Die Schuld für die AFD "linken" Parteien" und einer Politik für Rechte von Minderheiten zu geben, ..., finde ich eine zu durchsichtige, zu allgemeine Erklärung bzw. Ideologie, um einfach nur von der Verantwortung der Regierenden für eine ungerechte Vermögensverteilung und ungerechte Sozialpolitik abzulenken.
ich gab niemandem die Schuld, es geht um mögliche Erklärungen, warum Menschen AfD wählen obwohl sie auf Grund ihrer sozialen Interessen möglicherweise dort nicht besser bedient werden. Es ist ein Erklärungsmodell, das bei einigen Zutreffen mag; ob das mehrheitlich "ältere weisse Männer sind, oder andere, darum ging es mir nicht, auch wenn ich einzelne Beispiele aufgeführt habe. Jeder einzelne mag sich an anderen Sonderthemen (LGBT, Migranten, Beamte, ...) stoßen, der Mechanismus ist deswegen nicht weniger wahrscheinlich. Und über das Thema, was ist "gerechte Vermögensverteilung" und "ungerechte Sozialpolitik" läßt sich eh trefflich streiten, je nach eigener Situation und Einstellung, das sind keine objektiven Begriffe, an denen sich alle gleich orientieren könnten.
Zitat:
Zitat von LidlRacer
Ich sehe nicht, dass Minderheiten wesentliche Vorteile verschafft werden.
Es werden lediglich Nachteile abgebaut.
Zitat:
Zitat von Trillerpfeife
darum ging es nicht.
Es ging nur um die gefühlte Wahrheit. Eben die gefühlte Wahrheit, dass manch einer glaubt für ihn wird nix getan.
Es taucht ja immer wieder die Frage auf, wie man solch Leute abhohlt, um sie wieder in den Kreislauf der Nicht AfD Wähler zu integrieren.
Danke, Du hast mich verstanden. Es geht nicht um Fakten, sondern Gefühle, Eindrücke, weil das bei Wahlentscheidungen häufiger eine Rolle spielt, da ist der Mensch einfach zu irrational. Und denen, die man Populisten nennt, muß man eines zu Gute halten: sie verstehen dies oft besser, als andere - das macht sie gerade zu Populisten, also Menschen, die das "Gefühlte" der Menschen ansprechen und aktivieren können. Aber das sollte jeder talentierte Politiker beherrschen, sonst hat er schlechte Karten.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Es geht nicht um Fakten, sondern Gefühle, Eindrücke, weil das bei Wahlentscheidungen häufiger eine Rolle spielt, da ist der Mensch einfach zu irrational. Und denen, die man Populisten nennt, muß man eines zu Gute halten: sie verstehen dies oft besser, als andere - das macht sie gerade zu Populisten, also Menschen, die das "Gefühlte" der Menschen ansprechen und aktivieren können. Aber das sollte jeder talentierte Politiker beherrschen, sonst hat er schlechte Karten.
"Das "Gefühlte" der Menschen ansprechen und aktivieren" ist leider oft nichts anderes als Hetze und erscheint mir daher nicht zwingend nachahmenswert.
Habe aber leider kein Patentrezept, wie man sinnvoll dagegen arbeiten kann.
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"Das "Gefühlte" der Menschen ansprechen und aktivieren" ist leider oft nichts anderes als Hetze und erscheint mir daher nicht zwingend nachahmenswert.
Man kann es für Hetze verwenden, man kann es für das Gute verwenden (was der Einzelne auch immer darunter versteht). Charismatische Persönlichkeiten der Geschichte waren doch nicht alle Hetzer, oder? Oder glaubst Du wirklich, daß die Leute z. B. Greta alle aus reinen Vernunftsgründen mit vollem Verständnis für wissenschaftliche Zusammenhänge folgen? Warum dann gerade Greta, und nicht schon all die inzwischen unbekannten Propheten vor ihr die das Gleiche gesagt haben? Weil sie es geschafft hat, das "Gefühlte" der Menschen anzusprechen.
Zitat:
Zitat von LidlRacer
[i]Habe aber leider kein Patentrezept, wie man sinnvoll dagegen arbeiten kann.
Vielleicht sollte man gar nicht dagegen angehen, da die Natur des Menschen nicht so einfach zu ändern ist (nur die Kommunisten wollen den "neuen Menschen" erschaffen - mit mäßigem Erfolg). Es wäre schon viel gewonnen, wenn Politiker auf diese gefühlten Zustände auch eingehen würden - da ist oft nicht weniger dran, als an gefühlten Benachteiligungen von Minderheiten. Wahlen werden aber nicht von Minderheiten, auch (hoffentlich) nicht von den Pressereaktionen, sondern von Mehrheiten entschieden.
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ich gab niemandem die Schuld, es geht um mögliche Erklärungen, warum Menschen AfD wählen obwohl sie auf Grund ihrer sozialen Interessen möglicherweisedort nicht besser bedient werden.
......
möglicherweise?
Es ist einfach sehr nützlich für diejenigen, die für die asoziale Politik die Verantwortung tragen, eine Geschichte zu erzählen, weshalb die Politik der Linke für das Anwachsen der AFD verantwortlich wäre.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Und über das Thema, was ist "gerechte Vermögensverteilung" und "ungerechte Sozialpolitik" läßt sich eh trefflich streiten, je nach eigener Situation und Einstellung, das sind keine objektiven Begriffe, an denen sich alle gleich orientieren könnten.
Die Vermögensverteilung in De und auf der gesamten Welt ist objektiv betrachtet, d.h. den belegbaren Zahlen nach, extrem ungleich verteilt, was faktisch und objektiv zu vielen Problemen und Konflikten auf der Welt führt.
Wenn man die ungleiche, ungerechte Vermögensverteileung in den Bereich der subjektiven Wahrnehmung verlegt, will man an dem ungerechten Vermögensverteilungssustand nichts ändern, was wiederum IMHO Parteien wie die AFD indirekt stützt.
ich schreibe so, da ich mich nicht ausführlich mit sozialpolitischen Aspekten des AfD-Programms befasst habe (da ich kein Wahl-Interesse an dieser Partei habe), also auch keine Meinung dazu haben kann. Du meinst übrigens hoffentlich nicht, daß ich Verantwortung für asoziale Politik trage, oder?
Zitat:
Zitat von qbz
Die Vermögensverteilung in De und auf der gesamten Welt ist objektiv betrachtet, d.h. den belegbaren Zahlen nach, extrem ungleich verteilt, was faktisch und objektiv zu vielen Problem und Konflikten auf der Welt führt.
Wenn man die ungleiche, ungerechte Vermögensverteileung in den Bereich der subjektiven Wahrnehmung verlegt, will man an dem ungerechten Vermögensverteilungssustand nichts ändern, was wiederum IMHO Parteien wie die AFD indirekt stützt.
Der erste Absatz stimmt völlig, der zweite ist ein Trugschluss. Ungleichheit ist bei weitem nicht immer Ungerechtigkeit, und auch bei bekannter Ungerechtigkeit gibt es kaum jemals eine objektiv "gerechte", von allen als solches wahrgenommene Verteilung. Gerechtigkeit ist in dieser Hinsicht ein höchst subjektives Konstrukt. (nicht umsonst geht es vor Gericht auch selten um Gerechtigkeit, sondern nur um Durchsetzung von Recht).
Aber das Wissen um die Subjektivität des Themas heißt noch lange nicht, daß man nichts ändern will. Jeder strebt in Richtung seines persönlichen Gerechtigkeits-ideals und möchte die Welt gerne dahin treiben. Und auch wenn es kein objektiv, final gerechtes System gibt, man kann jedes System in kleinen Schritten besser, auch gerechter machen - aus seiner ganz persönlichen Perspektive. Und nur meistens findet sich jemand, der durch eine solche Verbesserung sich speziell ungerecht benachteiligt fühlt.
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ich schreibe so, da ich mich nicht ausführlich mit sozialpolitischen Aspekten des AfD-Programms befasst habe (da ich kein Wahl-Interesse an dieser Partei habe), also auch keine Meinung dazu haben kann. Du meinst übrigens hoffentlich nicht, daß ich Verantwortung für asoziale Politik trage, oder?
Nein, wieso? So konkret haben wir nicht diskutiert. Aber wer z.B. den jetzigen Mindestlohn und die Hartz IV Sätze für richtig hält, trägt IMHO eine Mitverantwortung für diese unsoziale Politik.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Der erste Absatz stimmt völlig, der zweite ist ein Trugschluss. Ungleichheit ist bei weitem nicht immer Ungerechtigkeit, und auch bei bekannter Ungerechtigkeit gibt es kaum jemals eine objektiv "gerechte", von allen als solches wahrgenommene Verteilung. Gerechtigkeit ist in dieser Hinsicht ein höchst subjektives Konstrukt. (nicht umsonst geht es vor Gericht auch selten um Gerechtigkeit, sondern nur um Durchsetzung von Recht).
Aber das Wissen um die Subjektivität des Themas heißt noch lange nicht, daß man nichts ändern will. Jeder strebt in Richtung seines persönlichen Gerechtigkeits-ideals und möchte die Welt gerne dahin treiben. Und auch wenn es kein objektiv, final gerechtes System gibt, man kann jedes System in kleinen Schritten besser, auch gerechter machen - aus seiner ganz persönlichen Perspektive. Und nur meistens findet sich jemand, der durch eine solche Verbesserung sich speziell ungerecht benachteiligt fühlt.
Das ist wirklich ein grosses Thema. Du individualisierst und subjektivierst den Wert "soziale Gerechtigkeit" halt in diesem Weltbild vollkommen. Das macht die Psychologie genauso in ihren Untersuchungen. Diese sind wenigstens hilfreich zu verstehen, wie Menschen kognitiv damit umgehen, wenn sie an eine "gerechte Welt glauben", aber Ungerechtigkeit vorkommt bzw. erlebt wird. Der Befund der Psychologen fasst dieser Artikel ganz gut zusammen. Er erklärt auf der individuellen Ebene wie Menschen mit welchen Einstellungen den Widerspruch zwischen eigener empfundener sozialer Ungerechtigkeit und Wahl-Unterstützung der AFD wieder in ein konsistentes Denksystem bringen.
"Für das Erleben von alltäglichen, aber auch gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten bedeutet dies: Wer intuitiv stärker davon überzeugt ist, in einer (insbesondere für einen persönlich) gerechten Welt zu leben, dem gelingt es leichter, Ungerechtigkeiten auszublenden, und es ist in der Folge wahrscheinlicher, dass er erfolgreicher ist und sich wohler fühlt. Das individuelle Potenzial für aktiven Widerstand, gerade gegen oft als unüberwindbar erlebte gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, dürfte damit an Stärke verlieren. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, diese Effekte im Zusammenhang mit der aktuellen Gesellschaftskrise insbesondere im Umgang mit Menschen auf der Flucht zu betrachten."
........ "Und dann sehen wir uns mit einer Vielzahl von Menschen konfrontiert, die sich nur allzu gern auf Gerechtigkeit berufen und gleichzeitig die Prinzipien, die sie für sich selbst einfordern, angesichts der in Deutschland ankommenden Hilfebedürftigen brutal mit den Füßen treten - meistens “nur” verbal, immer öfter aber auch wortwörtlich. ........
Diese Menschen wähnen sich tatsächlich im Recht, bemängeln die Ungerechtigkeit ihrer eigenen Lage und bringen es dabei fertig, das ungerechte Schicksal der Geflüchteten herunterzuspielen: “die sind doch selbst Schuld, wenn sie sich zuhause gegenseitig bekämpfen” oder “...wenn sie zuhause schlecht wirtschaften” (blaming the victim); “so schlecht kann es denen gar nicht gehen, denn sie bestellen sich ein Taxi, haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte von Kilometern durch Deutschland zu fahren” oder “die meisten sind doch Wirtschaftsflüchtlinge, das ist massenhafter Asylmissbrauch” (Herunterspielen von Ungerechtigkeit); “das Boot ist voll, wir helfen zwar gerne, aber jetzt ist auch mal Schluss” oder “die Welt ist halt nicht gerecht (für alle, Hauptsache aber für mich)” (Normalisierung, “shit happens”, persönliche Welt vs. Welt der Anderen)." siehe den Artikel zum "das Gerechtigkeitsparadoxon"
Nun besteht aber eine Gesellschaft nicht einfach aus der Summe von X-Individuen (hier liegt die Erkenntnis-Grenze der Psychologie), so wie man auch nicht das Funktionieren eines Lebewesens verstehen kann, indem man es als Summe der einzelnen Zellen auffasst. Es braucht unbedingt eine Analyse der gesellschaftlichen Strukturen / Systeme, um zu erklären, weshalb heute das Halten von Dienstboten als Sklaven als ungerecht empfunden wird im Unterschied zu früher, hingegen die meisten die extrem ungleiche Vermögensverteilung als "normal" bis sogar "gerecht" hinnehmen, wenn auch nicht als "leistungsgerecht" empfinden. Und solche Analysen führen zu objektivierbaren Zielen, um die Verteilung der erarbeiteten Werte einer Gesellschaft eben sozial gerechter zu gestalten als es jetzt der Fall ist.
Das ist wirklich ein grosses Thema. Du individualisierst und subjektivierst das Thema halt vollkommen.
Ja, da es auch so ist, steht sogar in Deinem Artikel:
Zitat:
Gerecht ist das, was als gerecht erlebt wird. In diesem Sinne gebe es allein in Deutschland - und das macht es für Politik und Gesellschaft etwas schwieriger - um die 80 Mio. unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen.
Ansonsten ist das beschriebene Denkmodell sicher möglich und auch vorhanden, aber auch sicher nicht die einzige Denkweise, die den Umgang mit der grundlegenden Ungerechtigkeit dieser Welt ermöglicht. Meine Denkweise ist es in der beschriebenen Form nicht, dafür klingen mir alle Beispiele viel zu plakativ, vereinfachend, z.T. überspitzt und konstruiert. Z.B. "blaming the victim" kann m.M.n. verwerflich, oder auch begründet sein, die Differenzierung kommt im Artikel zu kurz. Ich bin nun mal der Ansicht, daß jeder zuerst selbst gefordert ist, Verantwortung für sich zu übernehmen, bevor andere dafür sorgen, daß Nachteile ausgeglichen werden, die man aus eigener Kraft nicht ausgleichen oder umgehen kann. Ich bin zwar nicht religiös, aber ich bin in einem stark Calvinistisch geprägten Umfeld aufgewachsen, wo "hilf Dir selbst, dann wird Dir geholfen" die Richtschnur war. Aber ich weiß auch, daß das nicht der einzig mögliche und immer hilfreiche Ansatz ist.
Wer auch immer auf sich nimmt, Gerechtigkeit für die Welt zu erreichen, sollte das entsprechend dem letzten Satz des Artikels tun
Zitat:
... in dem Bewusstsein, dass niemand unfehlbar in seinen Gerechtigkeitsurteilen ist.
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