Sollte diese Tage irgendein Marktforschungsinstitut bei uns anrufen, um zu fragen, wie es denn um die Werte innerhalb der deutschen Kleinfamilie bestellt sei, könnte ich unser Familien-Motto sofort losbrüllen: Auf die Plätze, fertig, los! Ich weiß nicht, wie oft ich das am Tag rufen muss. Nicht, weil ich eine Eislaufmutter bin und unseren Zwerg schon frühzeitig zu Hochleistungen antreiben möchte, sondern weil dieser das so wünscht. Dazu kommen Extrawünsche wie z.B. „Mama, kannst du meinen Namen schreien?“. Das ist ja grundsätzlich kein Problem. Wenn allerdings – wie neulich geschehen – ein Elternteil immer mit der Stoppuhr auf dem Sportplatz steht, während der andere ein 400-Meter-Rennen auf der Bahn gegen den Nachwuchs läuft, blicke ich mich schon ´mal verstohlen um, ob irgendjemand guckt. Nicht, dass ich jemals viel auf das Gerede anderer Leute gegeben hätte, aber man möchte ja auch nicht als der Schleifer der Nation da stehen. Ich kann mir ja auch schlecht ein Schild um den Hals hängen mit der Aufschrift „Unser Sohn will das so!“
Natürlich machen wir nicht den ganzen Tag Sport. Aber wo Ehrgeiz ist, ist auch immer ein Weg. Auf jedem noch so kleinen Wegstück lässt sich spontan ein kurzes Sprintrennen veranstalten. Ganz besonders liegt uns das heimische Einkaufszentrum, in dem der kleine Dicke und seine bekloppte Mutter durch regelmäßiges Gejohle auffallen, weil jeder der Meinung ist, er habe das fiese Rampen-Rennen so eben für sich entschieden.
Und so plätschern unsere Tage dahin. Bis zu dem Tag, an dem ich noch ´mal schnell nach Laufschuhen gucken will. Der Kurze fragt sofort, ob wir auch für ihn nach Laufschuhen gucken können. An dieser Stelle mache ich den kapitalen Fehler und antworte unüberlegt „Ja, klar.“ Denn ich bin mir sicher, dass es für 4-Jährige noch keine Laufschuhe gibt. In der Hektik vergesse ich nur leider, dass das Läufermodell an meiner Seite zwar klein, aber mit außergewöhnlich großen Füßen ausgestattet ist. Und so holt die freundliche Verkäuferin denn drei Profi-Modelle aus dem Lager im Keller. Die asics-Schuhe werden keines Blickes gewürdigt, weil sie einen Klettverschluss haben. Die Nike-free mit grüner Sohle und schwarzem Obermaterial sehen fast so aus wie die von Papa, sitzen aber an der Ferse nicht. Und dann bleibt ein Paar wunderschöner New Balance-Schuhe in den Farben weiß, rot, silber und schwarz, die zu allem Übel auch noch wie angegossen passen. Dummer Weise will Mama die partout nicht einfach so kaufen und erklärt, dass 50 Euro für zwischendurch viel zu viel sind. Und außerdem habe der Zwerg schließlich gerade sinnlose Blinkschuhe für genau so viel Geld bekommen.
In der nächsten Viertelstunde spielen sich erbarmungswürdige Szenen ab: riesige Kullertränen, wütendes Geheul, verzweifelte Bestechungsversuche („Mama, wenn du mir die kaufst, schenk ich dir auch drei von meinen Autos!“) und vermeintlich gute Argumente wie „Mama, ich BRAUCH die Schuhe!“. Schweren Herzens bleibe ich standhaft. Die Verkäuferin ist mittlerweile mürbe und sieht aus, als kämen ihr auch bald die Tränen. Gegen zwei mit Dackelblick knicke ich schließlich ein und schlage ein Geschäft vor: „Am Wochenende ist ein Kinderlauf. Wenn du den mit machst, kaufen wir dir am Montag die Schuhe, ok?“. Der kleine Blonde versucht es noch damit, dass er genau dafür ja die Schuhe bräuchte, aber letztendlich sind Kind und Verkäuferin doch sichtlich erleichtert und willigen ein, die Schuhe für eine Woche zu reservieren.
Raceday. Kurz vorm Einsatz wird´s dann noch spannend. Großer Rummel und viele Leute. Ich biete meinem Sohn an, mit zu laufen und er nimmt erleichtert an. Zusammen meistern wir die 500-Meter-Crossstrecke und der kleine Sportler steckt auch einen Sturz souverän weg. Im Ziel ist niemand glücklicher als er, dass er den Mut hatte, das Rennen mit zu machen. Der 5-Jährige, der am Start ohne Not noch große Töne gespuckt hatte, schlägt ihn mit einer Sekunde Vorsprung. Später müssen wir die gleiche Strecke noch drei Mal mit Sohneemann ablaufen zuzüglich einer Extra-Runde um einen kleinen See. Aber zum Glück muss ich nicht seinen Namen schreien.
Dass im Moment ausschließlich die neuen Laufschuhe getragen werden, versteht sich von selbst.
Oh, danke, freut mich immer sehr, wenn ihr Spaß beim Lesen habt !
Einige Dinge habe ich weg gelassen, weil ich dachte, dass würde hier dann doch den Rahmen sprengen ... wie die Eltern nach 4 Stunden in bitterer Kälte endlich nach Hause wollen, aber der Zwerg darauf beharrt, dass der Crosslauf noch nicht zu Ende sei, da im Vereinsheim noch nicht alle Stühle auf den Tischen stehen oder wie der 4-Jährige seine Laufschuhe im Laden auf dem Laufband ausprobiert. Das Bild vom Lütten auf dem Laufband werde ich mein Lebtag nicht vergessen, ganz sicher!
Nun, die anstehende Sommersaison 2011 wird uns hoffentlich noch viel Freude machen.