In dem Zusammenhang ist hochinteressant, sich mit Adolf Eichmann zu befassen. Hannah Ahrendt, die als Prozeßbeobachterin in Israel dabei war, war ja sehr verblüfft, was für ein braver, biederer Beamter, der nur seine Pflicht getan hat, da auf der Anklagebank saß. Alles, nur kein fanatischer Erznazi, "nur" ein kleines Rädchen im Apparat.
lG Matthias
PS.: Es ist halt auch immer einfach, gerade z.B. als Ingenieur, Wissenschaftler etc., die Verantwortung abzugeben an andere (bevorzugt die Politiker). Der dümmste Spruch hier ist "wenn ich's nicht mache, macht es ein anderer"
Ich habe den Film über Hanna Arendt mit der beeindruckenden Barbara Sukowa auch gesehen und mich schon beim Sehen, trotz der beeindruckenden Darstellung, gefragt, weshalb Hanna Arendt die Aussagen von Eichmann nicht als Schutzbehauptung im Prozess ansieht. Als kluge Philosophin hat sie damit die "Banalität des Bösen" in Gesellschaften, eine sozialphilosophische Theorie entwickelt, die sehr interessant ist, und von diesem Blickwinkel aus halt übersehen:
"Nach Avner Werner Less, der Eichmann 275 Stunden lang verhört hatte, haben viele Prozessbeobachter und insbesondere Hannah Arendt völlig verkannt, dass Eichmanns Aussagen ein Lügengewebe gewesen seien, um seine eigene bedeutende Rolle in der Judenvernichtung systematisch zu verschleiern. Er sei kein kleiner, armer und unbedeutender Beamter, der nur seine Pflicht tat und blind an Kadavergehorsam glaubte. Eichmanns Verteidigungsstrategie habe darin bestanden, die Richter von der Unwichtigkeit und Geringfügigkeit seiner eigenen Person zu überzeugen. Dies hätten viele Beobachter nicht durchschaut, sondern seine gespielte Rolle naiv für wahr erachtet." http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt#cite_note-55
Gut möglich, daß der Rückzug auf die Position vom "kleinen Rädchen" auch ein (vielleicht sogar eher unbewußter) Selbstbetrug ist, um ja keinen Mut zeigen zu müssen und sich querzustellen (was jemanden an entsprechender Position zum entsprechenden Zeitpunkt Kopf und Kragen und das Leben seiner Angehörigen auch kosten kann - ich wäre hier der letzte, der sich ein Urteil darüber anmaßen würde und ich würde für mich selbst auch nie im Voraus garantieren, was ich in der Situation machen würde).
... Gut Eichmann, Ahrendt etc. führen hier evtl. schon etwas weit weg vom Thema. Allemal interessant, für sich selbst durchzuspielen, was man in solchen Situationen machen würde (und hoffen, nie in eine solche zu kommen >> kann z.B. berufswahlentscheidend sein, oder früher die Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern oder nicht)
Gut möglich, daß der Rückzug auf die Position vom "kleinen Rädchen" auch ein (vielleicht sogar eher unbewußter) Selbstbetrug ist, um ja keinen Mut zeigen zu müssen und sich querzustellen (was jemanden an entsprechender Position zum entsprechenden Zeitpunkt Kopf und Kragen und das Leben seiner Angehörigen auch kosten kann - ich wäre hier der letzte, der sich ein Urteil darüber anmaßen würde und ich würde für mich selbst auch nie im Voraus garantieren, was ich in der Situation machen würde).
... Gut Eichmann, Ahrendt etc. führen hier evtl. schon etwas weit weg vom Thema. Allemal interessant, für sich selbst durchzuspielen, was man in solchen Situationen machen würde (und hoffen, nie in eine solche zu kommen >> kann z.B. berufswahlentscheidend sein, oder früher die Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern oder nicht)
lG Matthias
"was jemanden an entsprechender Position zum entsprechenden Zeitpunkt Kopf und Kragen und das Leben seiner Angehörigen auch kosten kann." War eine gängige Lüge der Chef-Nazi-Massenmörder.
Ein Versetzungswunsch hätte genügt. Die Minister des Naziregimes wollten ausschliesslich hochmotivierte, absolut treue, verschwiegene SS-Mitglieder für Führungsaufgaben beim Holocaust. Niemandem wurde befohlen, SS-Mitglied zu werden und das Reichssicherheitshauptamt zu leiten.
Das kann ich nicht beurteilen. Irgendwo gab es sicher Positionen, aus denen man, wenn man dort erst mal war, nicht mehr so einfach rauskam. Und wenn doch, ab dem Zeitpunkt hätte er seine Hände irgendwie zwar in Unschuld gewaschen, wäre aber zumindest weiterhin MitWISSER gewesen, der auch an der anderen Stelle, wo man ihn hinversetzt hätte, nicht mehr eingreifen, auch nichts hätte verhindern können.
Für mich gibt es eine kurzfristige Lösung (beidseitige Akzeptanz und Rücksichtnahme) und eine langfristige Lösung (Aufklärung, das hat nichts mit Missionierung zu tun!).
Die langfristige Lösung sehe ich auch, irgendwann wird die Aufklärung sich auch in diesen Teilen der Welt durchsetzen. Wird aber noch lange dauern, sehr lange. die kurzfristige Lösung könnte so schön und einfach sein, leider mangelt es ja gerade daran und wie wollen wir dafür sorgen? Das Probelm unserer Zeit könnte in der fehlenden Akzeptanz einer anderen Weltsicht und der fehlenden Rücksichtnahme derjenigen liegen, die dann doch lieber mal zu den Waffen greifen um diese Dinge, die sie sich intellektuell nicht erschließen können so zu klären, dass ihre Weltsicht wieder in Ordnung ist.
Das kann ich nicht beurteilen. Irgendwo gab es sicher Positionen, aus denen man, wenn man dort erst mal war, nicht mehr so einfach rauskam. Und wenn doch, ab dem Zeitpunkt hätte er seine Hände irgendwie zwar in Unschuld gewaschen, wäre aber zumindest weiterhin MitWISSER gewesen, der auch an der anderen Stelle, wo man ihn hinversetzt hätte, nicht mehr eingreifen, auch nichts hätte verhindern können.
Diese Sichtweise halte ich persönlich für sehr schwierig. Natürlich gab es solche Positionen, nur ist man dort nicht hingekommen ohne zuvor ziemlich genau zu wissen um was es geht. Kein System weder das 3. Reich noch die DDR haben so funktioniert, dass man plötzlich und unerwartet in eine so hohe Position gekommen ist und erst dann bemerkte welche Menschenrechtsverletzungen von einem erwartet werden. Zuvor waren die Täter in anderen Positionen in denen sie durchaus gerne die Vorteile des Systems genutzt haben und vor den Nachteilen die Augen bewußt und gewollt verschlossen haben.