Für die Fußballauswahl des DFB zu spielen, bedeutet einfach, dass man zu den besten deutschen Fußballern gehört.
Deutscher zu sein bedeutet nicht, dass man bestimmte Politiker unterstützen darf und andere nicht. Es schreibt einem nicht vor, welche Sprache man sprechen muss, welche Musik man hören darf, was man essen und wo man urlauben darf. Dass es das alles nicht bedeutet, sind übrigens ganz gute Gründe dafür, dass man gerne deutscher Staatsbürger sein kann.
Als Privatperson sicherlich ja.
Als Nationalspieler gibt es da womöglich gewisse Grenzen.
Stand er bei dem Foto mit dt. Nationaltrikot? Nein. Also hat er das Bild nicht als Vertreter der dt. Natonalmannschaft gemacht.
Begeistert bin ich davon auch nicht gewesen, aber naja, es ist sein Recht, sich mit Erdogan ablichten zu lassen. Ihm waren die Folgen vll. nicht bewußt und ehrlich gesagt, empfinde ich es als beschämend, dass es die liberale Mehrheit (?) in Deutschland nicht geschafft hat, einige Schreihälse daran zu hindern, ihr braunes Gedankengut in den Äther zu schleudern. Andererseits, da sind wir wieder bei dem Punkt, Meinungsfreiheit gilt halt auch für Nazis, solange sie niemand persönlich beleidigen (und selbst da haben Gerichte schon entschieden, dass Menschen des öffentlichen Lebens sowas auszuhalten haben).
Sportlich war ich nie ein Freund von Özil, aber das ist eine Ansicht, die in der aktuellen Debatte irrelevant ist.
Übrigens, kommt mir das nur so vor, oder gibt es in Deutschland sehr wenige Migranten, die Triathlon betreiben?
Ich konnte mit Özil noch nie viel anfangen. Deswegen fand ich auch Baslers Sprüche zu Özil witzig ("Körpersprache eines toten Frosches"), weil in gewisser Weise zutreffend. In der letzten Zeit habe ich aber einiges an Sympathie für Özil entwickelt.
Man sollte nur um Entschuldigung bitten, wenn man selbst das Gefühl hat, einen Fehler gemacht zu haben. Dass er sich nicht zur Entschuldigung hat erpressen lassen, finde ich respektabel. Viele andere hätten den einfachen Weg gewählt und wären zu Kreuze gekrochen.
Die öffentliche Aufregung und der folgende überbordende Hass sind komplett überzogen. Er hat sich mit einem Menschen fotografieren lassen, dem unsere Regierung Milliarden überweist, damit er uns Migranten vom Hals hält. Das kann man kritisieren aber gegenüber Özil wurde bei Form und Umfang der Kritik jeglicher Anstand über Bord geworfen.
Ich meine, bei vielen förmlich die Freude darüber zu spüren, dass man nun endlich einen Vorwand hat um dem "Türken" nun mal ungestraft die Meinung sagen zu dürfen. Özil hat das Pech, dass seine Haut nicht dunkel ist. Ansonsten hätte man ihn zumindest seitens der Presse in Schutz genommen. Weil er aber "nur" ein Türke ist, hauen Medien, Rassisten, Heuchler und eine Nation verhinderter Bundestrainer gemeinsam auf ihn ein. Ekelhaft.
Ich für meinen Teil wünsche Özil die Charakterstärke, die Angelegenheit halbwegs unbeschadet zu überstehen. Leicht wird es nicht.
Özil hat sich die Kritik selbst verdient.
Erdogan möchte ich nicht die Hand schütteln, so lange kann ich mir gar nicht die Hände waschen wie ich Ekel über diesen Mann empfinde.
Auf einem Foto neben ihm möchte ich ebenso wenig auftauchen.
Ansonsten gebe ich Uli Hoeneß recht: Sportlich gesehen ist er schon länger ein Totalausfall.
Wir kritisieren an Erdogan, dass er die Meinungsfreiheit in seinem Land nicht in vollem Umfang gewährt. Müssten wir dann nicht konsequenterweise Özils freie Meinung akzeptieren?
Wenn wir festlegen, welcher politischen Gesinnung jemand zu sein hat, der in der Nationalmannschaft kickt, gefährden wir doch genau das, was wir zu verteidigen vorgeben.
Nachtrag: Die Bildzeitung stößt genau in dieses Horn:
Extremistische Parteien, die eine Linie, wie sie die AKP / Erdogan in der Türkei vertritt vertreten, würden in unserem Land zunächst vom Verfassungsschutz überwacht und dann aus gutem Grund verboten. Dies ist auch schon passiert.
Es gibt Meinungsäußerungen, die in unserem Land aus gutem Grund, anders als zum Beispiel in den USA, per Strafandrohung verboten sind.
Ich finde, man kann es mit der Toleranz für alles und jedes auch bis zur Selbstaufgabe übertreiben. Aus meiner Sicht lehrt unsere Geschichte, dass man sehr genau bedenken sollte, was man tolerieren will und darf.
Niemand will festlegen, welcher politischen Gesinnung jemand zu sein hat, der in der Nationalelf kickt. Aber es gibt Grenzen dessen, wofür man Werbung machen kann in dieser herausgehobenen Position. Das sind aus meiner Sicht politische Meinungen und Richtungen, die abseits unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.
Ansonsten lebe ich nolens volens damit, EINMAL mit der BLÖD-Zeitung einer Meinung gewesen zu sein
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Geändert von vherzo (23.07.2018 um 11:35 Uhr).
Grund: Typo