Ich will wissen, wer das ist! Wirklich. Es war zu witzig/dreist, was da gestern passierte zwischen Heidelberg und Bensheim.
Aber der Reihe nach:
Ihr kennt das: Man siehst es ja kommen, denn man rollt sie ja von hinten auf. Langsam meist kommen sie näher und man erkennt: Zumindest früher konnten diese Beine was. Auch wenn die Oberschenkel etwas dicker sind, sie sitzen beneidenswert gut auf dem Bock. Und wenn sie dann nach dem unvermeidlichen Überholvorgang ohne weiteres Wort an Deinem Hinterrad kleben, stellt sich irgendwann die Charakterfrage. Nämlich dann, wenn ich – allerspätestens nach so 4-5km im Wind ausschere, um sie auch mal in die Führung zu winken. Einige rollen dann mit den Augen und winken dankend ab. Andere tragen ihren Teil zur Arbeit dann wortlos bei solang es eben geht und dann wird wieder gewechselt, immerhin geht’s gemeinsam ja besser voran. Manchmal sogar entwickelt sich dann ein nettes Schwätzchen, trotz der zunächst unangemeldeten Taxifahrt.
Gestern aber passierte etwas auch für mich komplett neues: Meine Klette, die ohnehin schon auf einen Helm verzichtete und bei 45km/h lieber Hipstermützchen trägt, flucht wie ein Rohrspatz, als ich ihn nach ca. 6km in die Führung winken will. Warum das denn? Wo ich noch nicht mal mein „Wer „A“ sagt, muss auch mal „B“ sagen“ überhaupt zu Ende gesprochen hätte. Alles, was ich dann zunächst verstehe, ist, dass er ja „früher mal U23 Weltmeister im EZF gewesen“ sei und Typen wie ich „damals gegen ihn nicht den Hauch einer Chance gehabt“ hätten. Meinen verdutzten Blick quittiert er mit weiterer Historie und Persönlichkeitsbeschreibung: Er fahre heute die erste Ausfahrt des Jahres, sei jetzt Dermatologe und überhaupt wäre ich doch sicher einer von denen, die im Leben nix anderes zu tun hätten, als Rad zu fahren. Für solche Leute hätte er keinen Respekt und würde auch nicht vorn fahren. Er deutet gestenreich auf die Seite seines Trikots, wo wohl das Logo seiner Praxis prangt.
Merke: Bis dahin hatte ich nicht mehr gesagt, als „Wer „A“ sagt, muss auch mal „B“ sagen“. Richtig gut gelaunt bin ich nun auch nicht mehr. Also gebe ich ihm zu bedenken, dass es mir doch missfällt, wenn sich jemand ungefragt 5cm hinter mich heftet, insbesondere, wenn er noch nicht mal Helm trägt. Quittiert wird dies mit dem erneuten Hinweis auf seinen Beruf und die damit verbundene Arbeitsbelastung und dass ich ja sicher keinen so anstrengenden Job hätte. Mein dezenter Hinweis auf meine doch veritablen Wochenstunden im Büro lässt er nicht gelten und meint zum Ende, ich solle doch einfach Rad fahren! Er würde sich jetzt von mir „nach Hause“ ziehen lassen. Jetzt wird’s endgültig zu bunt und ich kann nicht mehr an mich halten vor Lachen. Wäre fast vom Rad gekippt.
Ich hab ihm wirklich nix getan und offenbar hat er einen sehr, sehr schlechten Tag. Da aber absehbar ist, dass er diese Drohung wahr macht, biege ich – nach ca. 100km muss ich eh nachtanken – 200m später zur nächsten Tränke ab.
Kinderriegel gekauft, Flaschen aufgefüllt und 5min später geht’s weiter. Während ich schon überlege, welche Überschrift ich denn meinem Fred hier geben soll, tauch 10km später kurz vor Bensheim ein mir bekannter Hintern auf: Ich schieße schnell ein Foto (s. unten) während er auf den Radweg abbiegt. Halb vermute ich, dass er von diesem gleich wieder am mein Hinterrad springt, dafür ist er aber wohl zu platt.
Also:
Wer kennt den angeblich ehemaligen U23 EZF Weltmeister von der Bergstraße, heute vielbeschäftigter Dermatologe (!!!!!!!!), der heute in seiner so raren Freizeit Lighties auf der Landstraße ausführt, nur um ohne Anstand lutschend seine lang aus den Augen verlorenen Ziele zu erreichen? Vielleicht können wir ihn dann ja bei Herzblatt anmelden?
Danke!
p.s. Auf der Radhose steht: athleta.de
p.p.s. Ja, derzeit ist hier Mittagspause!
p.p.p.s. Idealerweise meldet er sich mal selbst zu Wort und wir sehen dann, wie flasch meine Wahrnehmung so war.