Zitat:
Zitat von Nobodyknows
...sind die Rechten über das Instrument "soziale Netzwerke" nur präsenter und lauter geworden, wurden "nur" die Grenzen des sagbaren verschoben (Beispiel: "...Das sind alles Wirtschaftsflüchtlinge, die an unseren Sozial-Topf wollen und sonst nichts...") oder ist es auch so, dass sich Menschen aus der politischen Mitte von dumpfen Parolen durch ihr ignorieren dieser Parolen distanzieren?
|
Soziale Netzwerke kann ich leider nicht beurteilen, da ich damit nie was anfangen konnte, und somit auch keine nutze.
Meine persönliche Wahrnehmung zu Deiner Frage aus "normalen" Medien und privat ist, daß vieles, was vor 10 - 20 Jahren noch kein Etikett bekommen hat, sondern einfach kontrovers diskutiert wurde, heute gleich in eine Schublade "rechts" oder "links" eingeräumt wird, und je nach Position damit vernichtend als Unsinn, Unfug oder gar verbrecherisch (auf jeden Fall extrem) verurteilt wird. Damit wird die Diskussion von Themen und Problemen durch Stigmatisierung, Moralisierung und gut-böse Zuweisungen verdrängt. Und in diesem Spiel "gewinnen" die, die lauter sind - was im Falle der großen Medien nun mal mehrheitlich links ist - die damit gerne eine "wachsende" rechte Gesinnung beschwören können. Dieses Wachstum ist aber weniger einer Änderung der Menschen, als der Definition der Grenzen zuzuschreiben.
Die Grenzen des sagbaren wurden stetig verschoben, aber nicht nur in einer Richtung; sie wurden m.M.n. in vielerlei Hinsicht eher enger, darum fallen "Verstöße" viel mehr auf und werden "Tabubrüche" häufiger. Früher war man gelassener auch bei extremeren Äußerungen - ist mein persönlicher Eindruck. (Dein Beispiel ist z.B. m.M.n. nur durch die Worte "alle", "nichts" problematisch, da pauschalisierend. Das angesprochene Problem existiert und sollte diskutiert werden können - wenn auch nicht so).
Die "politische Mitte" ist für mich nur eine propagandistische Erfindung von Schröder; in meiner Begriffswelt lassen sich die meisten poltischen Meinungen grob in rechts und links einteilen, und die "Mitte" beschwört nur eine Scheingemeinsamkeit, die sich nicht bei konkreten politischen Entscheidungen aufrechterhalten lässt. Ich glaube, deine "Menschen der politischen Mitte" sind einfach Menschen, die keine extremen Postionen befürworten, aber sehr wohl eine Partei suchen, die ihre Anliegen vertritt - und der Teil, der eher konservative (früher rechte) Positionen hat, findet aktuell immer schwerer eine passende Vertretung. Dumpfe populistische Parolen sind nicht allein den Rechten vorbehalten, das gibt es übers ganze Spektrum, und es gibt immer einen Teil der Menschen, die darauf ansprechen - das ist ja das Wesen von Propaganda, Populismus oder Demagogie - Ausnutzen der menschlichen Psychologie der Massen. Es gab schon immer (wie auch heute) genügend selbst denkende Menschen, die sich ihren Teil denken, und Unsinn und Übertreibungen ignorieren.
Für mich war Rechts- oder Linksruck früher damit verbunden, ob eher SPD oder eher CDU das Übergewicht hat. Und es schien immer recht normal, daß je länger eine Seite regierte, desto stärker neigte die "öffentliche Meinung" in die andere Richtung. Nach dieser Logik ist es nicht unnatürlich, wenn eine zunehmende Orientierung der CDU unter Merkel nach links (oder weniger rechts als unter Kohl, oder moderner, wie man es sehen mag) in der Gesellschaft die Trägheit in die andere Richtung sichtbar macht.