Manchmal ist es aber eben genau das. Und an deiner Reaktion sieht man ja wunderbar wie sehr man damit provozieren kann. Und Provokation rein der Provokation wegen kommt halt doch auch recht häufig vor. Oder warum haben große Teile der Punk- und Anarchoszene sichtbare Erkennungsmerkmale der Neonazi / Skinheadszene wie Bomberjacke, Springerstiefel, weiße Senkel übernommen?
Längeres Thema die Entwicklung der Subkulturen der Punks und der Skins. Beide Bewegungen haben sich aber mehr und mehr mit der Zeit geändert.
Was die Rechte Szene angeht sind Skins selten geworden. Klar gibt es noch oldschool Boneheads / Hammerskins. Aber das halt immer weniger. So wie es in den Stadien zum Teil noch "Kutten" gibt, die aber auch weniger werden.
Wer heutzutage im Skin-Look rumläuft ist ja nicht zwingend rechts.
Bomberjacken und Boots als Provokation im gleichen Kontext zu sehen wie die HK-Graffitis derentwegen wir gerade schreiben ist aber auch schwere Kost.
Und by the way halte ich es für normal, wenn man sich mit diesem Thema provozieren lässt. Gleichgültigkeit gegenüber der äußerst Rechten ist gefährlich.
Zitat:
So jemand ist in allererster Linie erst einmal ein Idiot. Ob er nun ein Idiot aufgrund von ideologischer Verblendung oder Uninformiertheit oder reiner willentlicher Provokation ist, muss man ermitteln. Per se den Stempel Nazi draufsetzen, ist nun wirklich zu einfach. Und leider macht genau diese Einstellung den rechten Rand so stark.
Jemanden, der Hakenkreuze, SS-Runen, SS-Totenkopf, "White Power" Schriftzug etc. nutzt darf man nicht direkt als rechts abstempeln? Bitte was?
Zitat:
Richtig. Schiefe seitenverkehrte Hakenkreuze, die mit Edding an Gartenzäune geschmiert werden, verbreiten Angst und Schrecken und werden sofort mit dem Wiedererstarken der SS in Verbindung gebracht. Hier, wo ich lebe, führen solche Schmierereien erst einmal zu Kopfschütteln.
Punkt 1: egal wo, egal in welchem Kontext, egal wie "hübsch" gemalt ist ein Hakenkreuz überall falsch
Punkt 2: wenn aber differenziert macht es schon einen Unterschied, ob es an einem Gartenzaun ist oder an der Wand des türkischen Gemüsemarktes oder der Synagoge. Das Bildnis des krakeligen HK am Gartenzaun banalisiert sondergleichen.
Punkt 3: du bist nicht BIPOc, offenbar nicht LGBT und offenbar auch nicht Jüdischen oder Muslimischen Glaubens. Sei dir bitte mal auch um die Wirkung auf Migrant*innen, Homosexuelle, Angehörige anderer Glaubensrichtungen bewusst. Nur aus deiner privilegierten Sicht das ganze herabzuspielen ist arrogant und brandgefährlich.
Zitat:
Zitat von JENS-KLEVE
Da muss ich dich korrigieren. An allen Schulen wo ich bisher gearbeitet hab waren fast ausschließlich 5-7 Klässler für solche Schmierereien (Graffiti kann man sowas nicht nennen) verantwortlich. Im 9. und 10. Schuljahr sind Schüler über Geschichtsunterricht oder aus privaten Interesse ausführlich informiert und machen sowas fast gar nicht.
Wenn man so einen 6. klässler dann richtig in die pädagogische Mangel nimmt, stellt sich schnell heraus, dass da weder historische Informationen, emotionaler Hass oder politischer Extremismus vorliegt.
Ok, das habe ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Wir kamen aber aufs Thema durch den neuen Verfassungsschutzbericht. Dort dürften ja nur die Fälle landen, die auch zur Anzeige gebracht werden. Wurden die Schüler*innen angezeigt? Ich hoffe, dass wie von dir geschilderte Fälle eher sehr selten sind.
Welzer hat doch im gesamten Interview überhaupt nicht Bezug genommen auf die von dir genannten Plätze und Straßen in Berlin.
Lediglich in der Anmoderation fiel Mohrenstraße Köln und U-Bahnhof Morenstr. Berlin als Beispiel der aktuellen Diskussion. Im konkreten ging es doch überhaupt nicht darum sondern grundsätzlich um die öffentliche Stimmung. Die Frage an Welzer war ja nicht nach der Mohrenstraße in Köln oder Berlin, sondern: Herr Welzer, wie beurteilen Sie die Diskussion um Umbenennungen?
Es is ja schön, dass du soviel über Berlin weißt, mit dem Interview und der Position von Welzer zur gestellten Frage bzw später zu weitern Fragen bzgl. P.C. in Sprache hat das aber eher nichts zu tun.
Ich habe seine Antworten so verstanden, dass er eine Umbenennung z.B. des U-Bahnhofes Mohrenstr. ablehnt, weil damit der historische Kontext eben verloren ginge. Nur der reicht in dem konkreten aktuell in den Medien meistdiskutierten Falle nur bis 1991.
Und auch die von mit erwähnten Strassenumbennungen im Afrikanischen Viertel Berlins rechne ich zu dem Kreis, von denen er im Allgemeinen spricht.
Aber ich stimme Dir zu, auch die Fragen waren IMHO sehr abstrakt gestellt, ohne z.B. zu reflektieren, wieviel Umbenennungen es tatsächlich schon gab.
Dass Berlin heute z.B. eine Rudi-Dutschke Str. kennt (Umbenennung), wäre noch vor 30 Jahren komplett undenkbar gewesen wie der Wunsch, eine Strasse nach Nelson Mandela zu benennen, oder tatsächlich ehemalige Kolonialistenbesatzer durch Personen des afrikanischen Widerstandes zu ersetzen. Das entspringt IMHO keinen Wünschen nach "Reinheit", wie H. Welzer meint, sondern dem Bedürfnis bestimmter Teile der Bevölkerung auch ihren Teil und ihre Sicht der Geschichte im Strassenbild repräsentiert zu sehen, was bei der Namensgebung in der Regionalpolitik entscheidbar und dort mehrheitsfähig ist. Dieser Teil der Bevölkerung versteht sich nämlich in der Tradition dieser Personen verortet. Solche Umbenennungen auf Political Correctness zu reduzieren, greift da im Ansatz viel zu kurz.
Oder warum haben große Teile der Punk- und Anarchoszene sichtbare Erkennungsmerkmale der Neonazi / Skinheadszene wie Bomberjacke, Springerstiefel, weiße Senkel übernommen?
Das haben sie nicht übernommen sondern liegt an den gemeinsamen Wurzeln der Punk/Skinhead Subkulturen. Die Skinheadszene hatte ja in ihrem Ursprung eigentlich auch nichts mit rechter Ideologie zu tun. In Deutschland hat sich aber das Bild Skinhead=„Rechter“/Nazi aufgrund der jüngeren Vergangenheit in den Köpfen festgesetzt.
Geändert von Wasserbüffel (11.07.2020 um 20:05 Uhr).
Ok, das habe ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Wir kamen aber aufs Thema durch den neuen Verfassungsschutzbericht. Dort dürften ja nur die Fälle landen, die auch zur Anzeige gebracht werden. Wurden die Schüler*innen angezeigt? Ich hoffe, dass wie von dir geschilderte Fälle eher sehr selten sind.
Wir zeigen nur Dinge an, die wir selbst nicht so einfach regeln können. In den von mir beschriebenen Fällen konnten wir das immer regeln und die Eltern wurden informiert. Sowas passiert vielleicht einmal im Jahr. Also sehr selten.
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OUTING: Ich trage Finisher-Shirts beim Training, auf der Arbeit, in der Disco, auf Pasta-Partys, im Urlaub und beim Einkaufen
Jemanden, der Hakenkreuze, SS-Runen, SS-Totenkopf, "White Power" Schriftzug etc. nutzt darf man nicht direkt als rechts abstempeln? Bitte was?
Man sollte zumindest einmal hinterfragen, WARUM jemand entsprechende Symbole, Schriftzüge, Hassbotschaften hinterlässt.
Ich war zB involviert in einem Einsatz, wo eine Sishabar mit Nazisymbolik beschmiert wurde. Natürlich wurde intuitiv der große Staatsschutzbohei hochgefahren, da man davon ausging, dass es eine politisch motivierte Straftat war. Letzten Endes stellte sich dann heraus, dass der Urheber im Dunstkreis des Besitzers eines konkurrierenden Betriebs zu finden war, der zu einer anderen Familie gehörte. Rechtsmotiviert? Oder doch eher eine False Flag Operation (hab ich im TV gelernt)
Dazu kommen zB die Schmierereien an Schulen, anderen öffentlichen Gebäuden oder Fassaden von Privateigentum, die an Dilettantismus kaum zu überbieten sind, dadurch dass die Runen und Zeichen klare Fehler aufweisen, die jemanden, der sich in dieser Ideologie zuhause fühlt, sicher nicht machen würde. Alle rechtsmotiviert? Oder wollte da eher ein mindertalentierter lustig sein?
Ich finde es ja schon putzig wie "ihr linken" so denkt. Alles was nicht in "euer" weltbild passt, da soll hochsensibel alles in die ReMo- Ecke gestellt werden und mitm großen Knüppel draufgehauen werden. Aber alle Sanktionen, die "ihr" erfahrt, da soll hochsensibel differenziert werden. Das funktioniert nicht.
Aber natürlich hast du recht, dass es auch rechtsmotivierte Kriminalität gibt und diese ist wie meiner Meinung nach jede politisch motivierte Kriminalität auf schärfste zu verfolgen. Leider versagt unsere Justiz mit der scharfen Strafverfolgung an allen Ecken und Enden.
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
Ich habe seine Antworten so verstanden, dass er eine Umbenennung z.B. des U-Bahnhofes Mohrenstr. ablehnt, weil damit der historische Kontext eben verloren ginge.
Dazu hat er nicht mit eienr Silbe irgendwas gesagt. Im Wesentlichen ist seine Position: Umbenennen ja, wenn mit dem Namen Reinheitsvorstellungen oder Machtausübung verbunden ist. Umbenennen nein, wenn wenn dies nicht der Fall ist und zugleich lediglich historischer Kontext ausgelöscht wird. Ob er nun den U-Bahnhof umbenennen will oder nicht sagt er nicht.
Weiter: Der Furor, der ggf. bei solchen Diskussionen entsteht muss dahingehend überprüft werden ob er dem gerecht wird, ansonsten muss darüber nachgedacht werden ob er nicht strukturell Totalitär ist. Sein Beispiel (zur Auslöschung des historischen Kontextes) war Kantstraße. Immanuel Kant hat zu Lebzeiten auch über Rassen geschrieben. Eine Umbenennung hält er deshalb nicht für sinnvoll.
P.C. muss sich halt der Kritik stellen, dass sie in der öffentlichen Debatte u.U. die juristisch mögliche Meinungsfreiheit und damit einen Aspekt des Meinungspluralismus, einschränkt.
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Weiter: Der Furor, der ggf. bei solchen Diskussionen entsteht muss dahingehend überprüft werden ob er dem gerecht wird, ansonsten muss darüber nachgedacht werden ob er nicht strukturell Totalitär ist. Sein Beispiel (zur Auslöschung des historischen Kontextes) war Kantstraße. Immanuel Kant hat zu Lebzeiten auch über Rassen geschrieben. Eine Umbenennung hält er deshalb nicht für sinnvoll.
P.C. muss sich halt der Kritik stellen, dass sie in der öffentlichen Debatte u.U. die juristisch mögliche Meinungsfreiheit und damit einen Aspekt des Meinungspluralismus, einschränkt.
Kant: Rassen
Marx: Juden
Luther: Juden
Bismarck: Kolonien in Afrika
Wernher von Braun: KZ-Häftlinge
Sind mir gerade spontan eingefallen.
153 Intellektuelle haben sich im (entfernten?) Kontext dazu in der vergangenen Woche in großen internationalen Zeitungen geäußert.
Aus meiner persönlichen Sicht spannende Debatten in den letzen Wochen...
Ich bin gespannt, wohin die Reise der jungen Generation geht.
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Sein Beispiel (zur Auslöschung des historischen Kontextes) war Kantstraße. Immanuel Kant hat zu Lebzeiten auch über Rassen geschrieben. Eine Umbenennung hält er deshalb nicht für sinnvoll.
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