine Panikattacke gab es noch, als ich einmal kurz vor dem Ufer voll in rumtreibende Algen reingeschwommen bin. Mein lieber Schwan. Aber ich bin weitergeschwommen. Um es nicht zu übertreiben habe ich nach jeder Querung ein paar (!) Minuten Pause gemacht um dann möglichst locker die nächste Runde anzugehen. Und es wurde immer besser. Noch nie bin ich an einem Tag gleich mehrere hundert Meter in einem See gekrault! Und vor allem nicht ohne ständig hektisch nach Luft zu schnappen, statt einigermaßen normal zu atmen.
Aber dann: Der Moment, in dem ich - ohnehin schon stolz, zufrieden und glücklich - beschloss, meine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Wie ich mich am Strand so umziehe, höre ich neben mir ein ca. 8-jähriges Mädchen zu seiner Mutter sagen: "Das ist der schnelle Schwimmer." Und sie zeigt tatsächlich auf mich. Tja, was soll ich sagen. Der Tag war perfekt
Schöne Grüße
Ravistellus