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Zitat von carolinchen
wann gehts weiter???
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Sonntag - Race Day
04:30 Uhr. Der erste von zwei gestellten Weckern geht an. Noch vier Stunden und 35 Minuten bis zum Startschuß. Wenige Augenblicke nach dem erwachen vernehme ich durchs geöffnete Fenster ein kräftiges Rauschen und leicht zeitverzögert das glucksen im Fallrohr der Regenrinne. Mahlzeit! Der Regen geht los.
Was machen Wade, Fußzeh und Zahn? Ist doch eigentlich egal. Jetzt ist es eh für alles zu spät und darum kann ich mich jetzt nicht auch noch kümmern. Ich renne heute einen Halbmarathon und muß davor auch noch im Taunus radfahren und kurz in leckeres Rheinwasser hüpfen!
Wie ferngesteuert die letzten Dinge gepackt. Ich bin froh durch die Teilnahme an relativ vielen Sprint-Trias eigentlich genügend Routine zu haben um die richtigen Dinge auch im Halbschlaf zu tun. Frühstück: Ganz traditionell und ritualisiert ein gestern gekauftes Streuselstückchen (für NRW: Streuselteilchen) und eine große Tasse Roibushtee. Kaffee wäre auch nicht schlecht, aber das macht mein Magen jetzt nicht mehr mit....die Uffreschung. Zum Vorstartritual gehört auch die Rasur. Sauberes Fahrrad, glattes Kinn...ein "must have" für Triathleten (nach meiner Ansicht). Die Trinkflaschen mit Elotrans (Elektrolytlösung die eigentlich bei Durchfall gegeben wird) beschickt und Wasser aufgefüllt. Pulle1 mit zwei Beuteln Elotrans und Pulle 2 mit einem Beutel (nicht ganz so pappisch). In Pulle drei ist nur Wasser.
Das Maultäschle erwähnte in ihrem Bericht vom IM, dass sie Bifi mit dabei hatte. Das finde ich eine geniale Sache. Denn ich vertrage zwar die Powerbar Gel's und das "Berry Blast"-Zeugs, dass sich ganz Irre auf den Rahmen pappen, gut, aber schmecken tut's einfach nur gräßlich. Bifi halte ich aber für Junkfood. Ich also ein gutes "Rhönwurz"-Dauerwürstchen (von tegut, ist aus Rindfleisch aus Demeter-Landwirtschaft und mit Himalayasalz) klein geschnitten und in eine Butterbrottüte gepackt.
Na dann hab' ich alles. Den weißen Beutel, den Neo und einen Beutel mit der Rennverpflegung und Tacho geschnappt und ins Auto.
Durch prasselnden Regen nach Schierstein gedonnert. Wenn das jetzt nicht bald aufhört zu plästern, dann Gute Nacht. Mit jedem gefahrenen Kilometer steigt die Anspannung und der Druck in den Gedärmen. Ein Königreich für eine Toilette...wenig später...ein Königreich für eine Möglichkeit auf der Autobahn zu halten und hinter einen Busch zu springen. Ey, Mann! Mach dich doch locker. Auf den Parkplätzen stehen doch bestimmt Dixies...denn du bist bestimmt nicht der einzige mit größeren Bedürfnissen.
Ausfahrt Schierstein. Hinweisschilder zu den Parkplätzen. Gott sei Dank. Jetzt links. Da ist der Obi. Ein paar versprengte Menschen im Kampfrichterdress stellen sich beim noch geschlossenen McDonald's unter. Die Schranke vor dem Obi-Parkplatz: Geschlossen. Hmmm. Wenn das hier jetzt ganz falsch wäre, würden da ja nicht die Kampfrichter stehen. Aber ansonsten ist hier -zugegeben- sehr wenig los. Ach rutscht mir den Buckel runter....ich fahr -wie gestern- ins Wohngebiet
Das Gerödel geschnappt und unterm Regenschirm (werde ich ihn je wiedersehen?) zur T1 gedackelt. Auf's Dixie....ahhhhh.
Jetzt könnte man seinen Platz vorbereiten...wenn es nicht so stark regnen würde. Wie Falschgeld vor dem Rad und der blauen Wanne gestanden. Die Musik aus dem Lautsprechern ist irre laut und zum Teil fetzig. Finde ich gut. Ich werde hier heute nicht geschlachtet, sondern bin hier um Spaß zu haben! Spaaaaaß! Let's Party!
Ist doch nur Regen. Machst halt auf den Abfahrten langsam. Los jetzt! Arschbacken zusammen und Tschaka!
Die Papiertüte für die Dauerworscht hat sich im Regen aufgelöst. Dann kommt die Wurst halt unverpackt in die Oberrohrtasche zu den Gels und dem anderen Pappzeugs. Das McDonald's-Salz ist nass....dann bleibt's halt hier. Tacho aufstecken, Rad aufpumpen. Der Verdacht das sich am Hinterrad ein Platten andeutet bestätigt sich nicht. Mit mehreren Gummis die Dose mit den Ersatzschläuchen gesichert. Den weißen Beutel abgegeben (in ihm fehlte eine Hose für "danach" - diese trug ich noch zum Zeitpunkt der Abgabe...Anfänger!). Es scheint, dass ich bis zum Anschlag mit (körpereigenen) Adrenalin vollgepumpt bin. Nochmals auf Dixie. Mit dem Anti-Scheuer-Stick den Hals bearbeitet. Rein in den Neo. Sorgfältigst die Gummipelle nach oben gezogen. Den Reißverschluß mehrfach geschlossen und geöffnet und final geschlossen. So! Der müsste eigentlich gut aufgehen. Ein letztes Mal das Zehenzwischenraumhandtuch, Startnummer, Helm, das Radtrikot, Schuhe und Strümpfe in die vermeintlich optimale Position gebracht. Die Brille abgesetzt und in den Helm gelegt. Dort lagert sie immer in der T1 bis ich vom Schwimmen komme. Die Schwimmbrille mit den annähernd korrigierenden Gläsern aufgesetzt (sonst wäre ich blind), nochmals geschaut in welche Gasse ich vom Schwimmen kommend hinein muß und Richtung Start gegangen.
Irgendwann sind wir dran. Rein ins Wasser. Geil! So viel Platz und nur zweihundertundebbes Starter. "Noch eine Minute". Die Stoppuhr gestartet (hinterher einfach eine Minute abziehen). Der Startschuß. So, jetzt muß man sich sortieren und mit den anderen arrangieren, sich freischwimmen, den Rhytmus finden. Ich gebe zu: Schwimmen ohne bzw. mit nur ganz wenig Klopperei macht auch Spaß. Also munter die Arme gedreht und ein wenig mit den Beinen gestrampelt und mein Ding gemacht.
Der Rest ist Geschichte. Schneller als erwartet auf dem Rad gesessen aber im Gebirge mehr als vermutet an Zeit verloren (die regennassen Abfahrten und die sehr vorsichtige Einteilung der wenigen vorhandenen Kräfte). Irgendwann war es auf dem Rad saukalt, irgendwann war es o.k. Der Flaschenhalter ist natürlich abgekippt. Scheißding! Die Flasche mit Wasser fiel heraus (hab mir dann eine neue gegriffen), die Dose mit den Schläuchen blieb -dank Sicherung- drin. Ab und zu auf den Tacho geschaut. Wahnsinn! Immer noch 58, 45, 23 Kilometer bis ins Ziel... Von hunderten Radfahrern sehr diszipliniert (DANKE!) überholt worden. Selbst nur wenige "gestellt". Die regenfesten Helfer und Zuschauer bewundert. Ihr seid die Größten. Vielen herzlichen Dank für eure unglaubliche Unterstützung!
T2. Raus aus dem nassen Radtrikot, rein in trockene Socken und Schuhe...welche Wohltat. Mit sub6 wird das nichts mehr. Na und!? Laßt uns Spaß haben, die Taschen voller Gel stopfen (für die nächsten Trainingseinheiten), einmal ausprobieren ob und wie Salz rutscht und ob Cola tatsächlich ein "Booster" ist. Nochmal auf's Dixie wäre auch nicht schlecht. Runde 4. Die Strecke wird leerer. Ja, jetzt reicht es auch. Endlich nach links Richtung Ziel. Kurz umdrehen. Hinter mir wird so schnell keiner kommen. Geil. Das heißt, mein Name wird lange auf dem Display stehen (4 Sekunden - das sollte ja für ein Foto reichen). Arme hoch und durch. Ich bin ein Sub6:30 MD'ler. Ist doch cool, oder?
Es hätte so vieles schiefgehen können. Es hat alles geklappt. Ich bin froh

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Den Freunden in Kapstadt schrieb ich:
It's nothing special to do such crazy things. It's only a question how much time and money you can invest. Almost everyone can do it.
But on the other hand it makes you grateful, because you are able to do it while others can't walk a single step without pain or have other diseases which stop them to doing this. So, I feel really blessed.
Gruß
N.
PS: Zeh und Zahn tun heute immer noch weh.