und man es sich zu einfach macht, die christliche Kirche zu kritisieren, weil es heutzutage nicht weh tut
Ich persönlich habe eine ganz andere Erfahrung gemacht. Es ist überhaupt nicht einfach, die christlichen Kirchen öffentlich zu kritisieren.
Es besteht ein sehr großer Unterschied beispielsweise zur Kritik an politischen Ansichten oder Parteien. Bei politischen Debatten geht es um Inhalte und Argumente -- aber niemand würde jemandem das Recht absprechen, sich zu äußern oder Kritik vorzutragen. Dieses Recht halten wir für garantiert. Ganz anders ist das bei Kirchen-/Religionskritik. Hier wird allein die Tatsache, dass jemand Kritik übt, zum Gegenstand grimmiger Auseinandersetzungen.
Auch dieser Thread dreht sich in sehr weiten Teilen um die Frage, ob es überhaupt statthaft ist, Glaube und Religion zu kritisieren ("Lass' den Leuten doch ihren Glauben"). Bis es überhaupt zu einer Abwägung von Argumenten kommt, muss ein dichtes Dornengeflecht überwunden werden. Wohlgemerkt, in einem Thread, der sich ausdrücklich der Religionskritik widmet.
Ich finde es für mich persönlich auch nicht zutreffend, dass die vorgebrachte Kritik inhaltlich einfach wäre, in dem Sinne, dass man sich ein "einfaches Opfer" gesucht hätte. Stattdessen ist die Kritik inhaltlich komplex und setzt eine intensive Beschäftigung mit dem Thema voraus. (Ein Aufwand, den sich die "andere Seite" oft erspart.)
Ich finde also Kirchenkritik weder einfach auf einer persönlichen Ebene, noch einfach auf einer fachlichen Ebene.
ein Kind einen Vater und eine Mutter braucht? Ich meine ja und das wäre für mich ein Punkt, wofür ich der Kirche eventuell auch Geld gäbe.
Zitat:
Zitat von Flow
Wenig Interesse, Michels Standpunkt nachzuvollziehen oder sich konstruktiv damit auseinander zu setzen.
Nehmen wir an, wir wüssten exakt, wie Kinder am besten aufwachsen. Nehmen wir an, wir wären uns darin völlig einig und es bestünde nicht der geringste Zweifel.
Was hätte das mit den Kirchen zu tun?
Kirchen haben kein politisches Mandat, folglich können sie keine Gesetze beschließen. Kirchen stellen keine Richter, folglich haben sie keinen Einfluss auf die Rechtsprechung. Inwiefern also kann man durch eine Unterstützung der Kirchen erreichen, dass das Wohl der Kinder tatsächlich durchgesetzt wird? Durchsetzen kann man es nur mit Gesetzen und Gerichtsurteilen.
Was sich Gläubige von den Kirchen erhoffen, ist etwas anderes. Die Kirchen sollen sich lautstark in die öffentliche Debatte einmischen, um auf diese Weise die öffentliche Stimmung und in Folge auch Wahlergebnisse zu beeinflussen. Das ist legitim.
Aber wie wird diese Einmischung erfolgreich? Es nützt nichts, wenn die Kirchen betonten, wie grandios die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie sei. Denn dadurch wäre nicht bewiesen, dass andere Konstellationen nicht ebenso grandios sein können.
Stattdessen ist es erforderlich, andere Konstellationen anzuschwärzen. Sonst funktioniert das Argument nicht. Um das Vater-Mutter-Kind-Modell als alleiniges Modell durchzusetzen, ist es erforderlich, andere Modelle herabzusetzen. Es ist zwangsläufig eine destruktive Haltung.
Mit einer solch destruktiven Haltung und einer Herabsetzung unbescholtener Personen ist die Gesellschaft aber mehrheitlich nicht mehr einverstanden. Dazu sind nur noch jene Leute bereit, die "andere Lebensweisen"* sowieso als herabgesetzt betrachten. Dies offen zu äußern gilt jedoch mehr und mehr als hinterwäldlerisch. Man delegiert es deswegen an eine vermeintlich noble Agentur, nämlich die Kirche, und man gibt vor, dies geschähe aufgrund eines noblen Motivs, nämlich dem Wohl der Kinder.
Die Kirchen betreiben nichts weiter als das Herabsetzen anderer Leute. Es ist lupenreines Mobbing: Sie geben keine wissenschaftlichen Studien in Auftrag; sie beteiligen sich nicht an einem durch Argumente geführten Diskurs; ihre Äußerungen sind frei von den Erkenntnissen der Soziologie, Psychologie, Didaktik oder sonstigen nachprüfbaren Erkenntnissen. Es hat auch mit Theologie nichts zu tun. Schon gar nicht mit Fairness. Es ist einfach nur plumpes Mobbing. Es ist genau das, was ihre Unterstützer sich erhoffen, sich aber selbst nicht (mehr) trauen.
Wer wirklich an einer Klärung der Frage interessiert ist, welche Familien-Modelle förderlich oder schädlich für Kinder sind, der leistet auch einen Beitrag dazu; der postuliert nicht einfach eine Antwort und stellt sich anschließend taub gegenüber allen Einwänden. So ignorant verhält sich nur jemand, der keine stichhaltigen Argumente vorweisen kann. Eben darin stimmen die Kirchen mit ihren Unterstützern überein: Die Argumente sind gescheitert, und übrig geblieben ist allein die möglichst lautstarke Herabsetzung des vermeintlichen "Gegners".
Dafür zünden manche Gläubige auch gerne eine Kerze an. Für das Gute auf der Welt und zum Lobe des Herrn.
---
*beispielsweise alleinstehende Frauen mit Kind
Mir scheint, das naturalistische Argument ist hier nur vorgeschoben.
Nein. War und ist aufrichtig gemeint. Wie kam Jesu auf die Welt? Wie kommen gleichgeschlechtliche Paare zu Kindern? Wegen des naturalistische Argumentes gar nicht. Natürlich war's auch schon im Mittelalter so, dass der jugendliche Sohn vom Onkel großgezogen wurde, da der verwitwete Vater im Krieg geblieben ist. Welche Form der Familie für welches Kind ideal ist, wer weiss das schon mit absoluter Sicherheit? Ich halte Vater + Mutter + Kind(er) für grundsätzlich richtig und ideal, da das naturalistische Argument inkludiert ist. Diese impliziert nicht, dass andere Formen der Familie falsch seien oder falsch sein müssten.
Zitat:
Zitat von Jörn
Nehmen wir an, wir wüssten exakt, wie Kinder am besten aufwachsen. Nehmen wir an, wir wären uns darin völlig einig und es bestünde nicht der geringste Zweifel. Was hätte das mit den Kirchen zu tun?
(...)
Damit Kinder aufwachsen können, müssen sie vorher gemacht werden. Und da sind wir wieder beim naturalistischen Argument. Damit haben unter Deiner Prämisse der Wahrheitsgültigkeit sowohl die Kirchen ein Problem als auch gleichgeschlechtliche Paare. Die einen diskutieren es mit dem Glauben weg (unbefleckte Empfängnis). Die anderen mit vernünftigen und wissenschaftlichen Argumenten (Adoption). Darin sehe ich eine Schnittmenge, so dass sich Kirche und in Sachen Liebe gleichgeschlechtlich ausgerichtete Menschen annähern können. Nicht mehr und auch nicht weniger wollte ich zum Ausdruck bringen.
Das kann ich auch teilweise nachvollziehen; mich wundert beispieslweise auch das Verständnis von ansonsten für Feminismus eintretenden Menschen für das Kopftuchgebot in deutschen islamischen Familien; der intellektuelle Spagat zwischen Religionsfreiheit und Frauenrechten ist mir persönlich zu groß. Ähnliches gilt für Beschneidungen Minderjähriger in Deutschland u.a.m.
Solche Fragen interessieren mich persönlich mehr. Ich habe den Eindruck, dem Deutschen fällt es viel leichter, seine eigene Relgion scharf zu kritisieren, als den Islam und Probleme, die in unsere Gesellschaft damit auftauchen. Über Jahrunderte waren islamische Länder den westlichen Ländern weit voraus. Mit der Kolonialisierung und dem wissenschaftlichen Aufschwung seit dem Mittelalter ist es umgekehrt. Ich hatte dies hier mal angesprochen, dann heißt es aber sinngemäß, dass diese Entwicklung trotz scharfem Widerstand der Kirchen stattgefunden hat und der Islam in Teilen fortschrittlicher sei. Typisch deutsch, und deswegen auch interessant für mich. Texte über "Umvolkung" und "Islamisierung Europas" habe ich vor ein paar Jahren nicht mal angelesen. Bestenfalls die Nase gerümpft, wahrscheinlich abgestempelt. Mittlerweile denke ich ernsthaft darüber nach. Ebenso ist es klar, dass sich der eine oder andere freut, wenn wir unsere eigene Religion (historisch gesehen) totkritisieren.
Solche Fragen interessieren mich persönlich mehr. Ich habe den Eindruck, dem Deutschen fällt es viel leichter, seine eigene Relgion scharf zu kritisieren,
das sind meines Erachtens fundamentale Missverständnisse Deinerseits.
1.
Der Deutsche kritisiert seine eigene Religion, sowohl bei Christenkritik, als auch bei Islamkritik.
2.
Scheint es mir nicht so als ob Arne & Jörn ihre Religion kritisieren.
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PB
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Nein. War und ist aufrichtig gemeint. Wie kam Jesu auf die Welt? Wie kommen gleichgeschlechtliche Paare zu Kindern? Wegen des naturalistische Argumentes gar nicht. Natürlich war's auch schon im Mittelalter so, dass der jugendliche Sohn vom Onkel großgezogen wurde, da der verwitwete Vater im Krieg geblieben ist. Welche Form der Familie für welches Kind ideal ist, wer weiss das schon mit absoluter Sicherheit? Ich halte Vater + Mutter + Kind(er) für grundsätzlich richtig und ideal, da das naturalistische Argument inkludiert ist. Diese impliziert nicht, dass andere Formen der Familie falsch seien oder falsch sein müssten.
Ideal bedeutet ja übersetzt "vollkommen" bzw. die Annäherung an Vollkommenheit oder die Annäherung an eine Norm. Alle anderen Familienformen wären demnach vom Ideal entfernt und entsprechend "unvollkommen" bzw. weniger "vollkommen". Wer Kindern von Alleinerziehenden (ca. 1/3) oder auch Regenbogenfamilien (ca. 1 %) mit einer solchen Einstellung (unvollkommenes, unter dem Ideal bleibendes oder abweichendes Familienmodell) wahrnimmt und innerlich begegnet, macht IMHO Kindern aus solchen Familien halt tatsächlich Probleme und viel weniger die Familienform selbst, in der sie aufwachsen. Einfach mal darüber nachdenken, was eine solche Einstellung für die Kinder aus Regenbogenfamilien bedeutet und welche Folgen das psychisch u.U. haben kann. Darüber macht sich leider der kath. Klerus IMHO wenig Sorgen. Es entspricht halt geradezu seiner Idee der menschlichen Unvollkomenheit und der Busse vor Gott. Letzeres brauchen die Regenbogenkinder und -Eltern beim Klerus, um Vergebung zu bekommen, für die Sünden der Unvollkommenheit und Verführungen der ...... .
Von der formalen Gleichheit der Regenbogenfamilie bis zur gelebten Anerkennung der Verschiedenheiten der Familienformen im Alltag ist halt ein langer Weg.
Zitat:
Zitat von Trimichi
Damit Kinder aufwachsen können, müssen sie vorher gemacht werden. Und da sind wir wieder beim naturalistischen Argument. Damit haben unter Deiner Prämisse der Wahrheitsgültigkeit sowohl die Kirchen ein Problem als auch gleichgeschlechtliche Paare. Die einen diskutieren es mit dem Glauben weg (unbefleckte Empfängnis). Die anderen mit vernünftigen und wissenschaftlichen Argumenten (Adoption). Darin sehe ich eine Schnittmenge, so dass sich Kirche und in Sachen Liebe gleichgeschlechtlich ausgerichtete Menschen annähern können. Nicht mehr und auch nicht weniger wollte ich zum Ausdruck bringen.
Schaut auch mal auf die Grössenordnungen an, über die wir diskutieren:
"Diese stellen eine relativ seltene, wenn auch sehr vielfältige Familienform dar, wobei eine genaue Schätzung ihrer Anzahl aufgrund der Datenlage schwierig ist[1]. Unter den Regenbogenfamilien sind Adoptiv- und Pflegefamilien ebenso zu finden wie Familien, deren Kind aus einer heterosexuellen Partnerschaft stammt oder mittels Insemination, also der künstlichen Übertragung von Samen, in der aktuellen lesbischen Beziehung geboren wurde (Buschner/Bergold 2017a; Rupp/Dürnberger 2010).
2016 bildeten etwa 95.000 gleichgeschlechtliche Paare einen gemeinsamen Haushalt. Etwa jede Zehnte dieser Partnerschaften (n ≈ 10.000; 10,5 Prozent) kann als Regenbogenfamilie im engeren Sinn bezeichnet werden, da hier zum Befragungszeitpunkt mindestens ein lediges Kind im Haushalt der Männer- oder Frauenpaare lebte[2]. Rund 14.000 Kinder waren 2016 in Deutschland Teil einer solchen Regenbogenfamilie (0,07 Prozent aller ledigen Kinder in Deutschland; Statistisches Bundesamt 2017: S. 140).
Im Vergleich dazu bildeten im gleichen Jahr 7.894.000 verschiedengeschlechtliche Ehepaare und 970.000 nichteheliche Lebensgemeinschaften mit ledigen Kindern sowie 2.701.000 Alleinerziehende einen Familienhaushalt (Statistische Bundesamt 2017: S. 76f.)."