Das spielerische Spassfeeling ist aufm Rad nicht zu konservieren.
Ach du ewiger Besserwisser.
Denk an deine schönsten Tage als enduro-Guide zurück. Na, was war da los?
Herrschte da in der Gruppe eine Stimmung, die auch den Letzten zu Kunststücken befähigt hat, die er nicht für möglich hielt? Und das lässt sich sehr wohl einen halben Tag lang konservieren und hat nix mit Technik zu tun, die sich plötzlich verbessert hat.
Und jeder dieser Momente schafft Selbstvertrauen und baut Angst ab.
Ich denk, das hat nen technischen und nen psychologischen Aspekt.
Für die Technik halte ich das Hinterherfahren schon für gut. Ich bin ja auch in Kurven bergab der Oberschisser, aber ein Guide hat das mal für mich, den ewig langsamsten bei Abfahrten, gemacht, wohl, weil er's leid war, unten so lange warten zu müssen. Mit hat vom Kopf her geholfen, dass ich ja unmittelbar vor mit gesehen habe, dass es mit dem Speed klappt, und dann konnte ich schon schneller fahren. Dazu hat er mir noch gesagt (was auch andere hier schon geschrieben haben): Inneres Pedal hoch und auf's äußere draufstellen (d.h. da Belastung drauf, auf dem Sattel natürlich sitzen bleiben); Arme anwinkeln, dann kommt man mit dem Lenken besser klar; voraus gucken, vielleicht noch weiter als die 10 - 15 m, die Wolfgang erwähnte. Ich hab mich anfangs dazu zwingen müssen, hab aber gemerkt, dass es wirkt.
Das andere ist, dass man den Kopf und die Phantasie irgendwie ausschalten muß. Ich hab das auch und noch extremer bei Höhenangst. Da sehe ich mich schon immer vor meinem geistigen Auge irgendwo runterstürzen und trau mich nicht mal auf allen vieren an die Kante, wo meine Frau locker nach vorn geht, da runterschaut und meint: "Mei, is des schee". Ja, ja, ist halt "Kind der Berge"! Spielerisches ist da sicher gut. Bei mir ist es so, dass ich in Wettkämpfen einfach über meine individuelle Grenze drüber gehe. Im Training geht über 60-65 nix, im Wettkampf liegt meine Maximalgeschwindigkeit bei 76. Mit 85 kg ist das physikalisch kein Problem. Und da liegt vielleicht ne andere Schwierigkeit: Mit meinem Gewicht komm ich schneller auf Speed, als ein Mädel mit 55 kg. Jedenfalls "standen" die mit 76 immer im Weg rum. Aber: In Wettkämpfen trau ich mich mehr und hinterher sag ich mir dann "geht doch". Es sollten aber wohl bekannte oder leichte kurvenarme Strecken sein. Bei den 76 war' beides: Strecke ist teil meiner "Hausrunde" und sie ist bereits oben vom Berg gut einzusehen.
Komischerweise hab ich das Problem beim Schifahren nicht. Da bin ich wahrscheinlich schon schneller gefahren (hab mal ne 3 km Strecke gestoppt) und steh einfach auf dem Schi. Kein Gedanke an Sturz, an Eis, an Bäume. Aber da fällt man ja auch nicht so tief und auf dem Schnee ist's weich oder rutschtig und wenn nicht grad eine Kannte, ein Liftmast oder Baum im Weg steht, kommt man ja irgendwann zu stehen. (Ihr braucht jetzt nicht zu schreiben, was da alles passieren kann. Da hilft HKB nicht und ich brauch die Phantasie nicht.
Auf derselben Strecke ist aber auch schon einer an mir (ich bin 74 gefahren) vorbeigedüst. Ehemaliger Lizenzfahrer, ..., der ist mit einer Hand an mir vorbei, die andere hinter dem Rücken als Flosse, klar, ist ja schneller, und ich hab gedacht, ich stehe. Und meine Frau hat 2 Alleinsprünge mit'm Fallschirm.
Mir wird bei extrem schnellen Abfahrten auch etwas mulmig, wenn ich mir vorstelle, dass ich mich in dem Moment auf die Fresse lege. Ich begreife nicht wie Motorradfahrer völlig locker mit 200 über die Autobahn rasen.
voraus gucken, vielleicht noch weiter als die 10 - 15 m, die Wolfgang erwähnte. Ich hab mich anfangs dazu zwingen müssen, hab aber gemerkt, dass es wirkt.
Dahin wo man will und möglichst weit voraus, 10-15m ist viel zu wenig, das ist der Weg den man bei Bergabspeed in unter 1 Sekunde zurücklegt. Auf alles was man da sieht kann man eh nicht reagieren. In einer Haarnadelkurve guckt der Kopf auch mal fast nach hinten in die Gegenrichtung. Der Rest folgt insinktiv.
Zitat:
Zitat von Lui
Mir wird bei extrem schnellen Abfahrten auch etwas mulmig, wenn ich mir vorstelle, dass ich mich in dem Moment auf die Fresse lege. Ich begreife nicht wie Motorradfahrer völlig locker mit 200 über die Autobahn rasen.
Ein MTBler den ich kenne nannte das mal "Hirn-Aus-Faktor"
Mein Rad-Topspeed lag bisher bei ca. 90, da will ich auch nicht drüber nachdenken wenn da was schief geht ... war aber auch WK, gut einsehbar, abgesperrt, ohne Gegenverkehr (Nürburgring 24h), und da war ich bei weitem noch nicht der schnellste.
Denk an deine schönsten Tage als enduro-Guide zurück. Na, was war da los?
Ich hab den Rest der Meute, der noch nicht im Lazarett oder im Gipszimmer lag, beim Toben auf der Crosspiste versenkt...
Zitat:
Herrschte da in der Gruppe eine Stimmung, die auch den Letzten zu Kunststücken befähigt hat, die er nicht für möglich hielt?
Nein.
Es macht nen guten Tourguide aus, die Stimmungen zu vermeiden, in denen die Teilnehmer zur Selbstüberschätzung neigen und sich abschiessen.
Es soll Landschaftserlebnisse, Gruppendynamik, gute Stimmung und Urlaub geben, aber keinesfalls Wetteifern untereinander oder mit den Guides.
Wenn alles passt, die Gruppe harmonisch ist, die Routine grösser wird, aber die Konzentration nicht abnimmt, kann man die Schwierigkeit der Strecken steigern, aber immer mit der Massgabe, unter allen Umständen negative Erlebnisse für Einzelne oder die Gruppe zu vermeiden.
Umfaller passieren, aber richtige Stürze mit medizinischer Nachversorgung sind der Supergau. Das nimmt niemand als positive Story mit heim, egal wie sehr die Gruppe und man sich als Guide in so nem Krisenfall bewährt.
Iss aber, abgesehen davon, ne vollkommen andere Baustelle.
Zitat:
Und jeder dieser Momente schafft Selbstvertrauen und baut Angst ab.
Reden wir mal von Fahr-/Techniktraining und nicht von Tourguiding.
Da baut man durch schrittweises Erlernen Selbstvertrauen auf und Angst ab, ja.
Angst ist ja zunächst nix Schlechtes an sich und dazu da, sich zu schützen.
Glücksmomente zu erzeugen, in denen man die Angst vergisst, quasi die Angst zu betäuben, wäre aber auch hier nicht der richtige Weg.
Stell dir vor du bist high, rauschst irgendwo runter und schlagartig kommt vor ner Ecke die Furcht zurück. Was würde passieren?
Eben...
Beherrschenlernen einer Situation sieht anders aus, daher kannste dich auch nedd einfach hinstellen und sagen "fahrt mir einfach nur in meiner Geschwindigkeit hinterher;- wo ich durch-/runter-/rumkomme, kommt ihr auch durch/runter/rum".
(Womit ich nicht sagen will, dass man entweder als Guide/Trainer nicht mal auch jemandem vorfährt, Linie und Technik derweil zeigen/erklären kann oder es halt auch Typen gibt die das generell so machen, weil sie es nicht anders/besser wissen)(im Sinne von "Fahr mir einfach nach!" und nicht um bereits Bekanntes zu verbessern/vertiefen)
Man sollte hinterher nicht besser fahren können, weil man ausm Kurs ein positives Gefühl mitbringt, sondern positive Gefühle (und Sicherheit) daraus entwickeln, dass man die zuvor Angst erzeugenden Situationen zu beherrschen gelernt hat.
Das hier nu analysieren zu wollen, iss aber müssig. Vor n paar Seiten stand geschrieben, wie vorzugehen wär;- man musses aber auch umsetzen.
Nur in nem Forum gelesen zu haben, wie es ginge, ist in keinem Fall ausreichend.
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Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
Ne, hat "mein" Guide auch nicht gemacht, einfach so vorgefahren. Der hat mir erst mal die 3 Dinge gesagt, in aller Ruhe. Und dann ist er im richtigen Tempo vorgefahren. Ich sach ma, X + 2 und x wäre meine Normalgeschwindigkeit. Es mag auch schneller gewesen sein, aber die anderen waren sowieso schneller.
Bei der Höhenangst in Situationen, in denen ich das nicht vermeiden kann (in den Bergen z.B.) hilft mir, mir die Angst bewußt zu machen und mir gleichzeitig klar zu machen dass es normalerweise kein Problem ist, eine bestimmte Passage lang zu gehen bzw. mit Schi zu fahren. Die Steilheit an sich ist nicht das Problem, jedenfalls beim Schifahren, sondern nur, wenn's über'n Grat geht und zu beiden Seiten runter. Da hat man aber die Möglichkeit, sich hinzustellen und in aller Ruhe ne Minute vorzubereiten. Auf dem Rad geht das ja nun mal nicht, da fährt man. Aber vielleicht hilft das mal auf ner Trainingsrunde, die Du, HKG, öfter fährst. Ich kann mir aber eh nicht vorstellen, wo man in HKG Rad fährt.
Ein MTBler den ich kenne nannte das mal "Hirn-Aus-Faktor"
Wobei der Hirn-Aus-Faktor sein muss, sonst erstarrt man.
Allerdings habe ich mich bei einer Hirn Aus MTB-Abfahrt mal bei hohem Tempo so auf die Fresse gelegt, dass ich um einen mm hops gegangen wäre. Ich hatte mitten im Taunus eine tiefe offene Wunde am Oberschenkel, die laut Arzt nur um einen MM eine Hauptarterie verfehlt hat
Wobei der Hirn-Aus-Faktor sein muss, sonst erstarrt man.
Ich bin aber eher für den "Hirn noch nicht ganz aus"-Faktor der mir etwas Reserve läst. Etwas Vorsicht schadet nicht, die Angst darf einen nur nicht lähmen. Gerade im Straßenverkehr ist es oft gut wenn man noch ein paar Reserven hat und nicht runter kachelt was geht.
Und so ein Erlebnis der besonderen Art hatte ich auch schon. Abfahrt mit schönen Kurven, eigentlich da Hirn noch etwas an nicht übertrieben schnell. Pffft, bei Tempo 50 plötzlich Luft vorne aus dem Reifen, nächste Kurve passte trotz Vollbremsung - vorne passiert natürlich kaum was - nicht. Schön an der Leitplanke geschrammt. Puh, nicht viel passiert. Und dann mal hinter der Leitplanke runter geguckt, da musste ich mich erst mal setzten. Wäre ich da drüber ...