Grundsätzlich würde ich Froome in seinen Aussagen vertrauen.
Mir fehlen eigene Erfahrungen mit Scheibenbremsen auf langen Passabfahrten, da ich Scheibenbremsen nur auf MTBs fahre und diese dort deutlich anders aussehen, größerer Ausgleichsbbehälter, größere Scheiben, verbaut an einem viel massiveren Rahmen als bei Rennrädern.
Das neue Faktor ist mit unter 8 Kilo trotz Aerorahmen auch ziemlich leicht, was bei Froomes Erfahrungen eine Rolle spielen könnte.
Und man muss sich natürlich auch bewusst sein, dass ein Profi mit Ambitionen aufs Gesamtklassement einer großen Rundfahrt ein Rennrad ganz anders fährt und gerade auf langen Abfahrten viel öfter in technischen Grenzbereichen unterwegs ist, als ein Amateur wie wir bzw. auch anders als die meisten Helfer seiner Mannschaft.
Pinarello, Bianchi und Colnago, auf deren Rahmen mit Felgenbremsen letztes Jahr alle großen Rundfahrten gewonnen wurden, während die Mehrzahl der Eintagesklassiker 2020 mit Disc-Rahmen gewonnen wurden, hatten auch 2020 alle schon Highend-Disc-Modelle im Programm, die aber von den jeweiligen Profiteams nicht genutzt wurden. Dafür gab es sicherlich auch gute Gründe.
Bzgl des Arguments, dass alle Grandtours im letzten Jahr auf rimbrake gewonnen wurden, würde ich trotzdem behaupten, dass bspw Roglic und Pogacar auch auf einem sworks Tarmac gewonnen hätten und andersrum Van der Poel in Flandern auf Pinarello auch gut ausgesehen hätte. Wer weiß was evenepoel beim Giro gemacht hätte
Am Ende wird auch nach allem Testen und abwägen vermutlich gerade im absoluten extrembereich viel übers popometer entschieden. Wenn der Fahrer denkt er sitzt nicht auf dem idealen Material, fährt er langsamer ein Abfahrt runter als wenn er absolutes Vertrauen ins Material hat.
Das ist ja bei mir Amateurbergabgurke auch nicht viel anders. Sitze ich auf meinem eigenen Rad, wo ich jeden bremszug selber verlegt habe, bremse ich später als im Urlaub auf nem noch so guten leihrad...
Chris Froome hat seinen neuen YouTube Kanal vorgestellt, der letzte Beitrag geht um das Bike und er geht dabei detailliert auch auf seine Bedenken der verbauten Scheibenbremsen ein.
Einen interessanten Einblick in sein aktuelles Team gibt's im ersten Film von ihm und viel mehr Beiträge hat er bislang noch nicht veröffentlicht.
Du fährst also die 203er Scheibe weil die negative Beschleunigung besser ist als bei einer 160er Scheibe?
Mit einem RR oder XC MTB mit vergleichbarer Scheibengröße springe ich auch keine Roadgaps und fahre selten in Falllinie.
Zitat:
Zitat von tandem65
Ahh, Du meinst ungleichmässige Bremswirkung und nicht geringe Bremswirkung.
Puh, das kenne ich nun viel eher von Cantibremsen aber auch dort ist es im Prinzip egal ob steife Gabel oder weiche, die Ursache liegt dann immer an der eigentlichen Reibpaarung. Die Steifigkeit beeinfusst die Rubbelfrequenz, nicht ob es rubbelt.
Nein, du missverstehst mich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch im Probereich ein so unscheinbarer / nicht zu sehender Baustein wie ein Bremsbelag bei Scheibenbremsen so ein Problem darstellen kann, sich so über seinen Sponsor zu äußern, da dieser absolut unverdächtig gegen einen funktionierenden von Drittanbietern getauscht werden kann, ohne dass es jemand bemerkt.
Und am MTB kann man das eigentlich auch schön erfahren. Montier mal einen Saint an einer Windelweichen Billiggabel und bremse in Falllinie von 60 stark runter oder montiere sie an einer FOX 40 oder Boxxer. Der Flex ist sehr unangenehm.
Letztenendes ist es eben der Rahmen, der die theoretisch größtmögliche Bremswirkung limitiert. Die Bremskraft (bei vergleichbaren Systemen) wird eigentlich nur durch die Scheibengröße limitiert. Warum kann ich an einem RR keine großen Scheiben montieren? Weil der Rahmen entweder keinen Platz dafür bietet oder nicht in der Lage ist die entstehenden Kräfte vom Bremsmomentum aufzunehmen. Allerdings wird Chris Froome dies nicht meinen, da die Reibpaarung Reifen / Straße eigentlich immer eher an seine Grenzen kommen wird, als Bremsschuh auf Bremsscheibe.
Was ich sagen will ist, dass der Flex und die Vibrationen eine hohe Auswirkung auf die in der Fahrsituation subjektiv empfundene Dosierbarkeit und Bremsleitung hat. Dumm blockieren kann man mit eigentlich jedem System aber der eigentlich wichtigste Punkt einer Bremse ist der, klar den Punkt vor diesem Moment spüren zu können, weils halt danach zumeist auf die Kauleiste geht.
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
Letztenendes ist es eben der Rahmen, der die theoretisch größtmögliche Bremswirkung limitiert. Die Bremskraft (bei vergleichbaren Systemen) wird eigentlich nur durch die Scheibengröße limitiert. (...)
nein, die theoretisch größtmögliche Bremswirkung wird durch die Reibung zwischen dem Reifen und dem jeweiligen Untergrund limitiert.
Zitat:
Zitat von noam
Warum kann ich an einem RR keine großen Scheiben montieren? Weil der Rahmen entweder keinen Platz dafür bietet oder nicht in der Lage ist die entstehenden Kräfte vom Bremsmomentum aufzunehmen.
auch dieser Aussage widerspricht die zu Grunde liegende Mechanik/Physik: Die von
auf Leichtlauf hin optimierten RR-Reifen übertragbare Reibkraft ist nicht so doll. Der eine oder andere hier wird damit schon seine Erfahrungen gemacht und den Asphalt deswegen geküsst haben... Noch energischer zu Werke gehende Bremsen würden bei einem RR zu sehr unangenehmen Situationen führen: Man geht (meistens) über der Lenker bevor einem das Vorderrad blockiert. Die im Vergleich zu MTB Bremsen etwas mickrigen RR-Disc sind schlicht ein primitives ABS.
Weiterhin ist ein Ensemble aus Gabel und Rahmen, dass nicht in der Lage ist, die im Normalbetrieb maximal auftretenden immer Kräfte aufzunehmen, ohne dass es zu "unangenehmen" Fahrverhalten kommt, eine Fehlkonstuktion.
Da hilft es auch nichts, dass die Hausaufgaben bei einem RR (leicht!), Carbongabel (leicht! flexibel! für den Komfort)und Disc-Bremse (Krafteinleitung einseitig(!) an einem(!) ungünstigen(!) Punkt der Gabel, der eigentlich etwas flexibel sein sollte) natürlich nicht ohne sind. Sie sind anscheinend nicht gemacht worden. Immerhin heißt der Kritiker auch Chris.
nein, die theoretisch größtmögliche Bremswirkung wird durch die Reibung zwischen dem Reifen und dem jeweiligen Untergrund limitiert.
auch dieser Aussage widerspricht die zu Grunde liegende Mechanik/Physik: Die von
auf Leichtlauf hin optimierten RR-Reifen übertragbare Reibkraft ist nicht so doll. Der eine oder andere hier wird damit schon seine Erfahrungen gemacht und den Asphalt deswegen geküsst haben... Noch energischer zu Werke gehende Bremsen würden bei einem RR zu sehr unangenehmen Situationen führen: Man geht (meistens) über der Lenker bevor einem das Vorderrad blockiert. Die im Vergleich zu MTB Bremsen etwas mickrigen RR-Disc sind schlicht ein primitives ABS.
Weiterhin ist ein Ensemble aus Gabel und Rahmen, dass nicht in der Lage ist, die im Normalbetrieb maximal auftretenden immer Kräfte aufzunehmen, ohne dass es zu "unangenehmen" Fahrverhalten kommt, eine Fehlkonstuktion.
Da hilft es auch nichts, dass die Hausaufgaben bei einem RR (leicht!), Carbongabel (leicht! flexibel! für den Komfort)und Disc-Bremse (Krafteinleitung einseitig(!) an einem(!) ungünstigen(!) Punkt der Gabel, der eigentlich etwas flexibel sein sollte) natürlich nicht ohne sind. Sie sind anscheinend nicht gemacht worden. Immerhin heißt der Kritiker auch Chris.
Viele Grüße,
Christian
Das von mir angesprochene Limit soll sich natürlich auf die Variablen zwischen Felgenbremse und Scheibenbremse beziehen. Reibpaarung Reifen / Untergrund ist denke ich bei beiden gleich limitierend und mit beiden Systemen zu überfordern.
Im Endeffekt beschreibst du das was ich meine
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
Bremsen werden nicht nur nach Bremskraft ausgewählt, sonder vor allem nach Standfestigkeit. Das ist für Hersteller immer ein Drahtseilakt. Von der Bremskraft reichen 140mm Scheiben, wenn man sinnvoll bremst werden die auch nicht zu heiß. Da man als Hersteller aber auch immer mit Fehlverhalten des Nutzers rechnen muss, muss ein Sicherheitszuschlag dazu. Bestes Beispiel ist für mich der Ötztaler, dort stinkt das gesamte Ötztal vom Start in Sölden bis Ötz nach überhitzten Scheibenbremsen, obwohl es auf den 30km genau 2 enge Kurven gibt wo man mal kurz anbremsen muss.
Warum sind MTB Bremsen größer? Weil man steilere Abfahrten hat wo man deutlich häufiger Bremsen muss und mangels Tranktion oft mit geringeren Bremskräften, dafür längerer Bremszeit arbeitet. Zusätzlich geringere Kühlung durch niedrigere Geschwindigkeiten. Dies erfordert einfach höhere Masse der Bremsanlage um die Wärme besser zu verkraften.
Bremsen werden nicht nur nach Bremskraft ausgewählt, sonder vor allem nach Standfestigkeit.
(...)
Warum sind MTB Bremsen größer? Weil man steilere Abfahrten hat wo man deutlich häufiger Bremsen muss und mangels Tranktion oft mit geringeren Bremskräften, dafür längerer Bremszeit arbeitet. Zusätzlich geringere Kühlung durch niedrigere Geschwindigkeiten. Dies erfordert einfach höhere Masse der Bremsanlage um die Wärme besser zu verkraften.
sehr klar und knapp erklärt, vielen Dank!
Zitat:
Zitat von dr_big
Da man als Hersteller aber auch immer mit Fehlverhalten des Nutzers rechnen muss, muss ein Sicherheitszuschlag dazu. Bestes Beispiel ist für mich der Ötztaler, dort stinkt das gesamte Ötztal vom Start in Sölden bis Ötz nach überhitzten Scheibenbremsen, obwohl es auf den 30km genau 2 enge Kurven gibt wo man mal kurz anbremsen muss.
Also ich würde die Benutzung der allerneusten Carbonhobel für x000 EUR mit der allerneuesten Bremstechnologie in den Alpen nicht als "Fehlverhalten des Nutzers" bezeichnen. Auch wenn das für uns Hobbysportler wenn überhaupt maximal einmal im Jahr vorkommt, erwarte ich von solchen Sportgeräten bei solchen Preisen, dass sie das können müssen.
Das ist ungefähr so, als wenn der schicke neue BMW/Audi/Mercedes/Porsche bei der ersten Vollbremsung bei 250 km/h in die Leitplanken fliegen würde und der Hersteller das dann damit begründen würde, dass man bei der heutigen Verkehrssituation ohnehin nur noch einmal pro Jahr so schnell fahren könnte.
Zitat:
Zitat von dr_big
Das ist für Hersteller immer ein Drahtseilakt.
Nö, ist es nicht, es ist Marketing. Sie könnten bzw. müssten a) Bremsen in MTB-Dimensionen montieren oder b) die Benutzung für Abfahrten > xxx hm und oder> yy% Gefälle ausschließen. Beide Maßnahmen wären marketingtechnisch natürlich ein wenig kontraproduktiv.