Ich finde das Thema spannend, und denke, dass der mentale Aspekt durchaus wichtig ist. Sowohl im Training als auch bei Wettkämpfen - und zwar unabhängig von der absoluten Leistungsstärke. Ich will das mit zwei Anekdoten illustrieren:
1) Passend zum Aspekt der Aufmerksamkeitssteuerung, den qbz angeführt hat: Die Situation: Halbmarathon, Landesmeisterschaftsrennen, Athlet in der bisher besten Form seines Lebens, will in erster Linie auf persönlichen Rekord laufen. Setzt sich mit einem zweiten Athleten vom Feld ab, der allerdings deutlich stärker ist, und daher bei recht windigen Verhältnissen keine Anstalten macht, Führungsarbeit zu leisten. Der zweite will den Titel dann einfach durch Endbeschleunigung holen. Der schwächere Athlet merkt das natürlich, wird allein im Wind immer aggressiver, fokussiert seine Aufmerksamkeit nur noch auf das Ziel, dem Gegner das Siegen so schwer wie möglich zu machen. Er spürt die Anstrengung gar nicht mehr, will einfach nur so lange wie möglich dranbleiben. Schließlich gewinnt dann natürlich doch der andere, aber diese Fokussierung der Aufmerksamkeit verhilft dem unterlegenen Athleten zu einer Bestzeit, die deutlich besser ist als vor dem Rennen erhofft oder erwartet. Hab ich selbst genau so erlebt - ich war der schwächere .
2) Ich habe eine Athletin auf dem Weg von der Hobby-Joggerin zu einer leistungsorientierten Hobby-Läuferin als Coach begleitet. Ihr Ziel: ein 5 km-Lauf. Aus meiner Lauferfahrung weiß ich, wie hart ein schneller 5er sein kann. Daher hab die Strategie ausgegeben: 3 km im ambitionierten Zeitplan laufen, dann den vierten so als wäre es der letzte. Und der tatsächlich letzte Kilometer geht dann immer (auch wenn er sehr hart wird). Beim 1. Versuch scheitert die Athletin. Sie ist nach 3 km subjektiv schon so angestrengt, dass sie am 4.km deutlich nachlässt (ca. 25 sek zu langsam) und den fünften dann aber wieder im Zeitplan läuft, also so schnell wie die ersten 3. Vor dem nächsten Versuch hab ich ihr gesagt: wenn Du den letzten km so schnell laufen kannst, dann kannst Du das auch beim vorletzten, also bleib beim 4.km dran! Es wird hart, aber du kannst das. Bleib dran! Diesmal hat sie an sich geglaubt und das Rennen durchgezogen. Danach war sie nach eigenen Angaben so fertig wie nie, aber glücklich.
Um die Frage aus dem Titel also zu beantworten: ich halte das nicht für einen Mythos. Natürlich ist mentale Stärke nicht alles, aber ich bin jedenfalls überzeugt davon, dass man mit dem richtigen "mindset" im Sport viel erreichen kann. Wer es schafft, sich eine mentale Strategie zurechtzulegen bzw. sich dann im Rennverlauf darauf einzulassen und z.B. auch eine starke Emotion (Aggression im ersten Beispiel) zuzulassen, kann davon sehr profitieren.
Von außen halt nicht zu beurteilen ob jemand an seiner körperlichen Grenze ist oder sich nur weniger gequält hat
Spielt ja keine Rolle, wenn beide genau den gleichen Status erreicht haben, respektive die gleiche Körperliche Grenze haben. Aber ja gehen wir davon aus, dass die körperliche Grenze bei km90 erreicht ist.
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Zitat:
Zitat von bigjuergo
du bist der beste, aber leider nicht der schnellste
Spielt ja keine Rolle, wenn beide genau den gleichen Status erreicht haben, respektive die gleiche Körperliche Grenze haben. Aber ja gehen wir davon aus, dass die körperliche Grenze bei km90 erreicht ist.
dann haben beide eine schlechte Einteilung gehabt und es siegt der dritte und zwei haben ein DNF
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
Wer sich zu dem Thema ein Bild machen will, dem/der empfehle ich, hier Ende Juli einerseits die MotoCross-/Enduro-Hobbyveranstaltung in Goldbach zu besuchen, und eine oder zwei Wochen später den Weltmeisterschaftslauf in Bessenbach, Luftlinie 5km entfernt...
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
Wenn Meine Hypothese: Die Unterschiede bei der Willenstärke im Wettkampf sind innerhalb der Gruppe von 10 zufällig ausgewählten Freizeit Sportlern deutlich grösser als innerhalb von den 10 Weltbesten.
Vermutlich ja, denn man benötigt sicher eine gewissen Willensstärke um soweit zu kommen. Insofern ist es natürlich auch manchmal vermessen, wenn ein Hobbysportler einem Profi mangelnde mentale Stärke o.ä. vorwirft.
Dennoch glaube ich, dass auch diese geringen Unterschiede einen Ausschlag über Sieg oder Niederlage ausmachen können. Wobi die Willensstärke allein sicher nicht ausreicht, sondern das gesamte „Setup“ mit allen oben beschriebenen Faktoren.
Zitat:
Zitat von Helmut S
.Was mich an dem Thread irritiert ist der starke Fokus auf den einen Aspekt auf "Härte".
Immer mal wieder gibt es in der öffentlichen Diskussion (Ausdauer)-Athlet*innen denen eine besondere Härte nachgesagt wird, die besonders in dem Ruf stehen, sich quälen- ja
besonders „tief gehen“ zu können
[…]
Vielleicht ist meine Wahrnehmung ja auch falsch oder nicht Mainstream.