Eigentlich hatte ich vor morgen in Rödermark zu starten, gerade weil der Duathlon sehr radlastig ( ) ist. Aber gestern war's dann soweit: die ersten zwei Weisheitszähne sind draußen. Nun weiß ich wo die Redensart "Ach du dicke Backe!" herkommt Mal sehen, sollte die Schwellung bis morgen zurück gegangen sein, komme ich eventuell zum Zuschauen vorbei.
Gute Besserung. Vielleicht sehen wir uns dann ja morgen, würde mich freuen.
Der kleine Blondschopf ruht ermattet auf meiner linken Schulter. Die 21 Kilo, die dazu gehören, hängen wie ein Schluck Wasser in meinen Armen. "Na," frage ich in das tomatenrote Köpfchen, "war wohl doch ein bisschen viel? Ich gaube, du bist ein bisschen kaputt, kann das sein?" und drücke den kleinen schlappen Körper eng an mich. "Nein, Mama," kommt es matt zurück, während zwei Medaillen um seinen Hals klimpern, "das war nicht zu viel, ich bin nicht kaputt." Und dann sind wir auch endlich im Damen-Waschraum des Hessen-Centers und können den kleinen Athleten mit kühlem Wasser ein wenig frisch machen.
Obwohl er ja nicht kaputt ist, will er doch weiter getragen werden. Klar, kein Problem. Während wir zurück gehen, löst sich auf einmal ein etwa zehnjähriger Junge aus dem Schatten der kühlen Hauswand, tippt dem Schluck Wasser sanft auf die Schulter und meint: "Du bist super gelaufen!". Das Kind straht.
Zurück bei Papa, Oma und Opa am Biertisch trinkt er noch eine Apfelsaftschorle. Kaum kommen die Lebensgeister zurück, geht´s auch schon los: "Mama, nun guck doch mal, da hängen doch schon Listen!" "Ja", antworte ich, "ich habe schon geguckt und die Listen vom Schülerlauf sind noch nicht dabei." Die Liste für den 500-Meter-Bambini-Lauf hängt. Da ist das Kind Zweiter geworden. Das fand es cool. Aber, und das war der große Nachteil der Veranstaltung: Es gab keine Siegerehrung und keine Pokale. Und da muss auch wirklich keiner kommen und dem Kind den Vorschlag machen, am Schülerlauf teilzunehmen. Auf so was kommt er leider ganz allein. Nachdem der kleine Kerl bereits am Frühstückstisch freudestrahlend erklärt hatte, dass er vielleicht den Bambini- und den Schülerlauf machen wolle, hatte Mama für den Fall der Fälle gleich mal zwei Startummern geholt. Das Risiko, einen laufwilligen und zutiefst empörten Starter ohne Nummer an die Startlinie zu bringen, war mir einfach zu groß gewesen.
"Ich bin ja schon mal bei den Schülern mitgelaufen", meint er zuversichtlich und ist wild entschlossen, es auch hier zu versuchen. Auch die elterlichen Bedenken, dass der Schülerlauf damals über tausend Meter ging und der hier heute über tausenfünfhundert, wird in den Wind geschlagen. Außerdem ist er ja gerade eben die fünfhundert gerannt. "Macht nichts", erwidert er ungerührt. Wir schärfen ihm ein, dass er auf jeden Fall aufhören soll, wenn er nicht mehr will. Papa, Mama, Oma und Opa postieren sich also so entlang der Wendepunktstrecke, dass ihn alle Naslang einer fragt, ob er vielleicht lieber aufhören wolle. Man könne meinen, vier Erwachsene wollen einen kleinen Jungen vom Sport abhalten. Sobald er an einem Familienmitglied vorbei gezogen ist, hat dieses nur noch eine Aufgabe: seinen Namen und zahlreiche Aufmunterungen wie "Toll machst du das!" oder "Super!" zu rufen. Das Kind kommt ins Ziel und hat sich wacker in 6:45 Min. geschlagen.
Der kleine Kerl wartet aufgeregt auf die Ergebnislisten. "Vielleicht," sagt er ernst, "vielleicht bin ich ja Dritter bei den kleinsten Schülern und dann bekomme ich einen Pokal." Und dann zieht er die Schultern hoch, dreht die Handflächen nach oben und meint nachdenklich: "Aber man weiß es nicht." Eine halbe Stunde später wissen wir´s: Es gibt keinen Pokal für ihn. Er nimmt´s enttäuscht, aber erstaunlich gelassen, und ist ganz zufrieden, dass er insgesamt dann doch noch fünfzehn Jungs verschiedener Altersklassen abgehängt hat. Wichtig für´s Ego: Alle größer und älter als er und alle schon richtige Schulkinder.
Am Nachmittag arbeiten Kind, Papa und Opa noch ein wenig an dem Kinderschreibtisch vom Sperrmüll. Der Schreibtisch wird wohl ab Mitte August zum Einsatz kommen. Sieht super aus und ist natürlich etwas ganz Besonderes, wenn drei Generationen so einem alten Stück neuen Glanz verleihen. Und Zeit zum Fußballspielen finden sie trotzdem noch.
Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal mit einem kleinen Blechpokal, aber wie wir jetzt wissen: Man weiß es nicht.
toll - 6:45 für 1500 m ist für so einen kleinen Kerl doch eine prima Zeit!!
wie alt ist er nochmals genau?
und wann genau kommt Dein Buch auf den Markt?
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Arbeitet, als würdet ihr kein Geld brauchen.
Liebt, als hätte euch noch nie jemand verletzt.
Tanzt, als würde keiner hinschauen.
Singt, als würde keiner zuhören .