... Und, das für mich stärkste Argument: Wenn das 'unnormale' Normal wird, wehrt sich dann das Normale? Bedingt ein Streben nach Gleichheit zwangsläufig die Radikalisierung der Mitte?
Ja, das ist ein sehr altes Argument, mit dem man nur schwer umgehen kann, weil es eigentlich nur noch in rechtsradikalen Kreisen verwendet wird. In einem Forum ergibt sich dadurch immer die Gefahr, dass der ganze Thread kippt.
Dein Argument dreht sich um zwei Dinge:
Erstens suggeriert es eine Definition dessen, was "normal" ist. Dieses wird abgeleitet von "dem, was die Natur eigentlich wollte". Es wird unterstellt, dass Homosexuelle eigentlich nicht gewollt waren, weil sie nicht dem eigentlichen Plan der Natur entsprechen.
Allerdings kann man die Natur nicht fragen, was sie "eigentlich" wollte. Stattdessen können wir nur zur Kenntnis nehmen, was vorhanden ist. Homosexuelle sind vorhanden. Folglich kann man annehmen, dass sie ebenso "gewollt" und "natürlich" sind wie alles andere auf diesem Planeten. Das ganze Argument ist völliger Unsinn. Biologen werden anmerken, dass die Natur überhaupt keinen Willen hat.
Zweitens suggeriert es, dass "das Normale" in Gefahr ist, und daraus wird abgeleitet, dass eine "Gegenwehr" geboten und gerechtfertigt ist. Etwa zur Erhaltung der Volksgesundheit oder "der Moral".
Das ist deshalb Unsinn, weil eine Heirat von zwei Männern keineswegs die Heirat von anderen Leuten beeinträchtigt. Da also keine Gefahr für irgendwen vorliegt, ergibt sich dadurch auch keine Rechtfertigung, irgendwelche Gegenwehr zur Abwehr dieser Gefahr zu ergreifen.
Es handelt sich hierbei um ganz alte Kamellen, die aus den Rassenthesen hervorgingen, die in den 1930er-Jahren durch die Nazis wieder an Aufschwung gewannen und seitdem in Neonazi-Kreisen am Leben erhalten werden. Ziel ist eine homogene (gleichförmige) Volksgemeinschaft ohne Abweichungen, die auf dem Recht der Mehrheit basiert (das Starke merzt das Schwache aus).
In Kreisen, die man am besten beschreibt als "Ich-bin-zwar-kein-Nazi-aaaaaber" wird es einem meist in Frageform ("das wird man doch wohl noch fragen dürfen!") aufgetischt.
Das sind Wortklaubereien, an denen ich kein Interesse habe.
Es ist auch ziemlich egal, welche Worte Du letztlich gebrauchst, jeder dieser Begriffe und Deine damit verbundene Argumentation zeigt für mich eine ziemlich elitär-autoritäre Haltung.
Es ist auch ziemlich egal, welche Worte Du letztlich gebrauchst, jeder dieser Begriffe und Deine damit verbundene Argumentation zeigt für mich eine ziemlich elitär-autoritäre Haltung.
Immerhin hatte ich eine Argumentation.
Das ist jedenfalls mehr als nur mit erhobenem Zeigefinger auf irgendwelchen Begriffen herumzureiten.
Und was ist eigentlich falsch an dem Argument das die Natur der Fortpflanzung einer Gattung einen Sinn gegeben hat?
Das kann ich Dir erläutern.
Die Natur kennt keinen "Sinn", wenn damit das Hinstreben zu einem zuvor definierten Ziel gemeint ist. Die Natur erfüllt also keinen vorgegebenen Plan. Deswegen ist das Wort "Sinn" eine Ablenkung. Es suggeriert, dass ein Leben sinnlos (zwecklos) wäre, wenn es nicht diesem vorgegebenen Sinn folgt. Es suggeriert, dass ein größerer Plan existiert.
Dafür fehlt jeder Beweis. Es bleibt bei der bloßen Behauptung. Genauso gut könnte ich behaupten, die Natur strebe eindeutig intelligentem Leben zu, was bedeutet, dass dumme Leute nicht dem Sinn der Natur entsprechen.
Das Argument mit dem "Sinn" ist sinnlos, weil es nicht bewiesen werden kann. Der Begriff wird auf eine Weise angewendet, der sinnlos ist. Etwa, wenn ich nach dem Sinn des Jupiters fragen würde.
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Wenn man dennoch auf einem "Sinn" besteht, und wenn man zudem darauf besteht, dass dieser Sinn allein in der Fortpflanzung besteht, dann stellt sich die Frage, was daraus folgt.
Folgt daraus, dass das komplette Leben einer kinderlosen Person wertlos ist? Dass diese Person rechtlos ist?
Nehmen wir an, wir würden uns tatsächlich darauf einigen, dass Personen in ihren Rechten eingeschränkt werden dürfen, weil sie sich nicht fortpflanzen. Wie verbindest Du das mit der Frage, ob sie heiraten? Beide Fragen haben nichts miteinander zu tun. Genauso gut könnte man festlegen, dass Personen, die sich nicht fortpflanzen, nicht ins Kino gehen dürfen.
Das ist erstens unsinnig, und zweitens widerspricht es einer Reihe von rechtlichen Grundwerten, etwa dem, dass eine Ungleichbehandlung aus der Sache heraus begründbar sein muss, und sich auch darauf beschränken muss. Deswegen dürfen Blinde keine Flugzeuge steuern, aber man kann ihnen nicht verwehren, modische Schuhe zu kaufen.
Dieser Grundsatz verhindert Willkür. Willkür bedeutet, dass eine willkürlich herausgepickte Gruppe mit Sanktionen belegt wird, die mit den Handlungen der Gruppe nicht zusammenhängen. Etwa wenn Juden nicht studieren und keine akademischen Berufe ergreifen dürfen. (Es ist ein Grundsatz, der nur in rechtsradikalen Kreisen abgelehnt wird. Daher ist es einfach, die Quelle für diese Ideen zu finden. Nur dort ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bereits eine "Tat".)
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Wenn die Fortpflanzung tatsächlich der alleinige Sinn ist: Wie förderst Du diesen Sinn, indem Du Homosexuellen das Leben schwer machst? Überhaupt nicht. Es macht keinen Unterschied. Die Zahl der Nachkommen bleibt gleich, egal wie schlecht man Homosexuelle behandelt. Das beweist, dass kein Zusammenhang besteht.
Zum Schluss würde ich Dir gerne noch zu der Einsicht verhelfen, dass sich Homosexuelle durchaus fortpflanzen können. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, der biologisch dagegen spräche. Die Frage ist, ob sie es wollen.
Ja, das ist ein sehr altes Argument, ......
In Kreisen, die man am besten beschreibt als "Ich-bin-zwar-kein-Nazi-aaaaaber" wird es einem meist in Frageform ("das wird man doch wohl noch fragen dürfen!") aufgetischt.
Ein ziemliches langes Statement, gut verpackt in wohlformulierten Sätzen und anhand von Beispielen anscheinend plausibel untermauert.
Das hatten wir in diesem Threat schon häufig.
Hierzu fällt mir das z.B. ein:
"Die Homo-Ehe ist für mich keine Frage der Toleranz. Ebensowenig ist das Recht der Frauen, sich an demokratischen Wahlen beteiligen zu dürfen, eine Frage unserer Toleranz. Es kann den Frauen vollkommen egal sein, ob die Männer das Frauenwahlrecht zu tolerieren gedenken oder nicht. Die Sklaverei wurde nicht abgeschafft, weil die Menschen "tolerant" gegenüber Schwarzen geworden wären, oder in der Folge einer liberaleren Lebenseinstellung der Gesellschaft. Nicht die Toleranz und der Liberalismus spielen hier die entscheidende Rolle. Sondern, eine Ebene tiefer, die Einsicht von der Gleichheit aller Menschen im Sinne der Menschenrechte. Sie umfasst Frauen, Schwarze, homosexuelle Menschen etc. genauso wie alle anderen.
Menschenrechte sind unveräußerlich, können also weder gewährt noch entzogen werden. Das zeigt, dass meine Toleranz oder Liberalität hier nicht gefragt ist. Ob die Meinung der Pariser Demonstranten gefragt ist, darüber scheinen wir unterschiedlicher Ansicht zu sein."
Ein (Neben) Argument (Frauenwahlrecht), welches sachlich objektiv richtig ist (und für jeden rational nachvollziehbar als Grundlage genommen um der eigentlichen Behauptung (Homo Ehe = Menschenrecht) den Eindruck der Richtigkeit zu vermitteln.
Eine in diesem Forum gern praktizierte Methodik. Nur wird's eben dadurch nicht richtiger.
So auch in deinem Post. Nichts substantielles ausschließlich darauf angelegt die Argumente des anderen (intellektuell erscheinend) abzuschmettern.
Ich kann da keinen Unterschied zu den Demonstranten in Paris erkennen, und erlaube mir nochmal zu zitieren:
"Dumm und Dünkelhaft"
Dazu fällt mir ein, der Freitag ist rum.
"Mache ich gerne, aber ich komme erst am Freitag dazu."
Zum Schluss würde ich Dir gerne noch zu der Einsicht verhelfen, dass sich Homosexuelle durchaus fortpflanzen können. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, der biologisch dagegen spräche. Die Frage ist, ob sie es wollen.
Das Thema mit den Homosexuellen ist doch längst durch. Ist dir nicht aufgefallen, dass keiner von denen, die sich damit kritisch auseinander setzen wollte hier noch postet, weil er keine Lust hat mehr unterschwellig beleidigt oder mit ner unendlichen Anzahl von 'Links' erdrückt zu werden?
Du hast angefangen, diese 'Natur ist nicht Zeugung' in den Raum zu werfen um deine Behauptung zu untermauern: 'Gesellschaft, klug, dumm, richtig.
Ich hab lediglich dieses Gesellschaftsthema aufgegriffen und in einem von vielen Beispielen die Natur erwähnt. War ein Fehler.
Sorry, dass du das nicht erkannt hast.
Also, nicht Homosexuelle sondern Gesellschaft und Dumme ist das aktuelle Thema.