Meine persönliche Sicht: Entspannungspolitik ist das, wo wir alle gerne hinwollen. Für mich ist das eine Erkenntnis des Kalten Krieges.
Ich erinnere mich sehr gut daran, als 1989 die Berliner Mauer öffnete. Ich wohnte damals bereits allein, ging in die zwölfte Klasse und besaß einen kleinen Schwarzweiß-Fernseher mit ausziehbarer Antenne. Von morgens bis abends liefen die Bilder aus Berlin. Bereits zum Frühstück schaute ich zu, flitzte in die Schule und machte am Mittag sofort die Glotze wieder an. So ging es vielen. Man war wie gebannt.
Was damals um die ganze Welt ging, war dasselbe Gefühl, dass mich damals als Pennäler ergriff: Dieses innere Aufatmen. Scheinbar über Nacht war die Welt ein besserer Ort geworden. Michael Gorbatschow wurde in Deutschland zu einer Ikone des Friedens.
Jetzt leben wir in Kriegszeiten. Dazu gehört die verbale Mobilmachung in den Medien und in der Politik. Entspannungspolitik wird zum Schimpfwort, so wie der Begriff des "Gutmenschen" während der Flüchtlingskrise. Wer für Deeskalation plädiert, wird diffamiert als Mitschuldiger an den Kriegsopfern, als Unterstützer des Angriffskrieges, oder, wie in meinem Fall, als jemand, der die Vergewaltigung von Frauen in deutschen Straßen tatenlos hinnehmen würde.
Ich hoffe, dass wir wieder zu einer Entspannungspolitik finden.
Krieg hat aus meiner Sicht nichts mit aktiver Entspannungspolitik zu tun. Dies zeigt gerade unsere Geschichte und Verantwortung in Deutschland.
Die Geschichte Deutschlands zeigt, dass man sich einem Aggressor manchmal entgegenstellen muss, damit Grossmachtsphantasien durchgedrehter Diktatoren nicht zur Realität werden.
Zitat:
Zitat von Deichman
Wer sich der Friedensbewegung verbunden fühlt und sich mit Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung verbunden fühlt, lehnt aus meiner Sicht jegliche deutsche Beteiligung und Waffenlieferungen in Krisenregionen ab. Dies gilt natürlich auch für den aktuellen Konflikt an der russisch-ukrainischen Grenze.
Das liest sich, als gäbe es Grenzscharmützel. Es geht um einen Angriffskrieg Russlands auf dem Staatsgebiet der Ukraine. Da Du Waffenlieferungen ablehnst bist Du offensichtlich dafür, dass Putin die Ukraine besetzt. Welche Eingeständnisse macht Putin Deiner Meinung denn noch, wenn er alle Gebiete der Ukraine besetzt hat, die ihm wichtig sind und die Soldaten der Ukraine nur noch Messer und Äxte zur Selbstverteidigung haben?
Zitat:
Zitat von Deichman
Statt wechselseitiger Drohgebärden bräuchte es hier eine kluge Entspannungspolitik. Deutschland und die europäischen Mitgliedsstaaten sollten nach meiner Ansicht eine vermittelnde und neutrale Rolle in diesem Konflikt einnehmen.
Hast Du die Nachrichten der letzten Monate verfolgt und in der Schule in Geschichte einen Fensterplatz gehabt?
Die Geschichte Deutschlands zeigt, dass man sich einem Aggressor manchmal entgegenstellen muss, damit Grossmachtsphantasien durchgedrehter Diktatoren nicht zur Realität werden...
Ist das die einzige Lehre? Oder kann es sein, dass man aus diesen vielen Jahren noch andere Lehren ziehen kann?
Weiterhin:
gilt diese Lehre nun überall und für immer, also einem Naturgesetz gleich?
Statt wechselseitiger Drohgebärden bräuchte es hier eine kluge Entspannungspolitik. Deutschland und die europäischen Mitgliedsstaaten sollten nach meiner Ansicht eine vermittelnde und neutrale Rolle in diesem Konflikt einnehmen.
Du willst eine "vermittelnde und neutrale Rolle" zwischen einem Mörder und den Opfern seiner Mord(versuch)e einnehmen?
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AfD-Verbot jetzt - und die "Werteunion" am besten gleich mit!
Russland ist ein Terrorstaat.
Unite behind the science!
Fahrrad for future!
Wer für Deeskalation plädiert, wird diffamiert als Mitschuldiger an den Kriegsopfern, als Unterstützer des Angriffskrieges, oder, wie in meinem Fall, als jemand, der die Vergewaltigung von Frauen in deutschen Straßen tatenlos hinnehmen würde.
Ich hoffe, dass wir wieder zu einer Entspannungspolitik finden.
Nach meiner Wahrnehmung sind in diesem Forum alle für Deeskalation. Das Problem ist nur, dass eine einseitige Deeskalation der Angegriffenen nicht funktioniert ohne sofort überrannt und ermordet zu werden.
Meines Wissens wollte das Putin zu Beginn seiner Amtszeit. Aber letztendlich spielt das keine Rolle mehr. Ich gebe dir recht: es gehören immer zwei Partner dazu und das Problem, das ich jetzt sehe, ist, dass Entspannung keiner der entscheidenden Akteure (Entscheidsträger in Russland + Entscheidsträger in USA) mehr will.
Es geht um Russland und Ukraine. Die Ukraine hat alleinig das Recht darüber zu entscheiden wie lange und mit welchen Waffen sie sich gegen die Aggression verteidigen möchte und welche Opfer sie bereit ist zu bringen.
Es geht um Russland und Ukraine. Die Ukraine hat alleinig das Recht darüber zu entscheiden wie lange und mit welchen Waffen sie sich gegen die Aggression verteidigen möchte und welche Opfer sie bereit ist zu bringen.
Naja, diese Runde haben wir in diesem Forum schon oft gedreht. Deshalb fange ich nicht wieder von vorne an. Wer das so sieht wie du schreibst, der hat meinen Segen, aber gleichzeitig nach meiner Ansicht auch eine engeschränkte Sichtweise.
Wer nennt diese Aufrüstung denn "aktive Entspannungspolitik"?
qbz hat sich konkret nach der Zeit zurückgesehnt vor der Krimkrise, als der Westen Russland und Putin als strategischen Partner ansah und wirtschaftliche Kooperationen massiv förderte (z.B. mit Hermesbürgschaften).
Da Rüstungsindustrie und Waffensysteme nahezu der einzige Bereich sind, wo Russland technologisch mit an der Spitze stehen fanden sehr viele dieser Kooperationen gerade auch im militärischen Bereich statt.
Zitat:
Zitat von qbz
Fakt ist, dass in der Zeit, wo der Westen eine aktive Entspannungspolitik gemacht hat, Russland und die EU davon profitierten. Spätestens seit der Krimkrise hat der Westen mit wirtschaftlichen Sanktionen, Aufrüstung und kaltem Krieg reagiert und selber die Eskalationsspirale weiter gedreht, ohne Entspannungspolitik, mit dem Ergebnis, wo wir heute stehen. Ich persönlich ziehe die friedlichen Zeiten der Entspannungspolitik den heutigen bei weitem vor. ...
Nach der Krim-Anexion scheute sich der Westen vor harten Sanktion gegen Russland aber zumindest der Export von Komponenten für Waffensysteme unterlag ab da einem Embargo.
Auf allen anderen, rein zivilen Gebieten sowie beim Rohstoffhandel gab es ja ab 2014 keine wirklichen Sanktionen, so dass anzunehmen ist, dass mit "Eskalationsspirale" und "kaltem Krieg" diese Einfuhrbeschränkungen für Rüstungsgüter gemeint sind.
Rückblickend betrachtet hätte man schon 2014 viel massivere Sanktionen beschließen müssen, etwa in der Größenordnung, wie wir sie mittlerweile haben. Das hätte mutmaßlich geholfen, Putin vom späteren Krieg gegen die Ukraine abzuhalten. Darüberhinaus hätte das auch die Versenkung von 20 Milliarden im NS2-Projekt vermieden.