Du, dem ich angehöre, laß, wenn ich gestorben,
Was von mir übrig, meine Asche, bei dir sein.
Und deine Hand, um die mein Leben einst geworben,
Tauch in den Staub, der einst dein Fleisch war, ein.
Läßt du den trüben Strom durch deine Hände fluten,
Die einst, wie Frühlings Hauch aufzückt im jungen Stamme,
Berührend diesen Leib entzündeten zur Flamme,
Fühlst du ihn plötzlich wohl erglühn in alten Gluten.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
N schönes Leben hab ich doch,
ich kann mir nicht beklagen.
Pfeift auch der Wind durch`s Ärmelloch –:
Das will ich schon ertragen.
Des Morgens, wenn mir hungern tut,
freß ich ne Butterstulle.
Dazu schmeckt mir der Kümmel gut
aus meine volle Pulle.
Und sagt der Tod eins: „Nante, du,
komm mit die kurze Strecke“,
spring ich bloß auf und ruf ihm zu:
„Ick bin schon um die Ecke.“
Und hört er nicht auf diesen Witz,
dann seufz ich: „Line… Kümmel…“
Dann kauf ich mir den letzten Spitz
Und nimm dir mit in Himmel.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
Erste Liebe?
Ach, ein Wüstling, dessen
Herz so wahllos ist wie meins, so weit,
Hat die erste Liebe längst vergessen,
Und ihn intressiert nur seine Zeit.
Meine letzte Liebe zu beschreiben,
Wäre just so leicht wie indiskret.
Außerdem? Wird sie die letzte bleiben,
Bis ihr Name in der „Woche“ steht?
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
Hätt' ich gezaudert zu werden,
Bis man mir’s Leben gegönnt,
Ich wäre noch nicht auf Erden,
Wie ihr begreifen könnt,
Wenn ihr seht, wie sie sich geberden,
Die, um etwas zu scheinen,
Mich gerne möchten verneinen.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
Aus Cezannes Äpfeln hätte sie Apfelmus gemacht –
das alles beeindruckt sie nicht,
solange folgende Fragen ungeklärt sind:
wer kocht und wäscht und sorgt für mein Kind?
Das hat Vorrang vor aller Kunst.
"Wenn ich sterbe" schreibt sie, "was dann?"
Vom beigelegten Geld für ein gutes Essen
kaufe ich Zigaretten und Papier,
rauche und schreibe
und liebe sie.
Sie ist meine Bäuerin,
sie kennt die Absturzstellen
meiner Höhenflüge.
So müßte das Leben sein:
das Mißlungene vollenden
mit einem selbstgebackenen Kuchen.
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Das Tanzen gilt als ein Vergnügen,
Bei dem sich zwei zusammenfügen,
Und sich – statt gradeaus zu gehen –
Nach links und rechts im Kreise drehen.
Wenn wir sein Wesen recht erkennen,
Wird man das Tanzen Arbeit nennen,
Man hat den triftigsten Beweis
In dem dabei vergossnen Schweiß.
Hier untersucht nun der Gelehrte:
Zum ersten schafft sie keine Werte,
Zum zweiten aber hat davon
Der Arbeitnehmer keinen Lohn.
Er dreht von acht bis morgens fünfe
Und immer gratis eine Nymphe.
Dies bildet doch ein Unikum!
Und deshalb frage ich: warum?
Erfolgt es wirklich unentgeltlich?
Geschieht es nicht doch vorbehältlich?
Entledigt man sich seines Speckes
Ganz ohne Hinblick eines Zweckes?
Hier ist der Angelpunkt der Frage,
Und ihre Lösung tritt zutage:
Der Tänzer leistet nur so viel
In Hoffnung auf ein Nebenziel.
(Auszug)
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