Von den "natürlichen Grenzen" sind wir seeehr weit entfernt.
Es gibt nach meinem Kenntnisstand kein Land, das mit der Strategie der Herdenimmunität erfolgreich war.
Naja, natürliche Grenzen ergeben sich eben durch das individuelle Verhalten und die Netzwerke. Deshalb trifft es Metropolen, aktuell bspw. Berlin, umso mehr, da hier eine Kontaktreduktion erheblich schwieriger ist. Dennoch sind dies Grenzen, die durch eine Grundschul-Rechnung im Stile Merkels nicht vorkommen, aber ebenso benannt werden müssen.
Was ist denn erfolgreich?
Spanien war mit dem kompletten Lockdown nicht erfolgreich und Schweden mit viel Eigenverantwortung anscheinend auch nicht.
Wo Schweden meiner Meinung nach erfolgreich war: Eigenverantwortung und Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens ohne "Panik".
Das ist ein Punkt, den ich in Deutschland vermisse. Hier wird mit großen Zahlen, starken Verboten und Kleinkind-Pädagogik versucht der Pandemie Herr zu werden.
Bei kaum Neuinfketionen, keinen Toten, kaum Intensivpatienten sind die langfristigen Folgen für die junge Generation nicht zu rechtfertigen. An vielen Universitäten findet kein notwendiger Präsenzbetrieb statt, obwohl dies für einige Disziplinen notwendig wären und die Kurse sowieso in festen Kleingruppen von 10-12 Menschen stattfinden, auch bei übersichtlichen Anfahrtswegen.
Deshalb braucht es eine echte Strategie, die ein Ziel hat, das mehr ist als das vage Hoffen auf einen Impfstoff. Eine gangbare Strategie wurde von den drei US-Wissenschaftlern skizziert. Leider scheint jedoch eine ernsthafte Diskussion nicht möglich zu sein.
edit: bzgl des Wachstums nochmal kurz. Schon lange wissen wir ja, dass nicht alle Infizierten gleich gefährlich sind, sondern, dass wir wenige Superspreader haben. Diese schöne Modellrechnung von Merkel reicht für Angst und Panik, nicht jedoch, um eine realistische Risikoeinschätzung vorzunehmen.
Ich finde diese gezeichnete Dualität schrecklich; als wären das zwei Wissenschaftler, die vollkommen gegenstätzliche Ansichten hätten. Das ist mitnichten so, wenn sicherlich einige (evtl. auch deutlichere) Unterschiede vorhanden sind. Dann wird die Gesellschaft geteilt in gut und bose, wobei gut stets Drosten ist und böse alles andere und mittlerweile insbesondere Streeck.
"Gut" und "böse" sind hier wohl nicht treffend.
Aber wenn man vom Teufel (Drosten) spricht, dann hat er auch schon wieder ein ausführliches Interview gegeben:
Mein Eindruck ist, daß gerade diese Zeiten die Polarisierung und Spaltung vorantreiben: medial wird ständig der nächste Sündenbock präsentiert, der für den Anstieg der Zahlen verantwortlich sein soll; andere heben sich extra hervor, weil sie glauben, sie haben x Leben gerettet durch ihre Verordnungen. Ich sehe keinen wachsenden Zusammenhalt, sondern eine zunehmende schwarz-weiß-färbung: hier die "Guten", die brav die anderen schützen, und dort die "Bösen", die das Leben aller riskieren. Gesellschaftlicher Zusammenhalt wäre nicht das Zusammenhalten von ausschließlich Gleichgesinnten, sondern der Zusammenahlt von Menschen mit verschiedenen Einschätzungen, Haltungen und Umgangsformen in gegenseitiger Akzeptanz.
Sehe ich ähnlich. Insbesondere auch den Schlußsatz !
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Mein Eindruck ist, daß gerade diese Zeiten die Polarisierung und Spaltung vorantreiben: medial wird ständig der nächste Sündenbock präsentiert, der für den Anstieg der Zahlen verantwortlich sein soll; andere heben sich extra hervor, weil sie glauben, sie haben x Leben gerettet durch ihre Verordnungen. Ich sehe keinen wachsenden Zusammenhalt, sondern eine zunehmende schwarz-weiß-färbung: hier die "Guten", die brav die anderen schützen, und dort die "Bösen", die das Leben aller riskieren. Gesellschaftlicher Zusammenhalt wäre nicht das Zusammenhalten von ausschließlich Gleichgesinnten, sondern der Zusammenahlt von Menschen mit verschiedenen Einschätzungen, Haltungen und Umgangsformen in gegenseitiger Akzeptanz.
Ich finde Florian Schröder (der aus dem Mainstreamfernsehen) hat doch mit seinem Besuch bei den Querdenkern in Stuttgart gut bewiesen, dass das Lager der "Guten" zum Dialog bereit war und ist.
Und das Lager der Bösen, welches Besuche von Medienvertretern nur funktionieren lässt wenn diese Personenschützer dabei haben, zeigt wer diesbezüglich ein "to do" hat.
Allen Befürwortern einer schnellen Herdenimmunität unter Verzicht auf allgemeine Hygieneschutzverhaltensweisen und Hygienebeschränkungen empfehle ich diesen Artikel, basierend auf einer wissenschaftlichen Studie über den Verlauf der Pandemie in der brasilianischen Stadt Manaus.
Sollte die Bevölkerung aber tatsächlich als erste weltweit die Herdenimmunität erreicht haben, war der Preis dafür hoch: Sabino und Kollegen gehen aufgrund von Hochrechnungen davon aus, dass von allen tatsächlich Infizierten in der Stadt 0,28 Prozent gestorben sind. Das entspricht mehr als einem Toten von 400 Menschen, die das Virus in sich trugen. Der Wert beschreibt den Infizierten-Verstorbenen-Anteil, bezieht sich also nicht nur auf positiv getestete Personen, sondern auch auf unbemerkt Infizierte.
Da sich nicht jeder Einwohner der Stadt angesteckt hat, schätzen die Forscher, dass im Schnitt einer von 500 Bewohnern an Covid-19 sterben musste, um die nun ermittelte Immunität zu erreichen. In konservativeren Berechnungen kommen sie auf einen Toten unter 800 Einwohnern."
In DE gehören fast 30 % zu den Risikogruppen, d.h. Senioren sowie jüngere Altersgruppen mit Risikoerkrankungen (Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck) und ein sicherer Schutz ist leider einfach unmöglich, wenn rundherum das Virus unkontrolliert sich ausbreitet (ohne Quarantäne, Kontaktverfolgung, Massenveranstaltungen usf.), weil es viel zu viele Interaktionen mit den anderen Gruppen gibt, die nicht einfach auf Null gebracht werden können. Die Sterblichkeitsrate in DE wäre aufgrund der Altersstruktur höher als in Manaus
Ich persönlich hoffe sehr, der Berliner Senat nimmt heute einige Lockerungen zurück, bis sich die Infektionszahlen wieder stabil unter 50/100000 bei ca. 30/100000 oder tiefer bewegen und vor allem nicht weiter kontinuierlich ansteigen.
Das sind eben verschiedene Ansätze. Die einen halten eine kontrollierte Durchseuchung für das beste, die andere wollen warten bis zum (möglichen) Impfstoff. In allen Fällen habe ich am Schluss eine Art Herdenimmunität. Eine Eliminierung des Virus dürfte unmöglich sein. Mischwege sind sicher auch möglich. Und ich würde Streeck in diesem Bereich der Mischwege einordnen.
Jedenfalls bin ich der Meinung, dass dieser Weg der kontrollierten Durchseuchung, der grundsätzliche sicherlich möglich ist, offener diskutiert werden sollte. Ich halte ihn für den besseren. Und am Ende könnte er der bessere Weg sein, auch wenn Drosten das anders sieht. Dass es Vorschläge in diese Richtung gibt, die auch in den öffentlich-rechtlichen ihren Platz finden, halte ich für wichtig. Es bleibt eine Ungewissheit und letzendlich eine gesellschaftliche Frage. Ich persönlich favorisiere diesen Weg.
Hier möchte ich mich auch anschließen.
Ebenso danke für den gestrigen Link.
Man beachte, dass es 5 Seiten sind! Hab's auch noch nicht komplett konsumiert ...
Ich habe fertig!
Würde ich jedem empfehlen - insbesondere auch denen, die Drosten bzw. seine Ansichten ablehnen.
Kleine Ausschnitte:
"ZEIT ONLINE: Stützt sich unsere Strategie zu sehr auf einen Impfstoff?
Drosten: Sie stützt sich darauf, aber mehr auch nicht. Sie hängt nicht davon ab. Auch wenn wir sehen würden, dass aus einem völlig unerfindlichen Grund die Entwicklung eines Impfstoffs nicht gelingt, würde man auf Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen setzen. Das Virus würde andernfalls wieder harte Gegenmaßnahmen erzwingen, einfach weil es nicht tragbar ist, in einer Gesellschaft mit unserem Altersprofil diese Krankheit durchlaufen zu lassen. Die vergangenen und derzeitigen Maßnahmen stehen daher nicht infrage.
[...]
ZEIT ONLINE: Trotzdem gibt es auch Menschen, die Sie als Mahner wahrnehmen. Verbreiten Sie genug Hoffnung?
Drosten: Ja, sicher! Ich bin gar kein mahnender Wissenschaftler, das ist nur eine Zuschreibung. Das ist nur das, was in manchen Verkürzungen übrig gelassen wird, aber es ist nicht die Realität. Wir haben in Deutschland eine realistische Chance, besser durch Herbst und Winter zu kommen als viele andere Länder. Aber was Frau Merkel in der letzten Zeit gemacht hat, ist absolut richtig: immer wieder darauf hinzuweisen, dass jetzt die Chance ist, die Situation zu kontrollieren, das Virus kleinzuhalten. Man darf es nicht laufen lassen, um erst später, vielleicht zu spät einzuschreiten."
Daneben gibt es praktische Verhaltenstipps, Infos zu Impfstoffen, neuen Tests usw.
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