In SPON berichtet heute eine deutsche Psychologin, 38 Jahre, die vor und nach dem 7.10. bis zum 2.11. in Gaza für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet hat. Sie hat schon in Syrien, im Irak, Kongo für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet. Ich drucke mal auszugsweise einen Teil ihrer Schilderungen ohne die Fragen ab.
Zitat:
"........Ein anderer Kollege ist im Al-Awda-Krankenhaus, und er sagt, dass es nicht mehr in Betrieb sei, trotzdem würden immer noch Patienten eingeliefert. Sie arbeiten also weiter, auch wenn es eigentlich nichts mehr gibt, keinen Treibstoff, keinen Strom, keine Betäubungsmittel, keine Medikamente. Das hat er uns am Samstag erzählt. Ich weiß nicht, wie es ihm jetzt geht.
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Weil es dort (in Schutzräumen von Ärzte ohne Grenzen) nicht sicher war, sind wir dann in ein Uno-Gebäude umgezogen. Dort blieben wir bis zum 13. Oktober, bis wir in den Süden des Gazastreifens evakuiert wurden. Es hieß, dass es dort sicher sein sollte. Aber das war es nicht. Es wurde ständig bombardiert. Wir waren zunächst für zwei Tage in einem Camp der UNRWA (das Uno-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten), zusammen mit schätzungsweise 25000 anderen Menschen, haben draußen auf dem Boden geschlafen, ohne Matratzen. Das war in der ersten Kriegswoche, und schon da war die Lage katastrophal.
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Es gab nur vier Toiletten. Ich habe stundenlang gebraucht, um etwas Trinkwasser zu finden. In den Nächten hat keiner geschlafen, es wurde die ganze Zeit bombardiert. Nach zwei Nächten sind wir dann nach Rafah umgezogen, da verbrachten wir zwei Wochen auf dem Parkplatz einer Uno-Einrichtung. Wir waren dort rund 50 Ausländer, haben uns eine Toilette geteilt, wir hatten einen Liter Trinkwasser am Tag, Wasser zum Waschen gab es oft nicht, kein Dach, keinen Schutz vor Sonne, nachts hat uns der Regen durchnässt. Uns ging es wirklich sehr schlecht. Aber den Palästinensern ging es immer noch sehr viel schlechter als uns.
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Wir haben dank unserer einheimischen Mitarbeiter überlebt, die sich Tag und Nacht um uns gekümmert haben. Wenn Sie nicht gewesen wären, wären wir nach einer Woche verdurstet. Wir durften aus Sicherheitsgründen das Gelände nicht verlassen. Sie haben deshalb das Essen besorgt, waren jeden Tag in über 20 Supermärkten. Das Essen war trotzdem extrem knapp. Fünf Bohnen, ein bisschen Käse und eine Tomate, das war teilweise die einzige Mahlzeit am Tag.
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War ich vorbereitet, mit Tausenden auf der Straße zu schlafen, ohne Matratze, stundenlang nach Trinkwasser zu suchen? Nein, garantiert nicht. So etwas habe ich noch nie erlebt."......
"Fünf Bohnen, ein bisschen Käse und eine Tomate, das war teilweise die einzige Mahlzeit am Tag" (Paywall)
Wie man nach solchen Berichten immer noch die Blockade von Gaza befürwortet, ist mir komplett unverständlich und finde ich inhuman. Alle zuständigen Politiker kennen die Situation seit Beginn des Krieges und wissen, was eine Blockade und das Fehlen von Unterkünften, Hygiene, Entsorgung, Krankenhäuser usf. für Folgen hat.
Wie man nach solchen Berichten immer noch die Blockade von Gaza befürwortet, ist mir komplett unverständlich und finde ich inhuman.
Die Zustände in der Ukraine, im Jemen oder in Berg Karabach waren dir aber in den letzten Wochen und Monaten hier keine Silbe wert? Warum jetzt ständig Gaza? Komisch oder?
Und nein, ich finde die Zustände dort sicher nicht gut; die Rechnung geht aber an die Hamas.
Die Zustände in der Ukraine, im Jemen oder in Berg Karabach waren dir aber in den letzten Wochen und Monaten hier keine Silbe wert? Warum jetzt ständig Gaza? Komisch oder?
Und nein, ich finde die Zustände dort sicher nicht gut; die Rechnung geht aber an die Hamas.
Der Ukrainekrieg wurde im Forum, nicht von mir initiiert, als Thema komplett ausgeschlossen und daran halte ich mich bis auf ganz wenige Ausnahmen.
Den Krieg und die damit verbundenen katastrophalen Hungersnöte in Jemen und die Verantwortung, das Kriegsfiasko von Saudi-Arabien / Katar / USA im Jemen habe ich oft genug sowie natürlich besonders auch die deutschen Waffenlieferungen der Ampel an Saudi-Arabien kritisiert - insbesondere die seltsame Erpressung von Baerbock auf dem Parteitag - "ich will, dass Lisa Geld bekommt für die Kinder(grundsicherung), deshalb muss DE Waffen an Saudi-Arabien verkaufen." (aus dem Kopf zitiert).
Die sunnitische Koalition mit Saudi-Arabien / Katar und die schiitischen Huthis haben seit einigen Jahren einen Waffenstillstand und Saudi-Arabien sich mit dem Iran geeinigt. Allerdings soll die Saudische Seeblockade weiter bestehen und die Zahl der unterernährten Kinder geht in die Millionen sowie der Binnenflüchtlinge wegen des Bürgerkrieges. An Zivilisten sollen ab 2015 durch die saudischen Angriffen ca. 3000 getötet worden sein, mit Milizen zusammen während der Intervention bis 2018 in 3 Jahren an die 10000, d.h. soviel Todesopfer wie in 4 Wochen Gazakrieg. Aber ich stimme Dir zu: Der Jemenkrieg geriet wegen des Ukrainekrieges viel zu stark aus dem Fokus in Europa und bei mir auch, obwohl die Unterernährung bei Kleinkindern infolge der Hungerkatastrophe immer noch extrem schlimm zu sein scheint und zu den grössten Aufgaben der UNO-Hungerhilfe gehört, deren zahlreichen Jemenprogramme im Umfang von mehreren Milliarden eine deutliche Unterfinanzierung aufweisen.
Mit dem Berg Karabach Krieg zwischen Aserbaidschan / Armenien kenne ich mich wenig aus und habe auch keine privaten Kontakte. Ich habe aber den Eindruck, die Flüchtlinge aus Berg Karabach werden in Armenien versorgt und die UNO und ihre Organisationen haben freien Zugang zu den Menschen. Es sind bei der völkerrechtswidrigen Vertreibung von ca. > 100000 Menschen wenige Menschen getötet oder verletzt worden.
Allein die Zahlen der 1,6 Millionen Vertriebenen auf engstem Raum ohne Wohnraum und Infrastruktur, die 11000 Toten, zehntausenden Verletzten in nur 5 (!) Wochen, die fast komplette Versorgungsblockade weisen beim Gazakrieg eine ganz andere humanitäre katastrophale Dimension auf im Unterschied zu Berg Karabach, was auch alle UNO-Organisationen so darstellen.
Von einer zynischen Rechtfertigung des durch den Gazakrieges / die Blockade verursachten Elends und der Ablehnung eines ausreichenden Schutzes für die Bevölkerung, wie von den UNO-Organisationen gefordert, mit dem Spruch: "die Rechnung geht an die Hamas" kann ich mich nur angewidert abwenden.
Die Zustände in der Ukraine, im Jemen oder in Berg Karabach waren dir aber in den letzten Wochen und Monaten hier keine Silbe wert? Warum jetzt ständig Gaza? Komisch oder?
Und nein, ich finde die Zustände dort sicher nicht gut; die Rechnung geht aber an die Hamas.
Zitat:
Eine Reihe internationaler Rechtswissenschaftler ist der Ansicht, dass der Angriff der Hamas auf Israel „höchstwahrscheinlich“ den Tatbestand des Völkermords erfüllt.
Zitat:
Nach Ansicht des israelischen Genozidforschers Raz Segal erfüllten Israels Blockade sowie die Verweigerung von Wasser und Nahrung für die Zivilbevölkerung den Tatbestand von Artikel 2 der UN-Völkermordskonvention, wonach eine Handlung, „die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“,[63] als Völkermord einzustufen ist.
Das zweite als "Zustände" abzutun ist uncool.
Wir sind auch nicht bei einer Dönerbude wo man sich Rechnungen zu schiebt.
Aus meiner Sicht verharmlost du die Reaktion der IDF und willst Verantwortung verschieben.
Eine Lösung habe ich allerdings auch nicht!
Die Zustände in der Ukraine, im Jemen oder in Berg Karabach waren dir aber in den letzten Wochen und Monaten hier keine Silbe wert? Warum jetzt ständig Gaza? Komisch oder?
Ja, tatsächlich interessant, wie manche Themen die Nachrichten beherrschen und andere nicht. Leid gibt es weltweit genug, man könnte 24/7 darüber berichten.
Zitat:
Zitat von Nepumuk
Und nein, ich finde die Zustände dort sicher nicht gut; die Rechnung geht aber an die Hamas.
Mag rechtlich und moralisch so sein. Eigentliche Verlierer sind aber letztendlich die Opfer bzw. deren Familien. Sie zahlen die Rechnungen: Stell dir vor deine Kinder sind in einem Krieg und werden dort getötet. Sie zahlen doch mit allem was sie haben, mit ihrem Leben. Findest du nicht?
Aus meiner Sicht verharmlost du die Reaktion der IDF und willst Verantwortung verschieben.
Eine Lösung habe ich allerdings auch nicht!
Ich weiß nicht, wo du die Verharmlosung siehst. Ich finde es nur sehr unredlich, immer nur einseitig auf die Verhaltensweise der IDF hinzuweisen und alles andere unter den Tisch fallen zu lassen. Das verschiebt den Fokus und verliert die Verursacher der derzeitig Misere aus dem Blick.
J
Mag rechtlich und moralisch so sein. Eigentliche Verlierer sind aber letztendlich die Opfer bzw. deren Familien. Sie zahlen die Rechnungen: Stell dir vor deine Kinder sind in einem Krieg und werden dort getötet. Sie zahlen doch mit allem was sie haben, mit ihrem Leben. Findest du nicht?
Doch, das finde ich auch und ich hätte nichts lieber, als das Morgen sofort alle Kriegshandlungen beendet werden. Aber ich frage mich schon, warum so intensiv auf Israel und die IDF eingewirkt wird, aber nicht in gleicher Intensität gefordert wird, dass die Hamas ihre Waffen abgibt und die Geiseln frei lässt.