Zitat:
Zitat von MickFi
Also ich behaupte, dass das keine verarschung war!
Ein bisschen Naivität will ich mir einfach beibehalten. Natürlich kann man sagen, dass wenn Johnson in der Staffel der schnellste war und die beiden langsameren Teamkollegen gedopt waren, dass dann Johnson zwangsläufig auch gedopt ist. Aber dass ist Johannes B. Kerner Niveau. So einfach ist dass nicht. Es ist in der Tat so, dass nur der Schnellste von allen sagen kann (also Johnson, Bolt) ob diese Leistung ohne Doping möglich ist. Kein Arzt oder Journalist kann so eine Behauptung aufstellen. Kann doch sein, das Johnson und Bolt ein überdurchschnittliches Talent haben, was die dann mit perfektem Training ausgebaut haben. Die beiden Amerikaner die zu Johnsons Zeiten des Dopings überführt worden sind, haben vielleicht nur gedopt, wie die gemerkt haben, das die sonst nicht mit dem sauberen Johnson mithalten können.
Ich muss zugeben, dass ich skeptisch bin, was Bolts 100m und 200m Lauf angeht, dennoch gibt es keinen Dopingverdacht gegen ihn (eine schnelle Zeit ist kein Dopingverdacht) und darum ist er für mich sauber. Kann doch sein, dass er wirklich der schnellste Läufer aller Zeiten ist, dann ist doch die Zeit von 19:20 auf 200m zu erklären.
Es kann doch nicht sein, dass alle der besten Läufer gedopt sind. Da müssen doch auch welche dabei sein, die ein Gewissen haben. Die lieber ein paar Dollar weniger verdienen und nur als dritter oder vierter einlaufen. Die mit gutem Gewissen ins Bett gehen ohne Angst haben zu müssen, dass sie irgendwann des Dopings überführt werden und damit die ganzen Freunde und Familie enttäuschen. Die genau wissen, dass die Zeit die sie gelaufen sind, auf natürliche Weise gelaufen sind. Die mit gutem Gewissen sagen können: „Schaut her, mich könnt ihr als Vorbild nehmen!“. Vielleicht ist Bolt ja so einer, nur das er halt der beste aller Zeiten ist. Ich will mir doch auch vorbilder nehmen. Trotz Training und schlauer Ernährung bin ich bei meinen drei Marathons immer um 4:11 gelaufen. Wenn ich Kerner wäre, würde ich jetzt sagen, dass man ohne Doping den Marathon nicht in unter 4Std. schaffen kann. Ich will aber ohne Doping den Marathon in deutlich unter 4 Stunden laufen. Ende nächsten Monats bin ich schlauer!
Ich will einfach naiv sein, weil es nicht sein kann und nicht sein darf, dass Nachwuchssportler sich gedopte Profis als Vorbild nehmen. Die Nachwuchsprofis müssen doch OHNE DOPING die Chance haben, in die Weltspitze vorzustoßen. Wenn aber alle gedopt sind, ist das nicht möglich. Also hoffe ich, das Bolt nicht gedopt ist. Ich fürchte allerdings, dass ich noch eines besseren belehrt werde.
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Hallo MickFi,
als Antwort zu deiner Meinung passt eigentlich der Blogeintrag eines unbekannten Insiders bei t-online:
Horrorskop
21. August 2008 - 06:02 Uhr 27
An alle … (nicht nur an die, die sich hier so vehement gegen Dopingverdächtigungen ins Zeug legen):
Auch wenn zur Zeit noch keine 100%igen Beweise für das Doping der Jamaikaner (und nicht nur der!) vorliegen, so gibt es doch den Begriff der Indizienkette. In der Justiz heißt es somit: Eine Leiche muss nicht unbedingt gefunden, ein Geständnis nicht notwendigerweise erbracht werden, um den Täter zu überführen und abzuurteilen. Behalten wir das doch bitte mal im Hinterkopf.
Wenn man über Doping im großen Stil redet, muss man wissen, a) was menschlich möglich ist, b) wie die Leistung zustandekam und c) mit welchen Leuten man es zu tun hat.
Zu a) Die 9,69s sind, für sich betrachtet, durchaus möglich. Es handelt sich hierbei um eine WR-Verbesserung von lediglich 3/100s, was etwa 35cm an metrischer Länge entspricht. Eine Weltrekordverbesserung um 2cm im Hochsprung wäre da wesentlich signifikanter.
Zu b) Die Sache erhält indes ein ganz anderes Gewicht, wenn man berücksichtigt, was in diesem Lauf möglich gewesen WÄRE - nämlich eine Zeit von sage und schreibe 9,30s, was einer Rekordverbesserung von über 4/10s resp. von umgerechnet mehr als … 4 Metern entsprochen hätte - und hier hört der Spaß auf. Zahlen sagen wenig aus, wenn die Hintergründe unberücksichtigt bleiben.
Somit: Die Bedingungen bei diesem Lauf waren nicht optimal, es herrschte mit 0,0m/s Windstille; bei noch erlaubten 2,0m/s Rückenwind (wie es “zufälligerweise” 1968 in Mexico City so oft der Fall war), wären es schon 9,50s gewesen, und hätte der Athlet nicht schon nach 85 Metern das Tempo herausgenommen, stünde der WR jetzt bei 9,30. Nicht die 9,69 also stehen hier unter Verdacht, sondern eben diese hochgerechneten 9,30s. Darum geht es und um nichts anderes.
Zu c) Wer behauptet, auf Jamaika gäbe es kein Dopingkontrollsystem, der ist nicht informiert. Sowas gibt es dort tatsächlich, und es finden auch Kontrollen statt. Allerdings stehen diese auch nicht entfernt im Einklang mit den Kontrollen, wie sie beispielsweise bei uns durchgeführt werden - DAS ist die Crux. Von Rechts wegen hätten Jamaikanische Athleten von daher gar nicht bei Olympia starten dürfen. Dass sie es dennoch tun, gilt als Beleg für den Großmut (um nicjht zu sagen: die Willkür) des IOC resp. seiner obersten Vertreter bis hin zum Präsidenten. Und nun wird die Geschichte erst richtig interessant.
Der Mannschaftsarzt der Jamaikaner ist Herb Elliott. Wer ist dieser Mann? Herb Elliott war in den 50ern und 60ern das, was man damals einen Wunderläufer nannte, unter heutigen Gesichtspunkten jedoch war er genau das nicht - denn er war ein Arbeiter mit nicht unbedingt überragenden Anlagen. Er war Schüler des legendären Peitschers und Knautschers Percy Cerutty, der nach eigenen Worten unter Beweis stellen wollte, dass derjenige, der wirklich und mit letztem Einsatz bis hin zur Selbstaufgabe einen Rekord will, dies auch kann. (Zitat: “Alles, was er braucht, sind zwei Beine, der Rest ist Wille.”) Der Mann wurde gehasst und verflucht, er hatte nur wenige Schüler, die ihm treu blieben. Der Mittelstreckler Elliott blieb - und hatte Erfolg. Ebenso wie John Landy und einige andere, deren Namen mir entfallen sind.
Doch nicht nur ein exzessives Training dieser Art führte zum Erfolg, sondern Ceruttys früher und immer enger werdender Kontakt zu … Harold Connolly, dem amerikanischen Hammerwerfer, der als erster die Einnahme von Anabolika zwecks Rekonvaleszenz nach einer schweren Verletzung eingestand und öffentlich auf die Wunderwirkung dieses Mittelchens schwor, die Pillen hießen Turanabol. Herb Elliott kam somit über Percy Cerutty mit Anabolika in Kontakt. Später wurde aus Elliott ein Arzt, ein überaus erfolgreicher Internist. Es wird erlaubt sein, Zweifel anzumelden, wenn dieser Mann nun hingeht und behauptet, die von ihm betreuten Jamaikanischen Sportler seien durch die Bank sauber. Wenn einer weiß, wo der Luchs sein Bier holt, dann er! In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Elliott auch intensive Kontakte zu Bob Kersee unterhielt (oder noch unterhält) … ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Drei Punkte also, die nachdenklich stimmen und indizienmäßig die Denkrichtung vorgeben. Frage also: Was also ist daran so verkehrt? Etwa die Ausklammerung des Arguments, dass das IOC schließlich seine schützende Hand über den sauberen Sport hält? Hier sei dann doch ein schrilles Auflachen gestattet angesichts der Strukturen dieses Vereins und dem “Leumund” so mancher seiner gewählten Vertreter bis hin zu den Präsidenten! Auch ein Rogge kann sich, wie jüngst erlebt, hohnlächelnd selbst disqualifizieren, ohne dabei Schaden zu nehmen, und was unter Samaranch ablief, dürfte auch noch in “bester” Erinnerung sein - von einem Avery Brundage ganz zu schweigen. Das IOC - ein Thema für sich! Und die NOCs - da klappen wir besser die Akte zu.
Gruß
Jürgen