Ich will die Tat auch in keiner Weise relativieren, aber die Frage, ob die Tat religiös motiviert war, wie ja stark angenommen wird, oder vielleicht doch politisch/historisch, wie von qbz angemerkt, muss schon mit aller Ernsthaftigkeit geklärt werden.
Letzterer Fall würde den USA nämlich zeigen, dass man sich so politisch nicht Verhalten kann und damit viel Hass aufbaut, der einen irgendwann einholt! Ich will nicht sagen, dann ist es gerechtfertigt, auf keinen Fall, Gewalt ist im Grunde niemals zu rechtfertigen, nehmen wir mal gewisse Spezialfälle aus, aber nachvollziehbar wäre es für mich - im Gegensatz zu einem religiösen Motiv - schon deutlich mehr.
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Zitat:
Zitat von captain hook
Heute wird ja schon zum Bikefitter gerannt, bevor man überhaupt weiß, wie man ne Kurbel im Kreis dreht.
ich führte den Tschetschenien Konflikt / Krieg ja nur an, um auf das Umfeld hinweisen, in der die beiden Täter z.T. aufwuchsen und gelebt hatten, wo sich z.T. radikaler Islamismus, Terrorismus und Separatismus "verbünden". (und auch die USA an "Strippen" mitzogen). Ziemlich wahrscheinlich: der jüngere ordnet sich in extremster Weise dem älteren Bruder unter.
Über diesen berichtet SPON jetzt:
"Wie die "New York Times" am Samstag berichtet, wurde der Einbürgerungsantrag des am Freitag bei der Schießerei getöteten Tamerlan vom Heimatschutzministerium abgelehnt. Grund war die Tatsache, dass das FBI bereits 2011 gegen Zarnajew ermittelt hatte - angeblich auf Drängen Russlands, das ihm Kontakte zu tschetschenischen Terroristen zuschrieb. Das FBI kam jedoch zu dem Schluss, dass Tamerlan keine Gefahr darstelle.
Tamerlan hatte den Einbürgerungsantrag gestellt, kurz nachdem er im Sommer 2012 von einer halbjährlichen Reise in den Kaukasus zurückgekehrt war, sechs Tage nachdem sein Bruder Dschochar die Staatsbürgerschaft bekommen hatte. Es ist gut möglich, dass Zarnajew bei seinem Russlandbesuch, der ihn angeblich auch nach Dagestan führte, radikalisiert wurde. Im ersten Halbjahr 2012 starben russischen Sicherheitsbehörden zufolge im Nordkaukasus über 300 Menschen, darunter Rebellen, Polizisten und Zivilisten bei bewaffneten Konflikten. "
Bemerkenswert auch hier die unterschiedliche Begrifflichkeit: Die russischen Behörden sprechen immer von Terroristen, SPON schreibt Rebellen.
Es gibt keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von Terrorismus. Schwierigkeiten bereitet insbesondere die Abgrenzung von Terrorismus und politischem Widerstand - typischerweise werden Personen und Bewegungen, die von einer Seite als gewalttätige, aber legitime Untergrund- oder Widerstandskämpfer angesehen werden, aus einem anderen Blickwinkel als Terroristen bezeichnet, und umgekehrt.
So eine Sicht verkompliziert allerdings eine einfache schwarz-weiß-Sicht in der "wir" die Guten und die "anderen" die Bösen sind.
Mit "wir" und "ihr" müssen ja nicht unbedingt Religionen oder Nationen gemeint sein. Mit "wir" verbinde ich z.b. wir Sportler, wir gewaltfreien Leute etc.
Wenn jemand bei einer ganz normalen Sportveranstaltung auf ganz normale Leute Bomben wirft, dann kann man doch sehr eindeutig von einem Terroristen sprechen. Da gibt es für mich überhaupt keine Grauzone. In anderen Ländern, in anderen situationen auf andere Leute - da kann man meinetwegen drüber streiten ob es ein eher positiv oder negativ besetzter Begriff sein soll, aber bei diesem Fall haben wir es doch sehr eindeutig mit zwei ganz widerlichen Zeitgenossen zu tun. Da weigere ich mich irgendeine form von Verständnis aufzubringen.
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OUTING: Ich trage Finisher-Shirts beim Training, auf der Arbeit, in der Disco, auf Pasta-Partys, im Urlaub und beim Einkaufen
Wenn jemand bei einer ganz normalen Sportveranstaltung auf ganz normale Leute Bomben wirft, dann kann man doch sehr eindeutig von einem Terroristen sprechen. Da gibt es für mich überhaupt keine Grauzone.
Das ist eben das, was mich an diesem Anschlag auch so betroffen gemacht hat.
Andere Anschläge (Botschaften, Politiker, Polizeistationen, Soldatenkonvois, meinetwegen auch wichtige Infrastrukturen wie Bahnhöfe) machen ja irgendwo noch "Sinn", wenn man sich darauf einlässt, dass politisch-idealistisch verblendete Täter der Meinung sind, für das Gute zu kämpfen.
Aber einen Marathon? Das ist eine ganz neue Klasse. Selbst München damals kann man als hochpolitische Aktion auffassen.
Das, was in Boston passiert ist, ist aber einfach unmenschlich und hatte wahllose Zivilisten nicht etwa als Kollateralschäden billigend in Kauf genommen, sondern als Hauptziel.
Egal, wie man sich in etwas hineinsteigert, für so etwas gibt es schlichtweg keine Entschuldigung und keine Rechtfertigung.
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Der Gerät wird nie müde.
Zitat:
Zitat von bellamartha
Oder saugt ihr alle nicht, ihr Schlampen?
Zitat:
Zitat von Lui
In einem Triathlon Forum das Wort teuer zu verwenden, grenzt schon an Ironie.
Andere Anschläge (Botschaften, Politiker, Polizeistationen, Soldatenkonvois, meinetwegen auch wichtige Infrastrukturen wie Bahnhöfe) machen ja irgendwo noch "Sinn", wenn man sich darauf einlässt, dass politisch-idealistisch verblendete Täter der Meinung sind, für das Gute zu kämpfen.
politisch-idealistisch oder auch fundamentalistisch, radikal, verblendet ja; aber _kein_ Fundamentalist kämpf für "das Gute". Gekämpft wird doch immer für eine Ideologie.
Ideologie ist ein Widerspruch zur Idee des "Guten".
Ideologie ist ein Widerspruch zur Idee der Freiheit.
Zitat:
Zitat von FidoDido
Aber einen Marathon?
Wenn tausende Menschen aus über 100 Nationen zusammen laufen, dann ist das auch ein Ausdruck von Freiheit.
Genau das, was jeden Ideologen "stört".
Zitat:
Zitat von FidoDido
Egal, wie man sich in etwas hineinsteigert, für so etwas gibt es schlichtweg keine Entschuldigung und keine Rechtfertigung.
Entschuldigen oder rechtfertigen tut das ja keiner, der alle 5 Sinne beisammen hat.
politisch-idealistisch oder auch fundamentalistisch, radikal, verblendet ja; aber _kein_ Fundamentalist kämpf für "das Gute". Gekämpft wird doch immer für eine Ideologie.
Der Fundamentalist hält seine Überzeugungen aber für "das Gute". Es wird doch stets davon ausgegangen, irgendwem mit seinen Taten irgendeinen Gefallen zu tun bzw. die Welt zu verbessern (und wenn es nur sei, anderen den Pfad zur einzig wahren Weltanschauung zu zeigen...).
So hatte ich das gemeint.
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Der Gerät wird nie müde.
Zitat:
Zitat von bellamartha
Oder saugt ihr alle nicht, ihr Schlampen?
Zitat:
Zitat von Lui
In einem Triathlon Forum das Wort teuer zu verwenden, grenzt schon an Ironie.
Der Fundamentalist hält seine Überzeugungen aber für "das Gute". Es wird doch stets davon ausgegangen, irgendwem mit seinen Taten irgendeinen Gefallen zu tun bzw. die Welt zu verbessern (und wenn es nur sei, anderen den Pfad zur einzig wahren Weltanschauung zu zeigen...).
Ich seh das eher so, dass ein Fundamentalist überzeugt ist, das "Richtige" zu tun, der "Wahrheit" zu dienen. Dabei ist er _gehorsam_ gemäß einer Doktrin zu sein.
Dafür, der Wahrheit zu dienen, nimmt er in Kauf, Böses zu tun.