Die Lehre aus den Jahren 2009 und 2010 bezüglich des Crossfit/Fasttwitch-Ansatzes war:
Bis Mitteldistanz funktioniert das bei mir auf jeden Fall, da komme ich mit fünf Stunden im Schnitt absolut problemlos durch bzw. konnte sogar spürbar zulegen.
Interessant sind dabei die Auswirkungen auf die einzelnen Sportarten:
Das Schwimmen „musste“ ich ja ab Herbst 2006 von September bis Anfang/Mitte Mai canceln, da das Hallenbad in Lindau bäh ist.
Die Bodyweight-Übungen, angeführt natürlich von Klimmzügen und Liegestütz, haben das nicht nur kompensiert, sondern dazu geführt, das ich auf den kurzen Strecken richtig schnell wurde. Kein Wunder, denn wenn die Technik kein großes Problem ist (womit ich keinesfalls behaupte, ein guter Schwimmer zu sein, aber für einen Triathlet ist es eben ausreichend) und man Kraft trainiert, dann spürt man das natürlich bis 400m.
Beim Radfahren war der Kraftzuwachs ebenfalls zu spüren, allerdings dezenter, da ich hier schon ein ganz ordentliches Niveau hatte.
Doch beim Laufen machte sich das Training in jeder Hinsicht bemerkbar.
Um eventuellen Einwänden gleich vorzubeugen: Ich habe hier ja immer wieder darauf hingewiesen, dass es um mich geht, wie mein System dieses Training aufnimmt und umsetzt - ein klassisch dünner Läuferhering verdoppelt halt mal eben seine Umfänge und wird dadurch schneller, doch das ist für mich eben nicht möglich.
Also:
- Ich konnte schneller laufen, sowohl die kurzen als auch die längeren Distanzen (bis HM).
- Ich konnte die Anstiege hier im Allgäu kraftvoller hochrennen
- Ich konnte nach dem Radfahren sofort ein hohes Tempo aufnehmen und relativ lange halten
Aber:
Um bei einer LD im vorderen Agegrouper-Bereich mitspielen zu können, muss man dieser Trainingsform noch ein paar längere Einheiten hinzufügen - und das sollte nun die Vorgabe für 2011 werden:
1. Die beiden Trainingsformen des intensiven und des klassischen Ansatzes so verbinden, dass es funktioniert.
2. Eine neue Bestzeit in Klagenfurt aufstellen (über Sub9 sprach’ ich aus Prinzip nicht mehr), wobei es auch Frankfurt, Florida, Roth etc. hätte sein können - all diese LDs geben sich meiner Erfahrung nichts, was die einzelnen Streckenlängen und von mir erzielten Zeiten betrifft, daher bitte später keine Kommentare, dass eine Zeit in Klagenfurt nichts wert ist …
Der Zufall wollte es, dass ich im Herbst 2010 einen jungen, sehr, sehr talentierten Radfahrer „betreute“ und über zwei Ecken dann ehrenamtlich das Wintertraining des Ruderclubs in Lindau (man darf sich hier allerdings keine Olympia-Teilnehmer vorstellen, sondern normale Leute, die halt im Sommer ein-, zweimal gemütlich im Bodensee rudern).
Montags Training für alle = von 12 bis 70 Jahren, donnerstags bot ich eine Spinningstunde an, weil ich dem örtlichen Fitness-Studio einen „Deal“ vorschlug, den dieser freundlicherweise annahm und ab und zu gab es eine Stunde am Sonntagabend für die masochistischen Schmerzresistenten …
Ich erinnere mich noch gut an die erste Montagsstunde:
In der Ansprache hatte ich die Anwesenden darauf vorbereitet, dass es ein körperumfassendes Training geben werde, eine sehr bunte Mischung aus kurzen, intensiven Einheiten, „Gymnastik“ und eventuell kurzen Spielen - und dass sie Muskelkater an Stellen haben würden, deren Existenz sie vorher nicht kannten …
Und: Es würde jeder nach seinen Fähigkeiten mitmachen können, es sei völlig egal, ob jemand eine Liegestütz auf den Knien oder 100 Liegestütz auf einem Arm schaffen würde, bei „meinem“ Training gab es keine quantitativen Vorgaben (und wenn, dann differenzierte ich sie entsprechend).
Das Ergebnis war wirklich toll:
1. wuchs die Gruppe die Woche drauf um 50 %, weil sich das ungewöhnliche Training blitzschnell rumgesprochen hatte.
2. kamen die Teilnehmer der Vorwoche zu mir, um begeistert zu erzählen, sie hätten die ganze Woche überall Muskelkater gehabt, aber das wäre überhaupt kein Problem gewesen, denn das Training hätte ihnen so gut gefallen und sie würden sich schon wieder auf en heutigen Tag freuen.
Es hat Spaß gemacht, wie mir Frauen mittleren Alters, die im November keine Liegestütz konnten, im März stolz erzählten, wie sie die ersten, echten geschafft hatten, oder wie ein 70jähriger Herr (allerdings grundsätzlich sportlich) meinte, seine Rückenprobleme hätten sich reduziert.
Das Spinningtraining am Donnerstag war klassisch HIIT, wobei ich hier eine Stunde zu füllen hatte, so dass ich allein fürs Einradeln schon 20min verbrauchte und dann zwischen die einzelnen Segmente längere Verschnaufpausen einlegte.
Das Masochisten-Training am Sonntag war eine Weiterentwicklung dessen, was wir auf Fasttwitch als milestone-Einheiten eingeführt hatten:
Knackige Belastungsintervalle unterschiedlichster Länge (von 5sec bis max. 4min) und statt Pausen gab es hier Bodyweightübungen, wie Kniebeuge/Ausfallschritt-Sequenzen, Treppensprints, Mountainclimbers etc. - das war wirklich nur was für die Hardcore-Fraktion, aber goil war’s!
Ich bin danach meist noch aufs Laufband und zwanzig Minuten irgendwelche Intervalle gerannt.
Noch ein Punkt ist erwähnenswert:
Ich besitze seit 2000 eine Rudermaschine, die ich nun wieder ein bisschen mehr aktivierte, nachdem im Ruderclub zwei Jungs dabei waren, die richtig angefixt von meinem Training waren und die auch gut rudern konnten.
Ich hatte mich nach dem Zieleinlauf in Südafrika mit Petr Vabrousek unterhalten, der mir erzählte, er wäre früher gerudert und glaube deshalb, eine gute Basis für das Schwimmen zu haben, obwohl der nicht sehr viel dafür trainieren würde.
Das erschien mir sehr einleuchtend, denn Rudern ist definitiv eine „komplette“ Sportart in dem Sinn, dass Du damit alles trainierst: die Beine, den Rumpf, den Oberkörper, die Arme, das Herz-/Kreislaufsystem, Kraft, Ausdauer.
Ich kombinierte also zuhause Rudereinheiten mit Rad oder mit Lauf und hatte viel Spaß (ich bekomme beim Schreiben gleich Lust, jetzt sofort ein paar Einheiten zu machen, optimal kurz vor einer LD, wenn man die letzten drei Monate nur wenig davon gemacht hat …)
Das Wintertraining war folglich schon aufgrund der „Pflichttermine“ strukturiert, ich musste dazwischen lediglich meine Einheiten legen, die ausschließlich aus kurzen Lauf- und Radintervallen (Schwimmen ging ich ja nicht) sowie Deadlifts, Burpees, Squats, Liegestütz, Klimmzügen, Crunches etc. bestanden - entweder allein oder alles munter miteinander kombiniert, so dass der Körper schon allein von der motorischen Umstellung völlig perplex wurde.
Von November 2010 bis Ende Februar 2011 überstieg meine Wochentrainingszeit trotzdem nie die sechs Stunden.
Nun hatte ich ja, bis auf die Osterferien mit meiner Familie auf GC in 2005 noch nie ein Trainingslager absolviert (der Versuch in Italien im April 2003 scheiterte nach zwei oder drei Tagen am Wetter), also beschlossen mein Triathlonfreund Martin und ich spontan, eines einzulegen, Martin hatte sich nämlich ebenfalls für Klagenfurt angemeldet, wir hatten demnach das gleiche Ziel.
Ich überließ Auswahl und Buchung ihm und er präsentierte mir Ende Februar ein preislich tolles Angebot eines 4- oder 5-Sterne-Hotels in Antalya/Türkei - wir hatten zwar keine Ahnung, was uns dort erwartete, gingen aber davon aus, dass es dort eine für uns nutzbare Infrastruktur gäbe.
Tja, wie soll ich es formulieren:
Die Türken sind total begeistert, wenn Du mit einem Rad, noch dazu Rennrad, auf den Straßen fährst, hupen und winken aus ihren Autos - das ist sehr nett.
Sobald Du aber die dreispurigen Straßen, auf denen man sehr mutig sein muss, um richtig zu radeln, verlässt, beginnt blitzartig das Hinterland.
Und ‚Hinterland‘ bedeutet halt dann Straßen wie in Frankreich (
…hehe, wenn das ein Franzose liest, der bringt mich um) und wenn Du in die Berge fährst, die sofort hinter Antalya beginnen, dann wird Straße zu einem sehr weit dehnbaren Begriff.
Da sind Löcher, in denen Du Ziegen verstecken kannst, noch das kleinere Übel, es ist ein z. T. messerscharfer Belag, der Dich bei Abfahrten alle Kraft in die Hände zum Bremsen stecken lässt, so dass Du meist langsamer bergab als bergauf fährst und noch dazu mit Krämpfen und völlig erschöpft unten ankommst.
Dazu ist es im März zwar am Meer mollig warm und ein Sonnenbrand schnell fabriziert, aber sobald Du in die Höhe fährst, wird es bitterkalt.
Einmal drehte ich bei einer Bergtour um, weil so viel Schnee lag …
Abfahrten gestalteten sich also wie folgt:
Du hattest die Wahl, in tiefen Löchern zu verschwinden, Dir auf französischem Belag die Haut aufzureißen oder zu erfrieren.
Ich versuchte daher immer wieder andere Wege/Straßen zu finden, doch unser Hotel lag am Rand von Antalya und nach 15km begann als einzige Verbindung nach Westen ein Tunnel, den selbst ich nicht fahren wollte, und es mit dem Rad komplett durch Antalya zu wagen, um dann im Osten irgendwelche besseren Strecken zu finden, ist reiner Selbstmord, zumal man ja nicht weiß, ob die Straßen dann wirklich besser sind.
Ich habe das trotzdem zweimal gemacht und bin das eine Mal auf der Autobahn gelandet, da die Straße kommentarlos zur AB wurde. Doch irgendwann machen Dich die an Dir vorbeibrausenden LKWs ein wenig mürbe, wenn Du spätestens beim fünften Laster über die Regelung Deines Nachlasses nachdenkst, und Du fährst wieder raus.
Nichts desto trotz schaffte ich fünfmal Radeinheiten von knapp vier Stunden in den zwei Wochen, Laufen an der sehr langen Promenade war ein Schaulaufen ohne Gleichen, denn das kannten die Türken hier überhaupt nicht: zwei Triathleten, die in ihren knappen Hosen und Placebo-Shirts (nur zwei Träger mit einem Mini-Fetzen Stoff dran) wie die Gestörten zwischen ihnen Slalom liefen.
Ach ja, zum Schwimmen: Martin hatte in seiner Begeisterung für das tolle Angebot völlig vergessen, nach dem Pool zu fragen, nur den Outdoor-Pool gesehen und gemeint, das wäre doch perfekt.
Der Indoor-Pool verdient den Namen „Pool“ nicht, es ist eher eine große Badewanne mit 12m oder 15m Länge, was für mich in der zweiten Woche gar kein Problem war, darin Intervalle zu schwimmen, muss man halt öfter umdrehen!
Ja, aber der Outdoor-Pool!
Nun, dem fehlte die entscheidende Ingredienz = Wasser, denn jedes Jahr wurde der Outdoor-Pool erst im April, evtl. zu Ostern (sollte das davor liegen) eingeweiht.
Wir sahen also fleissige Arbeiter täglich den Pool und sein Umfeld schrubben, lackieren und schön machen, aber für uns würde diese Mühe umsonst sein.
Martin probierte es noch mit dem kristallklaren Meer, doch mit Neo war das selbst ihm, der quasi in jedes Wasser geht, zu frisch.
Man kann also zusammenfassend zu diesem Trainingslager sagen:
- Die Türken sind unglaublich gastfreundlich
- Wir hatten viel Spaß beim Radeln, aber richtig trainieren ist anders
- Schwimmen fiel ins nicht vorhandene Wasser
- Das Hotel Su war und ist ein sehr schönes Hotel (Bilder folgen)
Ich kam trotzdem auf 22 und 20 Stunden Training (immerhin eine Vervierfachung meines bisherigen Trainingspensums!) also ein voller Erfolg für mich - und zuhause würde ich dann ja richtig radeln können, denn der Winter 2010/2011 war recht mild gewesen.
Nun musste ich nur die Aufgabe lösen, die „klassischen“ Einheiten in mein Training zu integrieren, noch lagen üppige drei Monate Zeit bis Klagenfurt vor mir.