Bei den Schulen gab es also Sonderschulen oder schöner gesagt Förderschulen mit speziellem Schwerpunkt für Sehbehinderte, Gehörlose usw. - da behindert ja nicht gleich behindert ist.
Ja, das hättest du auch meinem Text entnehmen können. Dann geh mal auf meine Sichtweise und meine Argumente ein, und erklär mir mal, warum ich die Inklusion in der NRW-Version gut finden soll.
Und keine Angst, egal was wir für beknackte Bedingungen vorgesetzt bekommen, ich und die mir bekannten Kollegen arbeiten trotzdem so gut sie können für alle Kinder, die sie vorgesetzt bekommen.
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OUTING: Ich trage Finisher-Shirts beim Training, auf der Arbeit, in der Disco, auf Pasta-Partys, im Urlaub und beim Einkaufen
Bei den Schulen gab es also Sonderschulen oder schöner gesagt Förderschulen mit speziellem Schwerpunkt
Zitat:
Zitat von TriMartin
Sonderschulen heißen in NRW im übrigen Förderschulen.
Jetzt habe sogar ich es begriffen. Wie wäre es mal mit Argumenten statt Wortklauberei?
Inklusion funktioniert in Baden-Württemberg übrigens auch nicht reibungslos, die Probleme sind ähnliche - auch wenn ich das nur (in-)direkt aus zweiter Hand mitbekomme.
Dann geh mal auf meine Sichtweise und meine Argumente ein, und erklär mir mal, warum ich die Inklusion in der NRW-Version gut finden soll.
Wieso sollte ich das? Hier noch mal eine meiner Aussagen zum Thema Inklusion in NRW.
Zitat:
Zitat von TriMartin
Da kann man sicherlich viel kritisieren. Das tun selbst der Nochlandesregierung aus SPD und Grünen nahestehende Leute und Organisationen.
Der Ausgangspunkt dieser Diskussion ist doch das Ergebnis der Landtagswahl in NRW. Dieses wird u.a. mit einer Kritik am Schulsystem begründet. Mit im Vordergrund steht dabei die Inklusion. Wichtig für mich ist dabei, dass die Frage, ob inklusiv unterrichtet werden soll oder nicht gar nicht zur Debatte steht. Es geht nur um die Ausgestaltung der Inklusion. Ich bin mir nicht sicher, ob dies jedem Wähler klar war.
Um mal mit Zahlen zu Argumentieren:
In den Jahren 2005-2010 unter der CDU geführten Regierung von Herrn Rüttgers mit seiner CDU-Schulministerin Frau Sommer ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf am Gemeinsamen Lernen in der Primarstufe und der Sekundarstufe I bereits von etwa 8% auf 16 % gestiegen.
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist in Deutschland erst 2009 in Kraft getreten.
Danach musste in allen Bundesländern gehandelt werden. Inzwischen ist in NRW der Anteil auf 38% gestiegen. Mehr als die Hälfte der Betroffenen wird also immer noch außerhalb des Regelsystems unterrichtet oder gar nicht beschult.
NRW ist also schon länger auf dem Weg zur Inklusion. Auch das Positionspapier der CDU Landtagsfraktion zur Inklusion macht deutlich, dass dieser Weg trotz Regierungswechsel weiter beschritten wird. Und von daher wiederhole ich mich an dieser Stelle noch mal, Lehrer sind ja gerne redundant. Es geht nur um die Ausgestaltung der Inklusion und nicht um das ob und da ist noch viel zu tun.
Um noch eine kleine Anmerkung: Sonderschule oder Förderschule, man kann es Wortklauberei nennen. In meiner Kindheit hieß das Hilfsschule, im Volksmund Brettergymnasium. Aus Sicht der Betroffenen macht es für mich schon einen Unterschied, ob ich besonders gefördert werde oder aber ob ich mich ausgesondert fühlen muss. Und von meinem Verständnis her sind wir Lehrer auch Sprachvorbilder.
Die Konvention ist gut gemeint, weil in vielen Ländern der Welt Behinderte ausgegrenzt, versteckt oder getötet werden. In den meisten Ländern leiden diese Personen unendliche Qualen und selbst leichte Behinderungen führen dazu, dass man keine beruflichen Perspektiven hat.
3. In Deutschland war man aber einen Schritt weiter: Man hat Behinderte nicht nur als gleichwertige Menschen definiert (Grundgesetz), sondern man versucht durch viele Maßnahmen das Leid etwas aufzuwiegen durch gewisse Privilegien. Bestes Beispiel der Behindertenparkplatz. Bei den Schulen gab es also Sonderschulen oder schöner gesagt Förderschulen mit speziellem Schwerpunkt für Sehbehinderte, Gehörlose usw. - da behindert ja nicht gleich behindert ist. Außerdem sind die Klassen deutlich kleiner, statt 25-32 Kinder findet man oft nur 12 Kinder und statt einem Lehrer direkt zwei! Außerdem sind diese Lehrer besonders gut ausgebildet und verdienen entsprechend mehr. Auch sind die Schulen viel besser ausgestattet mit speziellen Einrichtungen aber auch mit besseren normalen Unterrichtsmaterialien.
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Was mit Inklusion gemeint ist, soll tatsächlich weiter gehen, als was Deutschland aktuell macht (was am wenigsten mit "Privilegien" zu tun hat). Bei allem Löblichen des Sonder/Förderschulsystems bleibt die Tatsache, daß Behinderte dadurch nicht Teil der "normalen" Gesellschaft sind, sondern von klein auf ausgegrenzt werden. Diese tolle Förderung in den Sonderschulen hat seine Kehrseiten: sie erfolgt meist weit vom Wohnort, durch die langen Fahrten bleibt praktisch keine Zeit für gesellschaftliche Integration ins Wohnumfeld, die Behinderten bekommen keine Erfahrung, wie man in der "normalen Welt" außerhalb des geschützten Rahmens zurechtkommt. Die Karriere geht weiter in der getrennten Behindertenwerkstatt. Alles besser, als in Ländern, wo nichts getan wird, aber alles viel schlechter, als wie es sein könnte und sollte.
Inklusion kann aber auch anders laufen, als in NRW. BaWü ist auch kein Musterland, aber es gibt jede Menge erfolgreicher Ansätze, gerade bei uns im Rhein-Neckar-Raum. Man kann die Sonderschul-Förderung wunderbar in die Regelschulen hineintragen, und alle Kinder profitieren davon. Es kostet aber Geld, und vor allem Überwindung von verknöcherten Überzeugungen, daß das aktuelle System das Beste aller Welten ist.
Zitat:
Zitat von JENS-KLEVE
..erklär mir mal, warum ich die Inklusion in der NRW-Version gut finden soll.
Die sog. Inklusion in NRW soll niemand gut finden. Die Inklusion als grundlegendes Gesellschaftsprinzip, richtig durchgeführt und im Alltag gelebt wird hoffentlich bald mindestens so selbstverständlich wie die Homo-Ehe.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Um noch eine kleine Anmerkung: Sonderschule oder Förderschule, man kann es Wortklauberei nennen. In meiner Kindheit hieß das Hilfsschule, im Volksmund Brettergymnasium. Aus Sicht der Betroffenen macht es für mich schon einen Unterschied, ob ich besonders gefördert werde oder aber ob ich mich ausgesondert fühlen muss. Und von meinem Verständnis her sind wir Lehrer auch Sprachvorbilder.
Dazu gibt es auch verschiedene Ansichten; ich halte die Änderung für einen Teil der modernen, euphemistischen Sprachentwicklung, bei der man versucht, unangenehme Fakten "politisch korrekt" zu umschreiben. In BaWü gab es übrigens bis vor kuzrem beides: Sonderschulen und Förderschulen; die letzteren für sog. Lernbehinderte, die noch aber eine Chance für einen normalen Hauptschulabschluss hatten gegenüber Sonderschulen mit komplett entkoppeltem Lehrplan. (Sonderschulen gab es dafür 10 verschiedene Arten).
Ob so ein Begriff stört, ist individuell verschieden. Eine Behinderung bleibt eine Behinderung, auch wenn ich es schonend umschreibe. Ich bin eher für klare Ausdrücke, und so mancher Behinderte auch. (Anekdote: ein 6-jähriges Mädchen mit schwerer Spastik im Rollstuhl wurde von jemandem bedauert "ach Du arme, sitzt im Rollstuhl" - Anwort des Mädchens: ich bin doch heilfroh, daß ich den Rollstuhl habe, wieso denn arm?).
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Dieses Theater mit den Begriffen geht mir voll auf die Nerven. Und da bin ich gerne Vorbild.
Als ich Zivi war, habe ich meine Bewohner mit dem Transit zur WFB gebracht. Kannte ich vorher nicht, bedeutet Werkstatt für Behinderte. Habe ich mir angeguckt, fand ich super. Die Hälfte der Bewohner gammelte im Wohnheim doof rum, wer Bock hatte durfte zur WFB und da zusammen mit Arbeitspädagogen tolle Sachen in unterschiedlichen Bereichen machen.
10 Jahre später kam ich da nochmal wegen einem Praktikanten hin, ich hab dann irgendwas von Werkstatt für Behinderte gefaselt und wurde total schockiert von allen angestarrt, wie ich denn sowas sagen könne. Das heisst jetzt nämlich "Werkstatt für Behinderte Menschen"! "Hoppla!" sagte ich, "bei mir waren Behinderte schon immer ganz automatisch Menschen, schade dass ihr das extra dazusagen müsst!" Da waren die platt.
Ich sage Dinge gerne direkt, und wenn ich eine Situation falsch einschätze, dann darf man mir das gerne sagen, dann drücke ich mich gerne anders aus um keinen zu verletzen. Aber die Wortdesigner aus der Pädagogen-Ecke können mich mal kreuzweise. Ich mache auch nicht bei dem Gender-Gelaber mit.
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Dazu gibt es auch verschiedene Ansichten; ich halte die Änderung für einen Teil der modernen, euphemistischen Sprachentwicklung, bei der man versucht, unangenehme Fakten "politisch korrekt" zu umschreiben..
Es kommt immer auf den Fall an. Umbenennungen oder Neubenennungen haben verschiedene Ursachen. So will man sich etwa bewusst nicht in eine Traditionslinie stellen (Wehrmacht- Bundeswehr), oder man trägt Veränderungen Rechnung (Umbennennungen von Berufsbezeichnungen), oder aber man ersetzt abfällige bzw. diffamierende Begriffe durch neue Bezeichnungen oder die korrekten Begriffe. Orthopädische Kliniken etwa hießen früher Krüppelheime.
Aus meiner Sicht ist Förderschule die bessere Bezeichnung, besser als Sonderschule oder der alte Begriff Hilfsschule. Da stelle ich mich gerne um.