No medal monday, dafür dnf. Abgebildete Medaillen gehören nicht mir.
Die Aufgabe ist anspruchsvoll: 26 km run, 7 km swim, 55 Transitions. Vom Beschluss und dem Beginn der Planung 9 Monate Zeit, also: keine Angst, trainieren, üben, ran an den Speck sowie gelassen bleiben. Ich mache schon lange genug Ausdauersport und dies ist eine neue Herausforderung: was soll schon passieren?
Einiges. Lauter unvorhergesehenes und leider nichts angenehmes. Zwar habe ich den ganzen Winter und Frühling immer trainiert aber nicht sehr ehrgeizig, wozu auch? Zeitziele gab es nicht, Erfahrung jede Menge und alles lief normal. Syltlauf 33 km unauffällig, zusammen mit meinem Ötillöpartner, Anfang Juni noch ein schneller 10er quasi aus der kalten Hose und dann Materialtests sowie der erste Schlag in die Magenkuhle: schwimmen mit Schuhen, Pullbuoy und Paddles ist gar nicht so einfach ! Ups. Da müssen wir wohl nochmal ran. Und nochmal ups: laufen im Neo mit Pullbuoy, Paddles, Badekappe und Brille ist irgendwie… na ja, üben hilft, ein wenig. Spannend fand ich auch im Vorfeld die Wechsel. 55 sind in Göteborg angesagt! Paddels richten, Poolbuoy setzten, Kappe übers Ohr, Brille auf, schwimmen. Oder andersrum: Brille hoch, Paddles verstauen (oder auch nicht), Poolbuoy nach hinten. Wow. Aber weiterhin optimistisch.
Ich will hier nicht weiter langweilen mit einem dicken Knie und langer Laufpause gerade dann, als es fürs Training am wichtigsten war, ich bekam eine Wunderheilung durch eine schöne Osteopathin im letzten Moment. So richtig auf die Fresse gab es, als mein Partner ausfiel: Minisikus-OP. Kein gegenseitiges Motivieren unterwegs, kein Ziehen im Wasser, alles allein. Shit. Aber weiter optimistisch. Ich glich meine üblichen Leistungen mit denZeitlimits ab - problemlos. Nach kurzer Diskussion (war irgendwie leicht einseitig) einigten Angela und ich uns auf eine einwöchige Südschwedenrundreise mit drei Tagen Göteborg. Wunderbar. Und wegen der Schuhprobleme nochmal im Fachhandel gewesen, nix Internet, und was neues ausgesucht: leicht, schmal, bretthart, gut schwimmbar. Hurra. Letzte Tests in unserem Urlaubsdomizil am See, den ganze See geschwommen, knapp 5 km, langsam und problemlos, dann die Seerunde von 17 km in progressiven sub 90 min gelaufen, einwandfrei. Die Form ist da, pünktlich.
Göteborg, am Nachmittag vorm Start, letztes Studium der Ausschreibung. Bis 18 h kann ich noch von World Series (26 km + 7 km) auf Sprint (14 km + 4 km) oder gar Experience (8 km + 1500 m ) ummelden, aber wozu? Ist ja save. Am Morgen also ganz wunderbar rausgefahren in die Schärenküste, ein ganzes Schiff voller Modellathleten. Wow. 16•C Wassertemperatur, stellt sich als erfrischend raus, man ist heiss vom Laufen. Und ehe sich das Wasser kalt anfühlt läuft man sich wieder warm. Geiles Format!
Aber dann gibt es voll auf die 12: das angebliche Laufen ist gar kein Laufen, wichtig ist, dass Du in der Lage bist, ständig von Felsen zu Felsen zu springen, rauf und runter. Irre. Zu Hause nicht trainierbar. Das also ist es, was die Veranstalter mit „unique environment“ gemeint haben. Holy shit. Ich bin extrem defensiv (und habe trotzdem heute alles zerkratzt und zerschürft) und langsam. Von laufen kann keine Rede sein. Lächerlich auch die 40 hm aus der Ausschreibung: ich würde sagen 1.000, es geht nur auf und ab, Untergrund überwiegend Granit. A propos Granit: geil kommt auch, über den moosigen, nassen Granitfelsen an Land zu kommen, 3x schlage ich tollpatschig lang hin, ein Wunder, dass mir nichts ernstes passiert ist. Schon bald bin ich ganz allein unterwegs, die vorgeschriebene Sicherheitstrillerpfeife würde hier auf der unbewohnten Insel niemand hören, auch einige meiner Schwimmpassagen sind nicht mehr beaufsichtigt.
Leicht schrill. Etwas Todessehnsucht als Charaktereigenschaft wäre jetzt ganz übel. Immerhin hat jeder Teilnehmer einen gps-Tracker, der hilft, wenn später jemand fehlt. Noch schriller.
Nach 19 km run, 6 km swim und 42 Wechseln teilt man mir am letzten cut off mit, dass ich draußen bin. Da warten schon so einige auf das Boot, das uns zum Start-Zielbereich bringen soll. Ich war der letzte, der noch den vorigen cut-off passieren durfte und habe nichts gegen mein dnf. Einfach gargekocht. Aber es musste ja gleich im ersten Versuch die World Series sein.
Woran lag‘s? Das laufen auf Granit habe ich völlig falsch eingeschätzt, speziell das ganze Gespringe und Gekletter. Vor allem fürs Runterspringen bin ich einfach nicht mehr geeignet, ganz klar. Voll der Griff ins Klo war auch die Schuhwahl: die haben zwar im Wasser nicht so sehr gestört, dafür waren sie aber auf Granit viel zu hart und beim moosig-algigen Anlanden viel zu glatt. Allein die Wechsel: während das bei den geübten Einheimischen völlig flüssig ablief, im Anlauf auf den Wechsel wurde die Ausrüstung justiert, verlor ich jede Menge Zeit, und das multipliziert mit 42 (von 55).
Trotz des dnf empfinde ich keinen Groll, no worries. Während ich 2019, als ich beim Triathlon L von Alpe d‘Huez gescheitert bin, im Anschluss eine ausführliche Fehleranalyse gemacht und dann das abgearbeitet habe, um dann zwei Jahre später als Sieger (also, für mich) daraus hervorzugehen, bin ich eigentlich ganz zufrieden. In Schweden war es toll, Archipelago ist unglaublich, das Format ist Wahnsinn und Spaß hatte ich auch. Reichlich. Swimrun? Gerne wieder, diese Strecke aber sicher nicht. Mund abputzen. In zwei Wochen Elbetriathlon. Und 2024 bekommt auch wieder einen Höhepunkt verpasst, Zitat Ulli Hoeneß: „Das war’s - noch nicht!“