Bin ja in diesem Forum eher der Mitleser, aber die 5 Tage in Nizza, gemeinsam mit meiner Frau und 2 meiner Töchter, haben mich so beeindruckt, daß auch ich ein paar Worte dazu verlieren möchte:
Qualifiziert hatte ich mich mit Platz 18 in der AK55 in Frankfurt. Dort gab es 17 Qualiplätze, ich war also der erste Nachrücker. Wohlwissend, daß eine zukünftige Hawaii-Quali deutlich mehr Glück und Leistung brauchen wird, habe ich zugegriffen. Und ich bereue das keine Sekunde.
Was mich in Nizza besonders beeindruckt hat, war neben dem Wettkampf das Drumherum und viele besondere kleine Erlebnisse:
Natürlich die Altstadt - einfach wunderbar - Flair, Essen, Kaffee, belegte Baguettes und Kuchenteilchen
Der Morning Run, gemeinsam mit meiner Frau entlang der Promenade de Anglais
Die erste Rad-Ausfahrt mit der Hannes-Hawaii-Tours Truppe
Der Transfer vom/zum Flughafen persönlich durch Hannes, stilecht im 500er Mercedes Bj. 90 incl. schöner Gespräche
Nebenbei hatte Hannes mir noch eine Physiotherapeutin vor Ort besorgt, da ich seit einigen Wochen mit einem Läuferknie zu kämpfen habe. So konnte ich mich noch 2x vor dem Wettkampf behandeln lassen - auch wieder stilecht auf Hannes Hotelzimmer
Die "Nahbarkeit" unserer Stars - der eine oder andere Small Talk inbegriffen...
Schöner Zufall: Mein Namensnachbar auf den Ironman-T-Shirts ist "Joe Skipper" - nach dem Wettkampf erzählte mir meine Frau, daß sie an der Strecke den Trainer von ihm kenngelernt hat
Zu dem Wettkampf selbst: Es war meine fünfte und bei weitem härteste Langdistanz.
Das Schwimmen ging bei mir richtig gut (es war für mich das erste Mal eine LD ohne Neo).
Auch beim Radfahren lief alles nach Plan - dennoch war es dann insgesamt deutlich härter als gedacht. Die Anstiege waren zwar lang und zäh, aber gut fahrbar (auch dank einer 52/39 11/34). Eine Herausforderung waren für mich eher die Abfahrten, die kaum Erholung zuließen, da volle Konzentration von Nöten war. Jedenfalls war für mich die Wahl für das Rennrad die richtige Entscheidung.
Beim Laufen kam dann leider schnell der Hitzehammer und auch das Knie machte sich ab km10 deutlich bemerkbar. Die Hitze bekam ich dann zum Glück dank viel Eis in den Griff. Das Knie ließ sich mit einer 200m-Laufen/100m-Gehen-Strategie zum Mitmachen bewegen. Leider gab es ab der 3. Runde dann kein Eis mehr und ich musste auf die Duschen ausweichen. Glücklich kam ich dann nach 12:30 ins Ziel.
Noch eine kleine Ergänzung: Das Ironman-Motto fand ich sehr passend:
Avançons Ensemble – move forward - no matter what hurdles come your way
Nachtrag:
Es sind im übrigen 20 km/h erlaubt auf dem Radweg. Kontrollen habe ich keine gesehen, auch nie einen Blitzer. Denke gemütliches Rennradfahren mit 25 km/h ahndet keiner, wenn man an den innerstädtischen Zebrastreifen und Hot Spots vorsichtig ist.
Gestern nochmal schwimmen gewesen und mal bißchen Sightseeing gemacht, also hoch auf den Schloßhügel mit dem Wasserfall. Echt genial. Man steht da oben, hat eine 1A Aussicht auf das Meer und die Stadt und wird erfrischt von einem kühlendem Wassernebel.
Dann haben die das wohl in den letzten 4 Wochen verändert, ich habe noch 10 kmh Schilder gesehen....und auch Blitzer....war aber ein bisschen hinterm Flughafen..an der Promenade bin ich dieses Jahr nicht gefahren..
schön zu hören..
So - bin nun ein wenig ausgeruht und wie immer gilt: Der Schmerz geht, der Stolz bleibt. Jedenfalls bin ich JETZT mit meinem Rennen sehr zufrieden.
Während des Laufens hatte ich andere Gefühle. Es war mir viel zu heiß und die Wendepunktstrecke gleich viermal raus zum Flughafen und wieder zurück ist mir schon beim ersten Mal auf die Nerven gegangen. Aber immerhin habe ich eineinhalb Runden noch Eis bekommen, dann war´s aus. Aus den Duschen ist lauwarmes Wasser gekommen, den Gartenschlauch hab ich verweigert, weil ein Marathon in nassen Schuhen unweigerlich zu Blasen geführt hätte. Und dann hab ich mir mal einen Becher Wasser über den Kopf gekippt – es war Wasser mit Sprudel – echt jetzt? Kohlensäure? Ja ich weiß eh, hat Cola auch, aber WASSER???
Ab der zweiten Laufrunde hab ich mich auf der Strecke immer links gehalten, weil ich meine liebe Frau nicht sehen wollte, die auf der rechten Seite zugeschaut hat. Ich war mir sicher, wenn ich kurz stehen bleibe, um sie zu begrüßen, renne ich nicht mehr los. Also links halten, ja nicht nach rechts schauen, und Hirn ausschalten. Einen Schritt nach dem anderen, ja nichts denken außer: ein Schritt nach dem anderen. Ein Schritt und wieder einer … wie weit noch? Ruhe, Hirn! … ein Schritt und wieder einer … warum? … Ruhe, Hirn! … Irgendwann war ich tatsächlich am letzten Kilometer, im Zielkanal, im Ziel - nach 11:18 Stunden.
Das war doch deutlich langsamer als der Plan. Unter 11 Stunden hatte ich mir gewünscht. Es war im 12. Langdistanz-Triathlon mein erster Marathon über 4 Stunden (4:02). Das war auch nicht gerade meine Wunschvorstellung.
So schleiche ich dann raus aus dem Athletengarten und sehe meine Frau wieder. Meine bisher beste WM-Platzierung war Platz 57. Ich frage sie also: „Bin ich wenigstens 56. geworden?“ Sie schaut mich verständnislos an: „Was soll das? Du bist 14.!“
WAS? Dann kann das Rennen ja nicht gar so schlecht gewesen sein. Das Schwimmen war zwar langsam (1:17), aber ich war ja auch ohne Neo und ohne Speed-Suit unterwegs. Und das Radfahren war ohnehin super, das hab ich ja schon auf der Strecke bemerkt. 5:47 auf dieser Strecke, da gibt´s nichts zu meckern. Beim Radfahren war ich auch noch super drauf. Hab meine Wattgrenzen (bergauf nicht über 250 Watt) gelegentlich kontrolliert und eingehalten, hab mich über die sensationelle Strecke gefreut: die Dörfer auf den Bergspitzen, die Waldpassagen und die Wiesen neben der Strecke, über die Anstiege in der schattigen Schlucht, über die rasanten Kurven-Abfahrten an Felsen entlang und manchmal sogar im Tunnel durch die Felsen durch. Das hat Spaß gemacht.
Der Schmerz geht, der Stolz bleibt! Zwei Tage nach dem Rennen bin ich wirklich zufrieden. Und meine Frau hat mir verziehen, dass ich sie ignoriert habe … aus Zufriedenheit wird Glücksgefühl! 😊
Soweit mein Rennen, aber ich will auch eine kleine persönliche Analyse des Events anhängen. Mir hat Nizza als WM sehr gut gefallen. Die Stimmung war cool, und Nizza hat die Triathleten ganz selbstverständlich empfangen. Da war kein großes Theater. Eher so der Zugang: ja Triathlon-WM, eh super, macht mal. Aber unser Leben geht normal weiter.
Organisatorisch hat mir nicht alles gefallen. Dass man am Renntag nach dem Radaufpumpen und Flaschen draufstecken nicht mehr aus dem Käfig rausdurfte, war ärgerlich, umso mehr als ich dann fast 40 Minuten drinnen eingesperrt aufs Klo warten musste und damit fast meinen eigenen Start versäumt hätte. Auch die Verpflegungsstationen waren meiner Meinung nach erstens zu kurz (vor allem beim Rad) und zweitens zum Teil auch mäßig gut organisiert, etwa beim Laufen, wo ich dann im Vorbeigehen in die Becher geschaut hab, ob wirklich das drin ist, was ich brauche.
Das Rennen selbst war sicher WM-würdig. Der Rahmen allerdings war nicht ganz so pompös und mit Pathos aufgeladen wie in Kona. Auch die Stars haben auf mich viel zugänglicher gewirkt als in Kona. Liegt vielleicht auch an mir, bin ja auch schon ein wenig älter (55-59) und abgeklärter als früher. Aber mir hat Nizza wirklich gut gefallen.
Kona ist Kona, es ist Kult und es ist super. Und ich wünsche allen ambitionierten Triathleten, dass sie Kona erleben dürfen. Aber ich denke, auch Nizza hat was! Schauen wir mal, wie sich das entwickelt…
Vinokurov wird als Sieger der AK 50 und Jalabert als Sieger der AK 55 geführt.
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