Ich stimme dem in gewisser Weise zu: Es gibt unter den Volkswirtschaftern unterschiedliche monetaristische Ansätze, die alle auch heute (und nicht nur in den 80zigern!) an prominenter Stelle im wissenschaftlichen und medialen Geschäft vertreten sind. Diese sehen die Lieferkettenprobleme quasi als ein Zündfunke, der den Motor der Inflation gezündet hat, der läuft, weil und solange eben Brennstoff (Geld) im Tank ist.
Das die Geldpolitik der EZB nicht ohne Risiko war, ist klar. Das Bild des Zündfunkens passt da schon.
Ganz, ganz am Ende geht es um die Lohnstückkosten der hergestellten Waren und deren Verfügbarkeit für die Nachfrager. Das ist der wichtigste, wenn nicht sogar der einzig empirisch belegte, Treiber der Inflation.
Volkswirtschaftler interessieren mich zum Teil ehrlich gesagt nicht. Das gilt jedenfalls für die Chefvolkswirte der Banken, die ihren Sermon oft im TV oder auf Vorträgen zum Besten geben. Das sind pure Theoretiker die nicht aus dem Fenster in die Realität schauen. Es gibt kaum eine andere Disziplin, die in dem Maße sofort und unmittelbarer und mit massivem inhaltlichem Gewinn durch KI ersetzt werden könnte.
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Die Rüstungsgüter, die heute produziert werden, die sind ja alle schon durch die Staaten nachgefragt. So gesehen also kein Problem. Der Treiber der Inflation ist die Verknappung der Waren insb. Energie.
Natürlich sind der Haupttreiber der Inflation aktuell die Energiekosten. Deswegen sprach ich bei der schuldenfinanzierten Rüstung eben von einem Inflationsfaktor. Der Staat kauft doch die Rüstungsgüter mit den 100 Milliarden Schulden, was eben inflationsfördernd sein kann, wenn stattdessen nicht genug Produktionsmittel und Konsumgüter produziert werden. Ein Land kann abstrakt formuliert nur bis zu einem bestimmten Grad Rüstung für die eigene Armee über Schulden finanzieren, ohne sich, wird der Punkt überschritten, damit erhebliche wirtschaftliche Probleme zu schaffen, die dann wiederum Kriegsrisiken vergössern.
Der Staat kauft doch die Rüstungsgüter mit den 100 Milliarden Schulden, was eben inflationsfördernd sein kann, wenn stattdessen nicht genug Produktionsmittel und Konsumgüter produziert werden.
„Stattdessen“ ja sowieso nicht, wenn überhaupt dann „gleichzeitig“ oder „ zusätzlich“. Ich vermute aber, dass meinest du eh.
Bei dieser Betrachtungsweise geht man davon aus, dass die Nachfrage national bedient werden muss. Das ist aber sei Jahrzehnten nicht mehr so. Deshalb ist das ein Zusammenhang aus den 80ern, der bewiesenermaßen die letzten Jahrzehnte nicht mehr gilt. Ich hatte die Schulden in der Eurozone erwähnt.
Allerdings(!) und das ist dein Punkt, den du hast: Wenn sich die Fronten weiter so polarisieren, dann sind wir bald wieder da, wo wir in den 80ern waren und dann gilt der Zusammenhang wieder. Ursächlich dafür sind vor dem globalisierten Hintergrund aber nicht die Schulden, sondern mangelnde Verfügbarkeit und die sinkende Produktivität.
Hätten wir ohne Corona und Ukraine-Krieg 100 Mrd Schulden aufgenommen um die Rüstungsindustrie zu beauftragen, hätte das zu Wohlstandsmehrung geführt. Würden wir dagegen jetzt keine 100 Mrd Schulden machen um die Rüstungsindustrie zu beauftragen, wäre die Inflation wegen der sinkenden Produktivität und mangelnder Verfügbarkeit trotzdem da.
Ich kenne die Vorträge von ihm. Er hat schon ein paar Jahre vor der Inflation in Vorträgen gewarnt und die EZB kritisch beleuchtet. Sein Ansatz unterstützt eigentlich meine These.
Ich kenne die Vorträge von ihm. Er hat schon ein paar Jahre vor der Inflation in Vorträgen gewarnt und die EZB kritisch beleuchtet. Sein Ansatz unterstützt eigentlich meine These.
Das sehe ich völlig anders. Er spricht nämlich über die Geldpolitik. Du dagegen sprachst darüber, dass die Rüstungsproduktion mit Schulden Ursache für die Inflation wäre. Das is was völlig anderes.
Zitat:
Die Geldpolitik war nicht die unmittelbare Ursache für Inflation, und sie kann sie auch nur bedingt bremsen. Sie hat die Inflation aber befeuert, indem sie die Staaten zu mehr Verschuldung veranlasst hat, und nun bremst sie nicht genug.
Allerdings ist richtig, dass die Geldpolitik die Inflation befeuert hat. Der Nachfrageüberschuss wäre jetzt aber so und so da und damit die Inflation. Hätte die EZB eine andere Geldpolitik betrieben, wäre sie ggf. jetzt nicht so extrem ausgefallen, weil die Wirtschaft auf einem niedrigeren Level gefahren wäre.
Du kannst es drehen wie du willst: Die 100 Mrd sind nicht die Ursache oder Teil der Ursache für die Inflation. Wir können ggf. darüber diskutieren welchen Einfluss die 100 Mrd auf die Höhe der Inflation haben. Allerdings dürfte das völlig homöopathisch bis bedeutungslos sein.
Außerdem behauptest du, es müssten Konsumgüter im Gegenzug hergestellt werden. Das ist schon seit Jahrzenten nicht mehr zwingend, denn die Produkte kommen z.B. aus China und aus der ganzen Welt. Nehmt die Sanktionen zurück und stellt die Lieferketten wieder her ohne selbst zusätzlich Konsumgüter zu produzieren und der Spuk normalisiert sich. Bis irgendwann die Welt des Wachstums an ihre Grenzen stoßt. Siehe Club of Rome.
P.S. Ohne die Geldpolitik der EZB würde heute der Euro in Südeuropa nicht mehr existieren. Übrigens ein Schritt (raus aus dem Euro) den Sinn z.B. für Italien längst propagiert.
Geändert von Helmut S (15.10.2022 um 12:42 Uhr).
Grund: Ok der
Das sehe ich völlig anders. Er spricht nämlich über die Geldpolitik. Du dagegen sprachst darüber, dass die Rüstungsproduktion mit Schulden Ursache für die Inflation wäre. Das is was völlig anderes.
Herr Sinn, der deutsche Staat hat Schulden in Höhe von rund 70 Prozent der aktuellen Wirtschaftskraft – gut 2,3 Billionen Euro. Können wir uns noch mehr Schulden leisten?
Hans-Werner Sinn: Nach dem Maastrichter Vertrag sind nur Schulden in Höhe von 60 Prozent der Wirtschaftskraft erlaubt, wir haben aber 70 Prozent. Perspektivisch kommt noch die anteilige Corona Verschuldung der EU mit knapp 10 Prozentpunkten hinzu. Nein, wir brauchen nicht noch mehr Schulden, wir müssen Schulden tilgen.
2021 stiegen die Preise in Deutschland so stark wie zuletzt 1993. Ist das eine Folge der hohen Schulden?
Sinn: Zur einen Hälfte. Die Lieferengpässe kommen hinzu. Die Kombinationaus Schuldendampf und Lockdowns erzeugt eine Inflation, die sich gewaschen hat.
Zitat:
Zitat von Helmut S
Du kannst es drehen wie du willst: Die 100 Mrd sind nicht die Ursache oder Teil der Ursache für die Inflation. Wir können ggf. darüber diskutieren welchen Einfluss die 100 Mrd auf die Höhe der Inflation haben. Allerdings dürfte das völlig homöopathisch bis bedeutungslos sein.
Ich stelle es in den Kontext: staatliche Schulden für Corona, Rüstung in DE (plus EU-Kredite für Ukraine), Energiesubvention, Klimaschutz, EZB-Anleihe-Politik. 100 Milliarden für Rüstung kann ich in diesem gesamten Schuldenkomplex von der Grössenordnung her nicht mehr als homöpathisch (wirkungslos) inbezug auf die durch die Ausweitung der Geldmenge unterstützte Inflation ansehen. Als Vergleich: Der Etat für Bildung und Forschung beträgt 20 Milliarden.
Fakt ist, die staatliche Fiskalpolitik und die jetzige Geldpolitik der EZB (Leitzinserhöhungen) widersprechen sich, wahrscheinlich wird die EU eine Jahre anhaltende Inflation behalten und der Euro eine Weichwährung bleiben.
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Außerdem behauptest du, es müssten Konsumgüter im Gegenzug hergestellt werden. Das ist schon seit Jahrzenten nicht mehr zwingend, denn die Produkte kommen z.B. aus China und aus der ganzen Welt. Nehmt die Sanktionen zurück und stellt die Lieferketten wieder her ohne selbst zusätzlich Konsumgüter zu produzieren und der Spuk normalisiert sich. Bis irgendwann die Welt des Wachstums an ihre Grenzen stoßt. Siehe Club of Rome.
Die globalisierte Wirtschaftwelt leidet heute unter den Sanktionen (dem Wirtschaftskrieg) der Nato-Staaten und Partner gegen Russland und auch zum Teil gegen China, zweifellos. Deswegen beteiligen sich auch 2/3 der Welt nicht daran. Ich befürworte die Aufhebung der Sanktionen.