Ich schulde noch den dritten Teil des Rennberichts vom Elbaman.
Es ging also an Position 2 auf die Laufstrecke. Auch wenn die Beine nicht mehr taufrisch waren fühlten sich die ersten Kilometer trotz allem richtig gut an und ich hab schnell mein Tempo gefunden.
Wie immer im Rennen war ich auch diesmal wieder ohne Uhr unterwegs und so konnte ich zum Glück nicht sehen, dass ich mal wieder etwas optimistisch unterwegs war, zumindest was die Splits anging.
6 Runden mit jeweils 3 Wendepunkten galt es zu laufen. Perfekt um in regelmäßigen Abständen einen Blick auf die Konkurrenz werfen zu können.
Eher nicht so gut, zumindest mental, wenn man weiß, dass der Verfolger mit einem 6. Platz aus Zofingen im Gepäck angereist ist. Nein, nicht AK, sondern Elite/Gesamtwertung.
Der Mann kann also laufen, vor allem auch nach anspruchsvollem Radfahren.
Nachdem in der ersten Hälfte des die Strecke traditionell noch relativ voll ist, weil sich die MD und LD vermischen, hatte man eh keinen Überblick und ich habe geschaut, dass ich mich auf mein Rennen konzentrieren kann. Heißt, kühlen, Wasser trinken und nichts unvernünftiges machen.
Die Stimmung an der Strecke war super und ab km 8 hatte sich der Magen auch wieder soweit erholt, dass ich mit der geplanten Verpflegung starten konnte.
Eine kleine Flask mit 100 g KH und ein Gel gab es für den ersten Halbmarathon.
Dazu Wasser von den Verpflegungsstellen und Schwämme zum kühlen.
Die ersten beiden Runden gingen richtig gut weg und ich konnte auch den Abstand nach vorne ein Bisschen reduzieren. "Bitte bloß nicht überrundet werden" war da noch die Devise.
In der Dritten Runde wurden die Beine langsam etwas schwerer und die Strecke etwas leerer.
Der Drittplatzierte hat da noch richtig stark ausgesehen und ich war mir sicher, dass er in dem Moment richtig Boden gut macht und mich noch vor Kilometer 30 überholen wird.
So hab ich mich auch zu Beginn der Dritten Runde schon nach dem Rückstand des Viertplatzierten erkundigt.
Da waren meine Leute dann doch etwas verwirrt. Im Gegensatz zu mir haben Sie mitbekommen, dass der Vorsprung auf P3 in den ersten beiden Runden von 2 auf 5 Minuten angewachsen und in der dritten Runde konstant geblieben ist.
Platz 4 war zu dem Zeitpunkt 40 Minuten zurück.
Also irgendwie alles in Kontrolle, oder halt auch nicht.
Gefühlt war es spätestens ab Kilometer 25 eine Mischung aus angeschossenem Reh und sterbenden Schwan. Die Realität sah so aus, dass ich auch in der zweiten Runde, entgegen des Gefühls, immer noch der schnellste aus den Top3 in den Laufschuhen war.
Also weiter wie bisher. Einen Schritt vor den anderen, kühlen und das Essen nicht vergessen.
Die Stimmung war die ganze Laufstrecke super und anscheinend haben die Auftritte in den vergangenen Jahren doch für einen gewissen Grad an Bekanntheit gesorgt.
Selbst aus den Kaffees und Läden entlang der Strecke konnte ich meinen Namen und Anfeuerung/Aufmunterung in unterschiedlichen Sprachen hören.
Die Abstände blieben jetzt halbwegs konstant und zu Beginn der letzten Runde wurde dann nochmal abgeklatscht. Spätestens jetzt keimte etwas Hoffnung, dass ich den zweiten Platz doch durch bring.
It's not over until it's over.
Die 5 Euro fürs Phrasenschwein habe ich dann auf jeden Fall nochmal richtig fies vorgehalten bekommen.
Ab Kilometer 39 gab es ein leichtes ziehen im Magen, kurz darauf wurden die Beine richtig schwer, der Fokus lies langsam nach und die Konzentration wurde immer schwerer.
Das kann doch nicht sein, keine 3 Kilometer mehr und mich streckt ein ausgewaschener Hungerast nieder?
Gut, ein Gel hatte ich noch in der Tasche, jetzt war nur die Frage. Ohne Wasser hätte mit Sicherheit mein Magen komplett die Grätsche gemacht. Einzige Möglichkeit, hoffen, dass es bis zur Verpflegungsstelle kurz vor km 41 reicht, oder es wird eine seeehr lange Zielgerade.
Also, nochmal zusammenreißen, an der Promenade entlang die schöne Lauftechnik auspacken (also was davon noch übrig ist), zwei 90 Grad Kurven, eine Gerade und dann kommt die (hoffentlich) rettende VP.
Ging auch soweit gut. Noch kurz überlegt, ob die Cola nicht sinnvoller wäre als das Gel, dann aber vernünftig geblieben und die Plastikverpackung 100 Meter vor dem Tisch mit den Wasserbechern aufgerissen, Inhalt reingedrückt und mit 2 Bechern Wasser runtergespült. Ging sogar noch ganz gut runter, vielleicht war aber auch eh schon alles egal.
Noch schnell einen Schwamm über dem Kopf ausgedrückt und weiter ging es auf die letzten 5 Minuten.
Wenn es jetzt nicht reicht, hab ich wenigstens alles versucht.
Viel kleiner ist der Vorsprung nicht geworden und der Körper hat sich wieder etwas frischer angefühlt (also so frisch wie es halt nach 9:45 Stunden Renndauer geht) und ich war mir ziemlich sicher, dass ich auch den letzten Kilometer noch gut rum bring.
Einmal noch an der Promenade entlang, 2x 90 Grad, kurz durch die Stadt, noch einmal 90 Grad rechts und dann durchs Ziel.
Platz 2 - müde, glücklich, Körper leer, Kopf leer, alles auf der Strecke gelassen.
Mehr war an dem Tag nicht drin und der Körper hat genau bis zur Ziellinie durchgehalten, bzw alles was der Körper nicht alleine geschafft hätte, hat der Kopf geregelt.
Da steht die Familie, der kleine freut sich seinen Papa wieder zu haben. Alle sind happy, ich selbst muss erstmal klar kommen und den Tag sacken lassen.
Kurz darauf kommt der Drittplatzierte ins Ziel.
Freude, Fotos, Gratulationen, Interview.
Danach gehts in die Zielverpflegung. Erstmal ein frisch gezapftes Bier, dann ein Focacchia mit Mortadella und eine Portion Nudeln, dazu nochmal 2 Becher Hopfenkaltschale, kühl und frisch. Zielverpflegung können sie auf jeden Fall.
Danach Familie einsammeln und an der Strecke was ordentliches Essen.
Rad holen und ins Auto verladen, die Familie heim bringen, duschen und dann nochmal an die Strecke.
Mit eisernem Willen kämpfen sich noch einige Leute Schritt für Schritt über die Laufstrecke.
Ich hole mir ein Eis, suche mir einen ruhigen Platz in der Nähe des Starts und genieße einfach ein Bisschen Ruhe.
Noch 2 Freunde ins Ziel begleitet, dann ist der Tag vorbei. Mitternacht bekomme ich nicht mehr mit.
Am nächsten Tag erstmal Kaffee und Vanillebrioche am Hafen, danach zur Siegerehrung. Wie immer ein würdiger Abschluss eines großartigen Wochenendes bei bestem Wetter.
Im Anschluss gibts Urlaub, viel Kaffee, ein Bisschen Eis, ein Bisschen wandern und baden.
Ob es den Elbaman in der Form auch zukünftig noch gibt hat Marco offen gelassen. Bald soll es Neuigkeiten geben.
Auch wenn ich mittlerweile befangen bin, weil der Elbaman für mich nicht mehr nur wie ein Heimrennen, sondern definitiv ein Heimrennen fernab der Heimat ist, wäre es unfassbar schade, wenn die 20. Edition die letzte gewesen sein sollte.
Wenn es eine 21. Version geben wird, ich bin fix mit dabei.
Wer es bis hierhin geschafft hat, wird mit ein paar Statistiken zum Lauf belohnt:
6 Runden - 18 Wendepunkte
42,2 km laut Strava
3:02 Stunden
2. Beste Laufzeit
1. Hälfte 1:25 Stunden
2. Hälfte 1:37 Stunden
260 g KH (85 g/ h)
kurzer Disclaimer. Der schnellste Läufer (2:52 h, Gesamt Platz 4) ist letzte Woche beim Venedigmarathon 2:28 Stunden gelaufen.
Bilder kommen gleich übers Telefon.
Wer es bis hierher geschaftt hat, vielen Dank fürs lesen.
