Hi Thomas,
was Drosten mit den Artefakten beim R-Faktor meint, war in etwa das, was mit den Infektionszahlen am Wochenende passiert. Wenn man die täglich interpretiert, so kommt man zum Schluss, dass das Virus So und Mo immer eine Pause einlegt, dafür am Dienstag voll durchstartet. Der Grund liegt nicht am Virus, sondern am Messverfahren - auch Ämter und Labore wollen mal Wochenende machen. Dadurch entstehen Artefakte, die bspw durch eine 7-Tage-Glättung der Kurve entfernt werden können.
Ebensolches ist beim R-Faktor vorm Lockdown passiert. Durch den massiven Anstieg der Tests zuvor, welcher aber nicht aus dem R-Faktor herausgerechnet wurde, gab es eine Oszillation (ich glaube er hat es mit dem immensen Anstieg an Erkrankungen grafisch dargestellt). Es waren nicht spontan viel mehr Menschen erkrankt, sondern man hat sie eben erst durch die Testausweitung als krank identifiziert - wie bei uns am einem Dienstag, wenn plötzlich Kranke vom Wochenende "nachgemeldet" werden.
Wenn man sich nun die Mühe macht und diese Effekte, ausgelöst durch Veränderung der Testanzahl, herausrechnet, so sieht man, dass der R-Faktor eben NICHT vor, sondern DURCH den Lockdown gesenkt wurde.
Ich hoffe, das war halbwegs verständlich geschrieben - falls nicht liegts am fehlenden Kaffee Dann muss ein anderer hier einspringen
Das dürfte sehr gelungen sein :-)!
Vielen Dank :-)!
Beim ersten Lesen meine ich das meiste erfasst zu haben.
Heute Abend beschäftige ich mich länger mit Deinen Worten.
"Nur zwei Hausstände": das ist mit behinderten Jugendlichen schon nicht erfüllbar, wenn sich nur zwei treffen wollen, da auch Betreuungspersonen dabei sein müssen. Eine Gruppe von Freunden schon gar nicht. Und diese Jugendlichen können oft weder schreiben, auch nur begrenzt sprechen - ihre persönlichen Kontakte sind digital nicht ersetzbar.
.......
Soweit ich das sehe, auf der Seite der Lebenshilfe Berlin, stellte diese die Angebote von sich aus ein, mit der Begründung:
"Viele Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung gehören zu den Risikogruppen, bei denen die Corona-Virus-Erkrankung kritisch verlaufen kann. Aus diesem Grund haben wir vorsorglich entschieden, folgende ausgewählte Angebote und Veranstaltungen eingeschränkt bzw. nicht stattfinden zu lassen."
Darunter fallen dann leider offenbar alle familienentlastenden Dienste, Freizeitangebote und Veranstaltungen wie Disco.
Meine Gedanken dazu wären für private Kontakte: Da Begleitpersonen dabei sein müssen, würde ich eventuell versuchen, offiziell mit dem Gesundheitsamt eine Ausnahme von der Haushalt-Kontaktobergrenze im Freien für private Kontakte zu besprechen. Oder einfach zu 4 mit MNS für die Begleitung privat losziehen, wäre das einfachste und würde ich tun. Sofern Ordnungsamt oder Polizei ermahnen, einfach auf die Notwendigkeit der Begleitperson verweisen. Das winken die allermeisten durch, denke ich mal.
Wären die Freizeitangebote in der Schule integriert, könnten sie ja stattfinden. Z.B. Schulschwimmen und Schulsport darf abgehalten werden, Vereinsschwimmkurse nicht. Könnte jetzt nicht die Schule in dieser Richtung etwas tun, evtl. in Kooperation mit Beschäftigten der Lebenshilfe, z.B. auch falls es erneut oder längerfristig pauschale Freizeiteinschränkungen gäbe.
Alle Gruppenangebote, die eine heilpadagogisch-therapeutische Zielsetzung haben und professionell betreut und über das SGB finanziert sind, dürfen meiner Ansicht nach weiterlaufen. Eine ähnliche Regelung sollte die Lebenshilfe bei Kindern und Jugendlichen für die sozialpädagogischen Kinder- Jugendlichen Freizeit-Angebote und den FED-Bereich für Jugendliche anstreben.
Eine engagierte Journalistin der Lokalpresse für das Problem interessieren, die darüber berichtet und bei Widerstand der Behörden (oder Lebenshilfe?) bei den Entscheidungsträgern nachhakt. Vor allem auch längerfristig, da ja niemand sagen kann, wie es mit den Einschränkungen und Verordnungen weitergeht.
Aber Du kennst Dich mit den Strukturen X-Mal besser aus als ich..... Vielleicht finden sich vor allem bei längerfristigen Einschränkungen Wege für euren Sohn, wofür ich Euch die Daumen drücke.
Ps.
In Berlin z.B. wurden Kinder bis 12 Jahre von jeder Kontaktobergrenze in der Freizeit ausgenommen, in Abweichung von den Bundesvorschlägen. D.h. die Bundesländer und sogar Landkreise können durchaus auch eigene Regeln und Ausnahmen beschliessen.
Soweit ich das sehe, auf der Seite der Lebenshilfe Berlin, stellte diese die Angebote von sich aus ein, mit der Begründung:
"Viele Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung gehören zu den Risikogruppen, bei denen die Corona-Virus-Erkrankung kritisch verlaufen kann. Aus diesem Grund haben wir vorsorglich entschieden, folgende ausgewählte Angebote und Veranstaltungen eingeschränkt bzw. nicht stattfinden zu lassen."
Darunter fallen dann leider offenbar alle familienentlastenden Dienste, Freizeit. und Veranstaltungen wie Disco.
Genau: "vorsorglich entschieden" ist das Problem. Da in unserer Gesellschaft die Haftungsfrage immer weniger der Einzelperson zugetraut wird (Stichwort Eigenverantwortung), gehen solche Organisationen davon aus, daß ihnen die Eltern ggf. nicht sagen, daß ihr Kind ein Risiko hat, und dann fürchten sie Konsequenzen, wenn etwas passiert, darum machen sie lieber gar nichts. Wer nichts macht, macht keine Fehler . Dabei könnte m.M.n. man weiterhin Angebote machen, mit dem Vermerk: wer sein Kind als Risikoperson sieht, soll eben nicht kommen.
Zitat:
Zitat von qbz
Meine Gedanken dazu wären für private Kontakte: Da Begleitpersonen dabei sein müssen, würde ich versuchen, offiziell mit dem Gesundheitsamt eine Ausnahme von der Haushalt-Kontaktobergrenze im Freien für private Kontakte zu besprechen.
Wäre ich bei der Lebenshilfe, würde ich das tun. Aber für die Lebenshilfe kann ich es nicht, und die Verantwortlichen dort trauen sich sowas bei der aktuellen Angst-Lage nicht.
Zitat:
Zitat von qbz
Oder einfach zu 4 mit MNS privat losziehen, wäre das einfachste und würde ich tun.
Das tun wir schon. Aber auch für 25-jährige geistig behinderte Jugendliche ist nun mal etwas ohne die Eltern unternehmen zu können etwas ganz anderes. Hättest Du als 18-jähriger es toll gefunden, dich mit Deinen Freunden immer in Begleitung der Eltern zu treffen?
War vielleicht nicht klar: es sind unsere Kinder, aber keine Kinder mehr, auch wenn sie den Betreuungsaufwand eines Erstklässlers beanspruchen.
Zitat:
Zitat von qbz
Eine ähnliche Regelung sollte die Lebenshilfe bei Kindern und Jugendlichen für die sozialpädagogischen Kinder- Jugendlichen Freizeit-Angebote anstreben. Sie muss das mit dem Gesundheitsamt vereinbaren, dann wäre einiges möglich, nach meiner Ansicht und Erfahrung.
Sowas wird kaum versucht, da herrscht zu viel Angst um die Verantwortlichkeit. Im Sommer hat die Lebenshilfe bis August gebraucht, um erste Angebote zu machen.
Zitat:
Zitat von qbz
Eine engagierte Journalistin der Lokalpresse für das Problem interessieren, die darüber berichtet und bei Widerstand der Behörden (oder Lebenshilfe?) bei den Entscheidungsträgern nachhakt. Vor allem auch längerfristig, da ja niemand sagen kann, wie es mit den Einschränkungen und Verordnungen weitergeht.
Das wird sicher der nötige Weg sein, sollte sich meine Befürchtung bewahrheiten, daß sich der Staat auf eine Dauerpanik einrichtet. Ich möchte aber noch optimist sein, daß es demnächst doch immer mehr Menschen einleuchtet, daß es sinnlos ist, in dauernder Angst zu leben.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Den Ansatz mag ich auch gerne, aber wenn man im Detail analysiert, dann ist es eben v.a. die Bevölkerung, die in den asiatischen Ländern (im Durchschnitt) anders agiert, als in Europa. Und das liegt sicher auch an der Erfahrung mit früheren Pandemien.
Das Tragen von Masken war in vielen asiatischen Ländern auch schon vor SARS-CoV-2 weit verbreitet, während es in Europa als unschick gilt, Mund und Nase zu bedecken und social distancing (dass man sich nicht die Hand gibt, Freunde und Bekannte nicht abbusselt) gehört dort auch zum normalen Verhalten.
Die starke Ausweitung der Tests hat Deutschland ja durchaus von Korea versucht zu kopieren. Und auch die Menge an Gesundheitsämtern sowie die personelle Ausstattung des RKI ist in Deutschland nicht so gut wie in vielen asiatischen Ländern, aber auf jeden Fall erheblich besser als in allen anderen europäischen Ländern und das ist vermutlich auch ein wichtiger Grund, warum wir im innereuropäischen Vergleich so gut dastehen.
Was wir nicht kopiert haben (und worüber man mit Recht streiten kann) ist die Nutzung von Tracking-Apps zur Pandemiebekämpfung und auch zur Überprüfung von angeordneten Quarantänemaßnahmen.
Wir schreiben den Datenschutz enorm groß und nehmen dafür in Kauf, dass tausende berufliche Existenzen vor die Hunde gehen, weil wir eben selbst 8 Monate nach Ausbruch der Pandemie bei ansteigenden infektzahlen uns nicht anders zu helfen wissen, als mit fast denselben Instrumenten (Lockdown) wie zu Beginn der Pandemie.
Ja, vielleicht ist das der Preis, den wir als freiheitsliebende, individuumzentrierte und datenschutzsensitive (westliche) Gesellschaft zahlen müssen, nämlich eine solche Pandemie nicht unter Kontrolle zu bekommen und damit "einfach" dauerhaft leben.
.....datenschutzsensitive (westliche) Gesellschaft ....
Ich erlebe (fast) nur Bürger, welche dem Staat gegenüber datenschutzsensitiv sind. Bezüglich Apple, Google, Amazon, Facebook..... sehe ich eher eine Sorglosigkeit. Diese Diskrepanz verstehe ich nicht.
Ich erlebe (fast) nur Bürger, welche dem Staat gegenüber datenschutzsensitiv sind. Bezüglich Apple, Google, Amazon, Facebook..... sehe ich eher eine Sorglosigkeit. Diese Diskrepanz verstehe ich nicht.
Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war. Allerdings haben die letzten Jahre auch bei mir zu langsam wachsenden Mißtrauen dem Staat gegenüber geführt.
Ansonsten fand ich die Idee gut, daß ein Lehrer mal alles, was über ein paar Schüler im Internet zu finden war, ausgedruckt ans schwarze Brett der Schule gehängt haben soll - da gingen alle auf die Barrikaden, daß sowas doch nicht geht. Eine solche Aktion kann die Augen des einen oder anderen öffnen.
Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war.
[...]
Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.
Etwa zu dem Thema habe ich vor einigen Seiten einen Kommentar aus der Zeit gepostet:
Und genau diese beschriebenen Probleme sehe ich bereits jetzt: Misstrauen gegenüber anderen und Denunziantentum werden derzeit wieder gesellschaftsfähiger. Es ist plötzlich wieder akzeptiert, über bestimmte "Überwachungstechniken" nachzudenken. Dabei stellt sich die Frage, was passiert bei der nächsten Pandemie o.ä.? Was passiert, wenn die AfD Entscheidungsbefugnisse erhält?
Deshalb ist es umso wichtiger, dass das Infektionsschutzgesetz konkretisiert wird, da es offensichtlich nicht ausreichend/konkret genug für eine Pandemie wie Corona ist.
Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war. Allerdings haben die letzten Jahre auch bei mir zu langsam wachsenden Mißtrauen dem Staat gegenüber geführt.
Ansonsten fand ich die Idee gut, daß ein Lehrer mal alles, was über ein paar Schüler im Internet zu finden war, ausgedruckt ans schwarze Brett der Schule gehängt haben soll - da gingen alle auf die Barrikaden, daß sowas doch nicht geht. Eine solche Aktion kann die Augen des einen oder anderen öffnen.
Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.
Die Datensensitivität bei Corona könnte dadurch begründet sein, dass es hier um sensible Gesundheitsdaten geht. Eine Corona-Infektion könnte als Stigma aufgefasst werden und das wollen die Leute nicht.