Hallo M, danke für das ausführliche Posting. Ich werde ebenfalls ausführlich darauf antworten (die anderen Teilnehmer möchten dieses Posting vielleicht überspringen).
Du schreibst, ich wäre nicht darauf eingegangen, ob Religion (ich gehe nur auf das Christentum ein) auch Hilfe bei Ängsten anbieten kann.
Hier ist meine Antwort: Ich bin nicht von einzelnen Ängsten und einzelnen Tröstungen ausgegangen, sondern habe betrachtet, was „netto“ unterm Strich rauskommt. Unterm Strich jagt das Christentum den Leuten mehr Angst ein, als sie zuvor hatten. Sie fürchten die Strafe Gottes, und diese Furcht hätten sie ohne das Gottesmärchen überhaupt nicht.
Wenn Du mit dieser „Netto“-Betrachtung nicht zufrieden bist, dann kann ich es etwas aufgliedern.
In manchen Fällen kann die Religion wirksamen Trost spenden. (Das ist vermutlich der Satz, den Du von mir erwartest.) Nur sind diese Fälle eng begrenzt, und das verbleibende Terrain wird immer kleiner.
Mein Startpunkt ist, dass die Behauptungen der Bibel/Kirchen nicht wahr sind. Der Trost kann also nur wirksam sein, wenn die Behauptungen nicht eingelöst werden müssen; etwa, weil sie sich auf das Jenseits beziehen. In allen anderen Fällen wir der Schwindel irgendwann aufliegen, und das könnte schlimmer sein, als sich von Anfang an mit den Gegebenheiten ehrlich auseinander zu setzen. Außerdem müssen die Versprechungen
glaubhaft sein, und das sind sie immer weniger, je besser die Bildung der „Opfer“ wird. Was weiß ein Pfaffe schon übers Jenseits und Gottes Plan? Überhaupt nichts.
Lügen haben kurze Beine. Sie wirken kurzfristig, in eng begrenztem Rahmen, und meistens fliegen sie doch irgendwann auf.
Zudem verstehe ich nicht, warum das Christentum tröstlich sein sollte. Falls ein Kind eine schreckliche Krankheit bekommt: Wieso ist es tröstlich, wenn man weiß, dass es von Gott verursacht wurde? Mich würde das nicht trösten, sondern wütend machen. Auch dann, wenn ich annähme, dass ein toller Plan dahintersteckt. Er soll seinen Plan gefälligst verfolgen, ohne Kinder zu quälen. Bitte teile mir mit, ob Du das anders siehst.
Das Christentum geht davon aus, dass alles Schlechte, was den Menschen widerfährt, verursacht und verschuldet wurde durch Sünde. Wenn Dein Kind leidet, dann deswegen weil es selbst (oder Du) sündhaft bist. Ist das wirklich ein Trost?
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Zitat:
Zitat von Matthias75
Du maßt dir leider an, zu wissen, was andere Personen denken und fühlen. Siehe z.B. Keko, dem du ja auch erklären wolltest, was er so denkt. In der Glaubensdebatte ist dein Fehler, dass du grundsätzlich denkst, ...
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Wenn ich Dich richtig verstehe, wirfst Du mir vor, ich würde anderen Leuten sagen, was sie denken. Im nächsten Satz sagst Du mir, was ich denke.
Ich weiß nicht, was keko oder die Christen im Thread denken. Woran liegt das? Das liegt daran, dass selbst auf hartnäckiges Nachfragen nie eine
konkrete Antwort erfolgt. Entweder bleibt die Antwort komplett aus oder es wird umgeschwenkt ins Ungefähre, Ungewisse und Nebulöse. Gerne wird anstelle der Antworten eine Liste an bedeutsam klingenden Fragen präsentiert.
Einige Teilnehmer haben sich empört, den Christen würden Inhalte untergeschoben, an die sie gar nicht mehr glauben. Meine Rückfrage, an welche Inhalte sie denn glauben würden, blieb erfolglos. Es hat auch niemand damit gerechnet, dass eine Antwort kommt.
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Du schreibst, die Höllenangst wäre heutzutage nicht mehr die größte. Woher weißt Du das? Was ist stattdessen die größte Angst?
Ich würde hier gerne meinen Einwand berücksichtigt sehen, dass die letzten drei Päpste und der aktuelle Katechismus klipp und klar sagen, dass kein Christ ist, wer nicht an die real existierende Hölle glaubt, also an einen Ort, hinter dem man die Tür schließen kann. Das bedeutet, dass man nicht argumentieren kann, Christen würden nicht mehr an die Hölle glauben. Dann sind es keine Christen. (Jedenfalls keine Katholiken.)
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Warum glauben Menschen?
Weil sie betrogen wurden.
Man kann lange darüber nachdenken, welche Bedürfnisse, Nöte, Wünsche oder Fragen dieses Vakuum erzeugen, das die Religionen füllen. CaptainBeef argumentiert in diese Richtung. Er sagt, verkürzt formuliert, dass dieses Bedürfnis schon vorher vorhanden gewesen sein muss; und das kann durchaus stimmen.
Aber es beantwortet die Frage nicht. Die Frage ist, warum die Menschen
genau diese Antwort (also
diesen Glauben) als
zutreffend anerkennen. Denn Antworten gab und gibt es jede Menge, zu jeder Zeit. Warum also diese?
Ob‘s wahr ist oder nicht, spielt anscheinend keine Rolle, und Arnes Versuche, die Debatte auf diese Frage zu lenken, muss wohl bei anderer Gelegenheit wiederholt werden. Dabei ist es die alles entscheidende Frage, zumindest wenn Selbstachtung eine Rolle spielt. Auch die Frage nach „Trost“ wird in dieser Debatte sofort umgemünzt als eine Frage nach einer
„ethisch legitimen Lüge, die sich dadurch legitimiert, dass sie tröstet“.
Eine Religion ist
nicht in dem Maße erfolgreich, wie die Leute Fragen oder Ängste haben. Sondern sie ist in dem Maße erfolgreich, wie sie ihre Antworten als zutreffend verkaufen oder sonstwie durchsetzen kann. Die
Autorität des Klerus, also die Frage, warum der Klerus über diese Antworten verfügt, basiert auf Betrug, und zwar ausschließlich.