Da gilt dann wohl wieder die alte "Stirnbandtheorie", die Verfassungswidrigkeit muss dem Gesetz also "auf die Stirn geschrieben sein".
Die Gefahr, dass unser Gesetzgebungsverfahren solche Gesetze produzieren könnte, halte ich für vernachlässigbar. Auch die Gesetze, die vom BVerfG für mit dem GG unvereinbar erklärt wurden, waren nicht so massiv verfassungswidrig, als dass es jedem mit zwei Gehirnhälften von Anfang an hätte klar sein müssen.
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Viele Grüße von der Deutschen Weinstraße,
Roland
Der Bundespräsident hat kein materielles Prüfungsrecht. Aus keinem Artikel des GG. Er muss (und darf) nur prüfen, ob das auszufertigende Gesetz formal nach den Regelungen des GG zustande gekommen ist. Dass sich seit einiger Zeit diverse Bundespräsidenten rechtswidrig ein materielles Prüfungsrecht anmaßen (und dafür auch im Schrifttum willfährige Apologeten finden), ändert nichts an der eindeutigen Rechtslage. Für Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ist allein das BVerfG zuständig.
Wer ist denn die "breite Mehrheit", die dieses Verhalten angeblich anerkennt, und welche Expertise und Befugnis zur Auslegung des GG hat sie?
Ich kann weder einen Artikel der explizit für noch gegen ein materielles Prüfungsrecht spricht finden.
Meine Aussage beruht auf verschiedenen Veröffentlichungen z.B. von Prof. Gerhard Robbers Uni Trier (Verfassungsrichter Rheinland-Pfalz) , Prof. Christoph Degenhart Uni Leipzig, Prof. Wendt Uni Saarbrücken, Prof. Joachim Englisch Uni Münster und weitere... Alles Staats- und Verfassungsrechtler.
Alle räumen dem Bundespräsident ein zumindest eingeschränktes materielles Prüfungsrecht (Evidenzkontrolle) ein.
Sie beziehen sich unter anderem z.B. auf Art 20 III GG.
Aber ich lerne gerne dazu, "die eindeutige Rechtslage" habe ich bisher nicht gekannt.
Wie schon gesagt, die Rechtslage ist klar. Der Bundespräsident ist im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr als ein Staatsnotar, der bloß schaut, ob alles seinen ordentlichen Gang gegangen ist.
Die Praxis hingegen, zumindest seit Herrn Rau, ist verwässert und mE nicht vom Grundgesetz gedeckt. Die jeweiligen Amtsinhaber versuchen einfach, ihr meist wirkungs- und folgenloses Amt (wie es eben vom GG gewollt ist) durch zusätzliche Kompetenzen aufzupeppen und so ihr Selbstwertgefühl zu steigern.
Mit der von Dir zitierten Evidenzkontrolle kann letztlich aber doch nichts Anderes gemeint sein als die von mir oben erwähnte Stirnbandtheorie. Wenn ein Gesetz evident verfassungswidrig ist, wird man einen Bundespräsidenten nicht zur Ausfertigung zwingen können. Aber wann gab es denn mal ein evident verfassungswidriges Gesetz?
Jetzt aber zurück in die angeschlossenen Funkhäuser zum eigentlichen Thema: Die Bundesversammlung hat also die Wahl zwischen einem Osnabrücker und einem Rostocker. Da wird es Zeit für mich, nach Australien auszuwandern.
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Viele Grüße von der Deutschen Weinstraße,
Roland
Heute ist in Südafrika extra spielfrei, um in Ruhe einen neuen Chef wählen zu können. Stellt euch vor, es wäre um 16 Uhr Fußball und die wären noch nicht fertig geworden .
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Die meisten Radwegbeschilderungen wurden von Aliens erschaffen.
Sie wollen erforschen, wie Menschen in absurden Situationen reagieren.