Es wurde ja schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.
Auch wenn die Grundvoraussetzungen komplett unterschiedlich sind, ist bei mir die familiäre Situation doch noch relativ frisch.
Heißt: Meine Frau hat mich als Triathlet kennengelernt und zugleich war ihr Bruder noch einige Jahre als Profi im Langdistanztriathlon unterwegs. Da waren meine 10-15 Stunden Training schon immer eher süß im Vergleich.
Ansonsten sind bei uns während der Beziehungszeit 2 Hunde im Welpenalter eingezogen und seit Juni 2023 haben wir auch einen zweibeinigen Mitbewohner im Haus.
Die Vorbereitung auf die Langdistanzen hat eigentlich immer ganz gut geklappt und ich bin zumindest mit passabler Fitness an der Startlinie gestanden und die Beziehung hält auch schon seit mehr als 10 Jahren.
Ein Patentrezept gibt es dafür definitiv nicht, sondern ihr müsst euren Weg finden.
Deinen Traum, bzw dein eigenes Ziel komplett aufgeben ist immer ein Bisschen ein zweischneidiges Schwert.
Klar, es sorgt dafür, dass der Haussegen gerade bleibt, allerdings solltest du dich ganz ehrlich und ernsthaft fragen, ob es nicht irgendwann als Boomerang zu einem Vorwurf werden kann.
"Ich habe auf so viel wegen dir verzichtet und du...." - beliebig ausfüllbar.
Was ich damit sagen will, ihr müsst ein System finden, mit dem alle Parteien glücklich sind und sich abfinden können.
Bei uns waren es verschiedene Routinen.
Zum einen bin ich, was das Training betrifft, den Großteil des Jahres relativ flexibel und schiebe auch mal die ein oder andere Einheit von links nach rechts und zurück.
Wichtig sind mir die 12 Wochen vor der Langdistanz, da wird die Form gemacht. Alles davor ist ein Zubringer um mit der bestmöglichen physischen UND psychischen Form in die letzten 3 Monate zu starten.
In den 12 Wochen war (und ist) dann im Grunde die Verteilung der Trainingszeit nahezu 50:50.
Heißt: Mo - Fr 6-8 Std + WE 5-7 h
Das gibt die Möglichkeit unter der Woche mindestens 1x gemeinsam zu essen.
Am Wochenende gibt es an einem Tag den langen Dauerlauf der so geplant wird, dass ich spätestens um 10 Uhr mit den Pancakes fertig bin und die liebste sich nur noch an den Tisch setzen muss. Ob sich die Schwimmeinheit dann am Nachmittag/Abend noch ausgeht wird dann flexibel, je nach Tagesplan abgesprochen.
Der andere Tag ist meine lange Koppeleinheit bestehend aus 4,5 h Rad + 30 min Lauf. Da ist Start zwischen 6 und 7 Uhr mit dem Deal mittags wieder zurück zu sein.
Der Nachmittag gehört dann der Familie, ohne Diskussion und ohne Jammern. Das heißt, wenn wir Lust auf eine Bergtour haben, dann wird auch der Kinderwagen, oder die Kraxe den Berg hochgehieft. Egal ob ein paar Stunden vorher 35 km gelaufen, oder 150 km Rad + 8 km Lauf durchgezogen wurden.
Oft gehts auch einfach nur ins Kaffee, oder zu den Schwiegereltern um im Pool zu plantschen.
Unter der Woche sind dann so Themen wie Frühschwimmen, Vereinstraining später am Abend (20 Uhr), oder Training in der Mittagspause ganz gute Maßnahmen.
In deinem Fall könntest du zum Beispiel an einem Tag mit dem Auto, inkl Wechselklamotten, ins Büro fahren. Nach Feierabend mit dem Rad heim. Je nach Zeit eine längere Runde, oder Intervalle. Am nächsten Tag dann mit dem Rad in der Früh locker ins Büro fahren.
Rad und Radklamotten in den Kofferraum, frische Klamotten raus aus dem Kofferraum und am Abend mit dem Auto heim.
Während der Schwangerschaft war es meiner Frau nicht wichtig, dass ich dauerhaft physisch vor Ort bin. Viel wichtiger ist die Sicherheit immer erreichbar und schnell zu Hause zu sein.
So wurde der Radius um die Wohnung mit zunehmender Schwangerschaft zwar immer kleiner, die Trainingszeit aber nicht unbedingt weniger. Auch hier helfen Absprachen. Ich hab versprochen, dass ich innerhalb von 30 Minuten zurück bin, wenn es sein muss.
Seit 16 Monaten ist jetzt unser Nachwuchs da. Mittlerweile hat er 2 Elbaman Teilnahmen auf dem Buckel und läuft schon selbst wie Patrick Lange durch die Wohnung.
Ob es dann für das Rennen selbst wirklich sinnvoll ist in der Rennwoche täglich zwischen 6 und halb 7 geweckt zu werden und dann mit dem Junior 20 Minuten ins Stammkaffee auf einen Cappucchino und ein Cornetto Crema zu gehen, damit die Liebste noch 1-1,5 länger schlafen kann, wage ich mal zu bezweifeln. Allerdings ist so ein Bild durch nichts zu ersetzen.
Nachtrag: Und weil das jetzt schon wieder viel zu viel Theorie war, nochmal das Beispiel aus der Praxis vom heutigen Feiertag.
05:45 Junior wacht auf, OK, der Wecker klingelt eh in 20 Minuten, dann kann ich die Zeit auch nutzen und mich um den kleinen kümmern, während sich die Frau nochmal umdreht.
bis 07:30 den kleinen bespaßt, ihn fertig gemacht und auch mich selbst fürs Training zurechtgemacht, inkl Frühstück, Kaffee usw.
Um 7:30 wird die Holde inkl der Hunde geweckt. Schnell noch Hundefutter machen und die Vierbeiner in den Garten gelassen.
07:50 alles schnell gepackt und ab ins Auto, es geht auf die Bahn.
08:00 Bahntraining 12 km inkl 8x600 und 2x200, mein Schwager hat sich geopfert
1:15 Stunden später. Auslaufen ist rum, kurz die Lage checken was alles vom Bäcker gebraucht wird. Auf dem Heimweg schnell beim Bäcker vorbei.
Danach gemütliches Frühstück mit der Familie und nochmal einen entspannten Vormittag.
11:30 Nachdem der Kleine sein Mittagessen bekommen hat machen wir die Hunde fertig und der Mittagsschlaf des Kleinen wird für 1,5 h Spazierengehen genutzt.
13:30 Unser Mittagessen ist fertig.
14:30 Die Hunde sind ausgelastet, die Eltern sind eigentlich gut bedient, nur der Kleine sollte nochmal was machen. Also alles fertig gemacht und nochmal für 1,5 Stunden raus zum Spielplatz. Den doppelten Espresso und die Kugel Eis ToGo habe ich mir dann noch rausgehandelt
16:30 Wir sind wieder daheim. Der Kleine wird gebadet, im Anschluss Spielzeit, weil Mama sich zurechtmacht.
17:55 wir gehen auf die letzte Runde des Tages. Meine Frau hat Mädelsabend im Restaurant ums Eck und ich spaziere mit dem Kinderwagen ne halbe Stunde.
Seitdem schläft der Junior, ich schreibe diese Zeilen, die Hunde sind bei mir auf der Couch. Das Leben ist gut.
Und die Moral von der Geschicht. Es ist alles möglich, man darf nur nicht aufhören zu kommunizieren und vor allem nicht alles als selbstverständlich hinnehmen.