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So, hier kommt die "Reportage":
A Day At The Races
Oder: Unterwegs auf der Suche nach unter zwei Stunden.
Angekündigt war die Geschichte ja wirklich rechtzeitig und somit war dank uneingeschränkter Aufmerksamkeit im Forum die Seitenzahl so richtig wuchernd.
Trotzdem dauerte es bis Seite 13, bis das Tria-Szene-Mannschaftszeitfahr“team“ einen Namen bekam: TS A-Team <2
Der war nu nicht ganz ohne und, um einiges vorneweg zu nehmen: so weit, wie die Jungs es, auch wenn es lange nicht so aussah, nach vorne schafften, hätte er sich auf der Ergebnisliste wirklich auch richtig und voll ausgeschrieben präsentieren können.
Wieso da oben „Team“ in Anführungszeichen steht, mag dem ein oder der anderen im Verlauf dieser Zeilen klar werden, mir wurde es bereits Samstag Nachmittag sonnenklar.
Bis zur Abreise nahm das Geplänkel im Forum ja fast kein Ende und was nebenher an PNs noch lief, mag hier nur am Rande angedeutet sein;- auf jeden Fall lies ich mich hinreißen, an der gemeinsamen Trainingsrunde samstags teilnehmen zu wollen.
Glücklicherweise war mir das Schicksal wohlgesonnen, denn ich ging;- keine Ahnung, welcher Teufel mich da ritt, davon aus, dass es sich bei dem Zeitfahren um zwei Runden à 40km handelte, da ich aber eh die Homepage unserer Unterkunft zur Anmeldung bemühen musste, kam mir genialerweise noch der Gedanke, mal eben auszuchecken, ob es im www Infos über die Angelegenheit geben würde.
So stieß ich darauf, dass es um nicht weniger als die Roth-Challenge-Radrunde ging, und die ist nu knappe 90km lang.
Das war einerseits genial, aber andererseits doof, denn ich hatte bereits meine Titanrakete mit anderen Rädern bestückt, ihr MTB-Pedale angeschraubt und noch weitere Kleinigkeiten zur Vorbereitung angedeihen lassen, wäre aber niemals so vermessen gewesen, davon auszugehen, im Moment 90km darauf zu überleben.
Da war gutes Rad teuer und das Mittagessen fiel zugunsten eines Reifenwechsels am Crosser flach, der nun herhalten sollte.
Wegen des einzelnen Flaschenhalters machte ich mir wenig Sorgen, auch nicht, trotzdem die Sonne bei mir zuhause noch mit aller Kraft brutzelte.
Fix noch ne handvoll Semmeln geschmiert, ne Pulle Saft umgefüllt und ab auf die Bahn.
Ankunft zu spät, um in der Pension noch den Schlüssel zu holen, dafür traf ich mehr als frühzeitig beim Buchstaller in Hilpoltstein ein und kurz nach mir „Hazelman“ und „Wagnerli“ im komplett mit Rädern und Taschen vollgeladenen Opel.
Nach und nach gesellten sich „Danksta“, „Dickermichel“, „Sexta Mann“ mit Lady und Dickermichel sowie „Nopogobiker“ und „das Mädchen“ dazu.
Ich kenne natürlich das dumme Gelaber von Radfahrern und Triathleten und war nicht nur bloß skeptisch wegen der Aussage, „locker“ die Runde abfahren zu wollen, sondern eigentlich überzeugt, dasses auch dann schmerzen würde, wenn dieses „locker“ zutreffend wäre.
Mein Zögern wurde kurzerhand ausgehebelt, ich stieg ins Raddress und schon ging es los.
Zum Glück wars sonnig, so konnte ich aufs Einfahren ebenso wie die andern verzichten und nachdem die Räder mal am Rollen waren, fiel der Tacho erstmal nicht unter 40km/h.
Schön, dass mich meine Erfahrung auch diesmal nicht im Stich gelassen hatte.
Der ungeordnete Sauhaufen blasterte mit gefühlt knapp Schallgeschwindigkeit über die Strecke und zeitweise, also vor allem bergab, war das auch mal wieder ganz nett, dumm halt, dasses bergauf geht, wo es auch bergab geht, und man da mit ca. 300km in den Beinen im Kreise lieber Forumisten, die für den kommenden Tag einiges beim Zeitfahren vorhaben, abbeißt und eigentlich wirklich nix verloren hat.
Zum Glück war noch das Mädchen dabei und die tat redlich alles, um so zu wirken, als wäre sie auch nicht gewillt, die Pace über die ganze Strecke mitzugehen, und nach wenigen Kilometern gabs die erste als Besprechung getarnte Wartepause.
Da Mädchens Schaltung dank falschen Hinterrad komplett am spinnen war, wurde dabei kurzerhand ein Radwechsel zwischen ihr und Nopogobiker vollzogen, kurz der nächste Wartepunkt vereinbart und weg waren die Jungs.
Jo, klasse. Bei allem, was ich bisher tat, wars wirklich nicht so, dass ich alle, aber restlos alle aufgehalten hätte und auch, wenn ich bisher keine Hinweise auf bevorstehendes Abkacken erkennen konnte, wusste ich doch, dass dies sehr schnell gehen kann und dann auch sehr gründlich.
Bis hier war aber eines sonnenklar: mit diesem Haufen, in dem auch noch die Hälfte aller über die minimal zu haltenden Abstände zwischen Vorder- und Hintermann am Jammern war, war es ziemlich verwegen, an eine Zeit unter zwei Stunden zu glauben.
Naja, obwohl, ich muss das vielleicht korrigieren: in unter zwo Stunden in die Klinik nach nem Massensturz auf den ersten Kilometern des Rennens hätte ich jederzeit unterschrieben.
Blind.
Wir haben uns dann getrennt, nachdem ich die Freunde wirklich nicht aufhalten wollte und ich mochte auch nicht Zeuge sein, wie sich die Hoffnungsträger der deutschen Radsportszene schon beim Training ausradieren.
Am Rothsee, wo ich Wagnerli wiedertraf, war es denn auch ganz kommod, wenngleich das Wasser noch ziemlich frisch und somit für Weicheier nicht so recht zum Schwimmen war.
Trotzdem schon bald ein erlösender Anruf von der Rückkehr der Recken kündete, blieben für den Renntag Fragen offen: Nopogobiker´s Scheibenrad knarzte in Mädchen´s Bike schlimmer als die Gorch Fock, Dickermichel und Nopogobiker waren gerade krank gewesen und die Themen beim Abendessen („Was machen wir, wenn einer stürzt?“-„Wieso, wenn, dann stürzt nicht nur einer!“ oder „Geht das echt nicht, dass ich wenigstens 5m Abstand zum Vordermann lasse?“) verhießen nix Gutes und waren ziemlich konträr zur Idee, nicht nur unter 2 Stunden zu bleiben, sondern vielleicht doch gleich, wenn man schon mal da war, zu gewinnen.
Man muss an dieser Stelle vielleicht einflechten, dass kaum Alkohol im Spiel war;- zumindest noch nicht jetzt.
Das wäre auch unverschämt gewesen, denn schon nach der „abgerollten“ Einführungsrunde war der Appetit ein sehr gesunder und in der Lage, der holden Maid, die uns mit Essbarem versorgte, ebenfalls Schweißperlen auf die Stirn zu treiben.
Da reichten ein paar handvoll herbeizuschleppende Apfelschorlen und Wasser wirklich vollauf.
Der Rennmorgen beglückte uns dann mit wolkenverhangenem Himmel und halbwegs frischen Temperaturen.
Sicher nicht schlecht für ein Mannschaftszeitfahren, um aber mit ner Kamera auf´m Autodach herumzuturnen, während die Pilotin des Fahrzeugs mit 50 Klamotten hinter dem
Tria-Szene A-Team <2 herjagd, hätte ich mir schon 10 Grad mehr gewünscht.
Glücklicherweise machten die Jungs heute eine deutlich bessere Figur als gestern bei der Generalprobe, fraglich blieb aber einige Zeit, ob sie den Sinn der Aktion verstanden hatten, denn Dickermichel war schon in der ersten Ecke verlorengegangen und außer Sichtweite.
Dafür kamen vorne andere interessante Objekte in Sicht, nämlich die erste Mannschaft, zu der die 2Minuten Zeitabstand vom Start zugefahren war.
Sowas macht natürlich flinke Beine und beschert in ländlicher Idylle kurviger Sträßchen hübsche Erinnerungsfotos.
Von denen gab es dann noch mehr und so manches früher gestartete Team oder auch nur abgefallene Teile davon wurde überrollt.
Obwohl, was heißt „manches“?
Bis zur Halbzeit waren fünf von sechs dieser motivierenden Faktoren aufgeschnupft, allerdings bezog ich von unserer Fahrgemeinschaft Prügel, als ich andeutungsweise ein paar Rechenbeispiele bezüglich Platzierung und eingeholten Mannschaften zum Besten gab, oder anders gesagt: selbst nicht eingeholt zu werden, bedeutet nicht automatisch, die schnellste Zeit zu haben.
Na ja, ok, das wollte keiner wissen;- hätte ich mir natürlich auch denken können, denn bisher lief es wirklich perfekt und die Jungs sahen aus, als hätten sie nie was anderes als Mannschaftszeitfahren gemacht, die Zeit war ebenfalls blendend und sprach zumindest fürs Erreichen des ersten Ziels, unter zwei Stunden zu bleiben.
Natürlich drückten wir neben der Fotografiererei ordentlich die Daumen und feuerten tüchtig an;- fürs Rother Landvolk spricht derweil, dass es sich auch kurzfristig auf solche Rennen einzurichten weiß und in der Lage ist, zumindest ein wenig Publikum am Streckenrand bereitzustellen.
Die Jungs blieben locker bis zum Schluss, Hazelman erwischte nen zweiten Wind und hinterm Solarer Berg deutete alles auf ein Herzschlagfinale hin, denn am Abzweig nach Hilpoltstein mit der Kilometerangabe „6km“ waren Pi mal Daumen exakt auch noch 6 Minuten Zeit und wir konnten nur hoffen, dass die Kilometerangabe ungenau war, bzw. die nun überwiegend nur noch bergab führende Strecke den notwendigen 60er Schnitt zulassen würde.
Keine Ahnung, woran es letztlich lag, aber wie wir mittlerweile wissen, blieb die Uhr bei 1:59:04 stehen und offen war jetzt noch die Frage, wo die anderen Teams landen würden.
Nach Ausfahren, Duschen und lustiger Einkehr zu Lachsnudeln oder Schnitzel brachte jedoch auch hier die Antwort Licht ins Dunkel.
Die Sieger knabberten von ganz hinten gut 4 Minuten ab und stoppten bei 1:54:50, die Zweiten wären mit etwas Absicherung an den Kreuzungen und Einmündigen mit 1:57:04 in Schlagdistanz gewesen und dann waren aber auch schon „wir“ dran.
Treppchenplatz also und für ein zusammengewürfeltes Team von Triathleten nicht nur achtbar sondern direkt phänomenal, vor allem wenn man bedenkt, dass es hier um fünf/sechs Leute geht, die nicht nur nicht wöchentlich oder täglich gemeinsam auf der Strecke trainieren können, sondern teilweise die Strecke zuvor nicht mal kannten.
Herzlichen Glückwunsch also an euch, Jungs, toll dasses mit Sub2 geklappt hat und Spass gemacht hats sowieso!
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
Geändert von sybenwurz (25.05.2008 um 18:58 Uhr).
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